72 Wirtschaft im nationalsozialistischen Deutschland 2.11 M 2: Die „Deutsche Arbeitsfront“ bestand aus vielen Teilorganisationen und hatte das Ziel, die Arbeiterschaft in das NS-Ideal der „Volksgemeinschaft“ zu integrieren. Die Abteilung „Schönheit der Arbeit“ etwa hatte den Auftrag, Betriebe zu attraktivieren, die viel bekanntere „Kraft durch Freude“- Abteilung fungierte als Freizeitorganisation und gestaltete u. a. Kulturprogramme und Reisen. M 1: Propagandaplakat der Reichsbahnzentrale für den deutschen Reiseverkehr. Druckgrafik, um 1936. Heute gilt es als unbestritten, dass die Weltwirtschaftskrise, die das Deutsche Reich mit voller Härte traf, maßgeblichen Anteil am politischen Aufstieg Hitlers und der NSDAP hatte. Daher hatte die Bewältigung der Krise eine hohe Priorität für das NS-Regime. Letztlich waren aber alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen auf die Wiedererlangung der Kriegsfähigkeit ausgerichtet. Wirtschaft als Gradmesser Als Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, hatte die Weltwirtschaft nach drei katastrophalen Jahren (s. 1.10) wieder begonnen, sich positiv zu entwickeln. Die NSDAP war bereits in den Jahren vor der Machtübernahme finanziell von Großindustriellen unterstützt worden, die sich nun über umfangreiche Staatsaufträge freuen konnten. Hitlers Regierung verfolgte damit zwei Ziele. Zum einen sollte die Arbeitslosigkeit verringert werden, zum anderen sollte die Arbeiterschaft – dem Nationalsozialismus gegenüber eher ablehnend eingestellt – gewonnen werden. Zweiteres sollte von der „Deutschen Arbeitsfront“ erreicht werden, die ab Mai 1933 die verbotenen Gewerkschaften ersetzte. Die hohe Arbeitslosigkeit wollte das NS-Regime durch staatlich finanzierte Arbeitsprogramme eindämmen. Zunächst sorgten vor allem Wohnbauprojekte für Beschäftigung: Bis 1934 wurden die Investitionen verdreifacht, die Arbeitslosigkeit fast halbiert. Demgegenüber hatte der propagandistisch groß inszenierte Bau der Reichsautobahn wirtschaftlich wenig Nutzen. Allerdings wurde der Autobahnbau zum Prestigeprojekt. Es symbolisierte Dynamik und ein erfolgreiches „Zusammenwachsen“ der idealisierten „Volksgemeinschaft“. Rüstung um jeden Preis Die eigentliche „Beschäftigungsmaschine“ war aber die Aufrüstung. 1933 hatte deren Anteil an der Wirtschaftsleistung noch 1,5 Prozent betragen, sechs Jahre später waren es bereits 23 Prozent! In der Flugzeugproduktion hatten im Jänner 1933 nur 4 000 Beschäftigte gearbeitet. 1935 waren es bereits 54 000 und im Frühjahr 1938 knapp 240 000. 1938 floss bereits die Hälfte aller Staatsausgaben in die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung. Mitte der 1930er-Jahre herrschte in der Rüstungsindustrie bereits ein Arbeitskräftemangel. Mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (1935), des „Reichsarbeitsdienstes“ sowie des „Pflichtjahres“ für junge Frauen, in dem diese zur Arbeit in der Landwirtschaft verpflichtet wurden, war 1939 die Vollbeschäftigung erreicht. Finanziert wurde der „Rüstungsboom“ über staatliche Verschuldung, die unweigerlich in den Staatsbankrott führen musste. Letztlich wurde der Krieg bewusst herbeigeführt, um durch die Ausplünderung der eroberten Gebiete die Staatsfinanzen wieder zu sanieren. Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit Der Kriegszustand verschärfte aber den zunehmenden Arbeitskräftemangel, da bald Hunderttausende Männer an der Front waren. Während 1939 noch 24,5 Millionen Männer gearbeitet hatten, waren es 1942 nur noch 13,5 Millionen. Dieser Mangel konnte nur durch Zwangsarbeit ausgeglichen werden. Gab es 1939 im gesamten Reichsgebiet 300 000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, waren es 1944 bereits 7,5 Millionen. Auch KZ-Häftlinge wurden durch Zwangsarbeit ausgebeutet: 400 000 arbeiteten 1944 ausschließlich in der Rüstungsindustrie. Ihre Arbeit verrichteten sie unter äußerst schlechten Versorgungsbedingungen, die Sterblichkeit im Rahmen der Zwangsarbeit war enorm hoch. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 MUSTER
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