das deutschbuch. Übungsband 3/4/5 + E-Book

105 8 konjunktionen Orang-Utan und einem Schimpansen in den Affenkäfig gesteckt und dem Publikum regelmäßig präsentiert. Der Direktor des Bronx-Zoos und sonstige New Yorker betrachten Benga als enorme Bereicherung für den Tierpark. Erst der massive Protest afroamerikanischer baptistischer Geistlicher führte zu seiner Freilassung. Ota Benga gehört zur langen Geschichte der Zurschaustellung von „anderen“ Menschen, von „Freakshows“ und Völkerschauen. Der Hamburger Carl Hagenbeck stellte in seinem Zoo nicht nur exotische Tiere, sondern auch indigene Menschen aus. Noch im Jahre 1958 wurde im Rahmen der Weltausstellung in Brüssel eine Völkerschau eingerichtet, in der „wilde menschliche Kreaturen“ aus den belgischen Kolonien als Kuriositäten zu „begaffen“ waren. Es gab ein detailgetreu nachgebautes „Eingeborenendorf“, in dem kongolesische Künstlerinnen und Handwerker mit ihren Familienangehörigen lebten und ihrer Arbeit nachgingen, während sie von den Ausstellungsbesucherinnen und -besuchern verspottet und mit Geld und Bananen beworfen wurden. Ausstellungen wie diese brachten viel Geld und dienten dazu, hierarchische Rassenideologien zu propagieren. Menschen mit weißer Hautfarbe, so glaubte man, seien allen anderen überlegen und hätten ein Recht, über sie zu herrschen. Der Historiker Jürgen Zimmerer von der Forschungsstelle (post-)koloniales Erbe der Uni Hamburg wies vor kurzem darauf hin, dass die Familie Hagenbeck die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels ihrer Geschichte bisher blockiert habe. Vier Säulen Menschenzoos sind offiziell abgeschafft. Zoos, die Tiere ausstellen, nicht. Aber sie werden zunehmend infrage gestellt. Die erstarkende Tierschutz- und Tierrechtsbewegung sowie vielgelesene tierethische Publikationen führten ab Mitte der 1970er-Jahre dazu, dass Zoos gezwungen waren, ihre Existenz mit guten Gründen zu rechtfertigen. Eine Reihe von Zoos verschrieb sich deshalb einem Vier-Säulen-Konzept, das für tiergärtnerisches Handeln maßgeblich sein sollte: Bildung, Artenschutz, Forschung und Erholung. Immerhin. Renommierte Zookritikerinnen und -kritiker wie der am University College in London lehrende Anthropologe und Primatologe Volker Sommer weisen jedoch nachdrücklich darauf hin, dass keine der vier Säulen einer Überprüfung standhält: Zoos seien Orte, in denen Menschen, speziell Kinder, gegenüber ihren Mitgeschöpfen desensibilisiert würden. Das Forschungsinteresse von Zoos würde sich primär auf zoospezifische, rein innerbetriebliche Belange richten. Und trotz kleiner Erfolge bei der Wiederansiedlung in der Wildnis ausgestorbener Arten änderten Zoos letztlich nichts am Massensterben von Spezies. Zoos, so resümiert Sommer, seien weiterhin vorrangig Unterhaltungsbetriebe, in denen wilde Tiere instrumentalisiert und objektiviert würden. Das erscheint manchem als ein allzu harsches und pauschales 30 35 40 45 50 55 MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==