Denkmal 7/8 + E-Book

82 Holocaust: Definition und Voraussetzungen 2.16 Der systematische NS-Völkermord an europäischen Jüdinnen und Juden wird als „Holocaust“ bezeichnet. Dabei handelte es sich um kein plötzlich eintretendes Ereignis, vielmehr wurde die jüdische Bevölkerung vom NS-Regime öffentlich sichtbar Schritt für Schritt entrechtet und verfolgt. Dies gipfelte in der Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden. Was bedeutet „Holocaust“? „Holocaust“ oder „Shoah“ bezeichnet die staatlich geförderte, systematische Verfolgung und Ermordung von ca. 6 Millionen Jüdinnen und Juden durch NS- Deutschland und kollaborierende Regime zwischen 1933 und 1945. In der NS-Zeit wurde dieser Genozid (Völkermord) euphemistisch als „Endlösung der Judenfrage“ bezeichnet. Auch Angehörige anderer Volksgruppen wurden verfolgt und ermordet, wie z. B. die Romani-Bevölkerung. Historische Voraussetzungen Der christliche Antijudaismus und der rassistische Antisemitismus, der den Kern der NS-Ideologie darstellte, bildeten die Voraussetzungen, dass es zum Holocaust kommen konnte. Aufgrund ihrer christlichen Prägung war die europäische Bevölkerung mit antijüdischen Stereotypen und Vorurteilen vertraut, sodass die NS-Propaganda auf fruchtbaren Boden fiel. Der Antisemitismus wurde vom Großteil der Gesellschaft toleriert bzw. sogar unterstützt. Bis 1941: forcierte Emigration Nach der NS-Machtübernahme 1933 (bzw. in Österreich 1938) traten antijüdische Maßnahmen in Kraft, die auf eine gesellschaftliche Ächtung der jüdischen Bevölkerung und den Entzug ihrer Existenzgrundlage abzielten. Einen Höhepunkt bildeten dabei die „Nürnberger Gesetze“, in deren Kontext erstmals eine rassistische Definition von „jüdisch“ erfolgte, welche die Basis für weitere gezielte Verfolgungsmaßnahmen bildete. Jüdinnen und Juden sollten aus dem öffentlichen Leben gedrängt sowie beruflich, wirtschaftlich und gesellschaftlich ausgegrenzt und somit in die Emigration gezwungen werden. Novemberpogrom 1938 Antijüdische Pogrome hatte es schon im Mittelalter gegeben. Mit der Reichspogromnacht (damals verharmlosend als „Reichskristallnacht“ bezeichnet) vom 9. auf den 10. November 1938 wandelten sich die antijüdischen Maßnahmen im Deutschen Reich eindeutig von einer Ausschließungs- zu einer Vernichtungspolitik. Die Ermordung eines deutschen Botschaftsangehörigen durch einen polnischen Juden diente dem NS-Regime als Anlass für die Gewalttaten: Nahezu alle Synagogen und jüdischen Geschäfte wurden in Brand gesteckt und zerstört, jüdisches Eigentum geraubt. Tausende Jüdinnen und Juden wurden verhaftet, in KZs deportiert oder ermordet. Die NS- Propaganda inszenierte dies als spontane Reaktion des „Volkszorns“. Die Aktionen waren jedoch zentral gelenkt und organisiert. Wer emigrieren wollte, musste auf sein Vermögen verzichten („Reichsfluchtsteuer“). Es gab allerdings seit der Konferenz von Évian nur noch wenige Staaten, die jüdische Flüchtlinge aufnahmen. Isolierung und Konzentrierung Ein neues Mietgesetz legte im Frühjahr 1939 die räumliche Trennung der jüdischen von der „arischen“ Bevölkerung fest. Jüdinnen und Juden wurden Quartiere zwangszugewiesen, oft in Sammelwohnungen. Die jüdische Bevölkerung in den Ostmark-Gauen wurde z. B. nach Wien vertrieben und dort konzentriert einquartiert, was dem NS-Regime die späteren Deportationen erleichterte. „Holocaust“, der: Der Begriff besteht aus zwei altgriechischen Wörtern und bedeutet „vollständig verbrannt“; im Altertum bezog sich dies auf die Brandopferung von Tieren. Daher lehnen viele die Bezeichnung ab: Die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung war kein rituelles Opfer, sondern ein Völkermord. „Shoah”, die: Das hebräische Wort bedeutet „Katastrophe“ oder „Zerstörung“ und bezeichnet alternativ den Völkermord an Jüdinnen und Juden. Romani- Bevölkerung, die: Romnija und Roma sowie Sintize und Sinti. In der NS-Zeit wurden sie als „Zigeuner” verfolgt, deportiert und vernichtet. Pogrom, der/das: gewaltsame Ausschreitungen gegen eine Minderheit, z. B. gegen Jüdinnen und Juden Konferenz von Évian, die: Im Juli 1938 initiierte US-Präsident Roosevelt ein Zusammentreffen verschiedener Staaten und Hilfsorganisationen, um über das Problem der zunehmenden jüdischen Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich zu beraten. Die Konferenz scheiterte, da sich fast alle Staaten weigerten, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. 40 45 50 55 60 65 70 5 10 15 20 25 30 35 MUSTER

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