94 Holocaust: Verfolgung und Vernichtung 2.22 M 1: Reinhard Heydrich (1904–1942) war u. a. SS-Obergruppenführer und Chef der Polizei sowie Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Er leitete die „Wannsee- Konferenz“ und war einer der Hauptorganisatoren des Holocaust. 1942 starb er nach einem von tschechoslowakischen Widerstandskämpfern verübten Attentat. 1941/42 änderte sich mit dem Angriff auf die Sowjetunion die antijüdische Politik des NS-Regimes grundlegend: Stand davor die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung im Mittelpunkt, so wurde der Fokus nun auf ihre Vernichtung gelegt. Von der Verfolgung zur Vernichtung Die Änderung der NS-Politik von der forcierten Auswanderung der jüdischen Bevölkerung hin zu ihrer Vernichtung vollzog sich, teilweise parallel, in mehreren Schritten. Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 war bereits von Pogromen begleitet. Im Sommer begannen in den eroberten Gebieten sogenannte „Einsatzgruppen“ und Sonderkommandos, Jüdinnen und Juden systematisch zu ermorden – durch Erschießungen und mithilfe von Gaswagen. Auch Mitglieder der Romani-Bevölkerung und politische Kommissare wurden getötet. Gleichzeitig wurden im besetzten Polen erste Vernichtungslager errichtet, und im September 1941 wurde zum ersten Mal das Giftgas „Zyklon B“ als Tötungsmittel eingesetzt. Da dieses – im Gegensatz zu Erschießungen – die Ermordung vieler Menschen auf einmal ermöglichte, wurde es in der Folge das am häufigsten verwendete Tötungsmittel im NS-Apparat. Um eine Flucht zu erschweren bzw. zu verhindern, wurde außerdem im Herbst 1941 der verpflichtende „Judenstern“ reichsweit eingeführt sowie ein generelles Auswanderungsverbot für die jüdische Bevölkerung erlassen. Schließlich fand am 20. Jänner 1942 am Berliner Wannsee ein Treffen von NS- Eliten rund um Reinhard Heydrich statt („Wannsee-Konferenz“), bei welchem die praktische Durchführung des Genozids an der jüdischen Bevölkerung besprochen wurde. Mit der Abwicklung wurde Adolf Eichmann beauftragt. Der geplante Völkermord wurde euphemistisch als „Evakuierung nach dem Osten“ bzw. „Endlösung“ bezeichnet. Reaktionen der Opfer Jüdinnen und Juden reagierten unterschiedlich auf die Verfolgung. Sie waren nicht nur passive NS-Opfer, auch wenn ihr Handlungsspielraum sehr eingeschränkt war: Die Grenzen waren geschlossen, in der Bevölkerung gab es nur geringe oder gar keine Solidarität, und auch aus dem Ausland kam wenig Hilfe. Dennoch versuchten viele, ihrem Schicksal zu entkommen: z. B. durch Emigration, durch Kollaboration, durch den Anschluss an eine Widerstandsgruppe, durch Selbstmord, durch ein Leben mit gefälschten Papieren im Untergrund oder im Versteck. Einige konnten so die NS-Zeit überleben, viele wurden jedoch entdeckt und deportiert. Deportationen Wurde der NS-Fokus erst auf die Vernichtung der osteuropäischen Jüdinnen und Juden gelegt, so kam es bald zur systematischen Deportation („Umsiedlung“ – In der NS-Sprache wurde für die Deportationen der verschleiernde Begriff „Umsiedlung“ verwendet.) von westeuropäischen Jüdinnen und Juden in Ghettos und Lager im Osten. 1942 begann das NS-Regime in dem größten von der SS betriebenen Konzentrationslager Auschwitz mit „Massenvergasungen“. Im heutigen Polen gelegen, verfügte es über zahlreiche Nebenlager, u. a. das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, in welchem auch ein Großteil der Romani-Bevölkerung ermordet wurde. 5 10 15 20 25 30 35 40 Mehr dazu … ZeitzeugInnen, u.a. über Essensrationen, Selektion und Todesmarsch etc. in Auschwitz: https:// www.yadvashem. org/de/holocaust/ video-testimonies. html 45 50 55 60 65 70 75 Einsatzgruppen, die: Einheiten der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (Geheimdienst der SS). Die Einsatzgruppen waren die Haupttäter der Massenerschießungen, v. a. auf sowjetischem Gebiet. MUSTER
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