Denkmal 7/8 + E-Book

74 M 1: Arvid Harnack (1901–1942) und seine Frau Mildred (1902–1943). Das Ehepaar stand im Zentrum des vom NS- Regime als „Rote Kapelle“ bezeichneten Widerstandsnetzwerks. Dabei handelte es sich um einen losen Zusammenschluss unterschiedlicher Widerstandsgruppen. Als das Netzwerk aufgedeckt wurde, fielen Dutzende Mitglieder der NS- Verfolgung zum Opfer. So auch Arvid und Mildred Harnack. Beide wurden in der Justizanstalt Berlin- Plötzensee ermordet. Foto, unbekannt, um 1940. Obwohl der NS-Staat versuchte, sämtliche kritischen Meinungen zu unterbinden, gelang ihm das nicht vollständig. Es gab immer wieder Menschen oder Gruppen, die sich gegen das NS-Regime auflehnten. Zwar konnten sie dadurch die NS-Herrschaft nicht zu Fall bringen, dennoch leisteten sie einen mutigen Beitrag gegen die Gewaltherrschaft. Was bedeutet „Widerstand“? Eine abweichende Gesinnung wurde in der NS-Zeit sanktioniert, sie konnte sogar als Hochverrat gelten. Wer sich gegen das NS-Regime auflehnte, sei es durch seine Haltung oder durch aktives Handeln, leistete daher Widerstand. Es gab den Widerstand von Gruppen und den Widerstand Einzelner. Dabei können je nach Motivation verschiedene Formen des Widerstands unterschieden werden. (s. 2.13). Widerstandshandlungen Die Widerstandshandlungen waren breit gefächert und reichten vom individuellen abweichenden Verhalten bis zum bewaffneten Widerstand. Politisch motivierter Widerstand setzte dabei ganz bewusst Handlungen, um die NS-Herrschaft zu bekämpfen, z. B. durch Schmieraktionen, das Erstellen und Verteilen von Flugblättern, das Verüben von Anschlägen bzw. Attentaten, die Übermittlung von Nachrichten, Sabotageakte, Partisanenaktivitäten etc. Andere Widerstandsformen waren: Kontakt zu bzw. das Verstecken von Verfolgten des NS-Regimes, kritische Äußerungen zum NS-Regime (z. B. in Predigten), Weitergabe von Untergrundinformationen, Verweigerung des Gehorsams oder des „Hitlergrußes“, Hören von ausländischen Rundfunksendungen, Spenden oder Hilfsmaßnahmen für Verfolgte und Inhaftierte, Selbstverstümmelung (in der Wehrmacht), Einsatz in ausländischen Armeen zur Bekämpfung des NS-Regimes („Ritchie Boys“ etc.). Maßnahmen des NS-Regimes Das NS-Regime ging hart gegen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer vor. Viele wurden vom Volksgerichtshof oder von Sondergerichten verurteilt. Die Maßnahmen reichten von „Schutzhaft“ (s. 2.02) über Gefängnis- und KZ- Einweisungen bis hin zu Hinrichtungen. Bedeutung des Widerstands Zwar gab es mutige Menschen, die ihr eigenes Leben riskierten, um Widerstand zu leisten, jedoch war dies letztlich nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung. Auch blieb der Widerstand zersplittert – es kam nicht zur Bildung einer starken einheitlichen Widerstandsorganisation. Der Widerstand konnte das NS-Regime nicht nachhaltig erschüttern, wenngleich er von diesem sehr ernst genommen und erbittert bekämpft wurde. Auf einer symbolischen Ebene war er jedoch bedeutend: Zeichen des Widerstands zeigten, dass es trotz der harten Strafen noch gegenteilige Meinungen gab. Auch gelang es dem Widerstand, Menschenleben oder wichtige Güter bzw. Infrastruktur zu retten. Nach 1945 war der in der NS-Zeit geleistete Widerstand für die Republik Österreich bedeutend, da Österreich gemäß der „Moskauer Deklaration“ von 1943 daran gemessen wurde, „wie viel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen“ hatte. Trotzdem erfuhren die Widerstandskämpferinnen und -kämpfer erst spät eine offizielle Anerkennung von der Republik. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 Widerstand: Definition und Bedeutung 2.12 „Ritchie Boys“, die: Absolventen eines US-amerikanischen militärischen Ausbildungslagers, genannt Camp Ritchie, die überwiegend deutsche und österreichische jüdische Emigranten waren. Sie sollten das Deutsche Reich infiltrieren und mit psychologischer Kriegsführung zur Kapitulation bewegen. Volksgerichtshof, der: Sondergericht zur Aburteilung von Hoch- und Landesverrat gegen den NS- Staat in Berlin MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==