Denkmal 7/8 + E-Book

68 M 1: Baldur von Schirach (1907– 1974), bis 1940 NSDAP-Reichsjugendführer, anschließend Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien, wo er auch für die Deportation der jüdischen Bevölkerung mitverantwortlich war; in Nürnberg 1946 wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt. Foto, unbekannt, undatiert. Die Hitlerjugend: Ideologie und Funktion 2.9 Als „Hitlerjugend“ (HJ) wurde sowohl die gesamte NS-Jugendorganisation als auch deren Unterorganisation für 10- bis 14-jährige Jungen bezeichnet. Die HJ diente dazu, Kinder und Jugendliche möglichst früh im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu erziehen und zu kontrollieren. Einheitsorganisation Ursprünglich als Parteijugend der NSDAP gegründet, wandelte sich die HJ nach der NS-Machtübernahme 1933 zur Staatsjugend und zu einer übergeordneten Einheitsorganisation für männliche und weibliche Kinder und Jugendliche (wobei schon früh eine Unterorganisation für Mädchen, der „Bund Deutscher Mädel“ [BDM], gegründet wurde. Sämtliche anderen Jugendorganisationen wurden aufgelöst, verboten bzw. „gleichgeschaltet“. Anfangs war die Mitgliedschaft noch freiwillig, später wurde per Gesetz die Zwangsmitgliedschaft eingeführt. So sollten alle Kinder und Jugendlichen, die als Teil der „Volksgemeinschaft“ angesehen wurden, in der HJ erfasst werden. In der Praxis gelang dies allerdings nicht überall; es gab durchaus Regionen, in denen nicht alle Kinder und Jugendlichen Mitglieder der HJ waren. Funktionen Für die NSDAP war die HJ ein wichtigeres Instrument zur Indoktrinierung des Nachwuchses als die Schule. Entsprechend viel Wert wurde auf die Propaganda sowie den Ausbau der Organisation gelegt. In der HJ fand die politische, ideologische und vormilitärische Erziehung der deutschen Kinder und Jugendlichen im Sinne der NS-„Volksgemeinschaft“ statt. Das Regime verfolgte das Ziel, dass die Menschen von Kindheit an Mitglied einer NS-Organisation sein sollten, um ihr ganzes Leben unter die Kontrolle der NSDAP zu stellen. Die HJ wollte einerseits somit die klassischen Erziehungsinstanzen wie Elternhaus, Schule und Kirche zurückdrängen bzw. sie ablösen, andererseits die NS-Ideologie durch die Kinder und Jugendlichen in die Familien tragen. In Kindern und Jugendlichen sah der NS- Staatsapparat die Zukunft des Deutschen Reiches. Letztlich sollten diese Maßnahmen daher auch der langfristigen Herrschaftssicherung dienen. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Indoktrinierung, die: Beeinflussung, Drängen in eine bestimmte (ideologische) Richtung. M 2: In einer Wahlrede beschreibt Adolf Hitler 1938, wie die totale Integration der Jugend in das NS-System ablaufen sollte: Diese Jugend lernt ja nichts anderes als deutsch denken, deutsch handeln, und wenn diese Knaben mit zehn Jahren in unsere Organisation hineinkommen und dort oft zum erstenmal überhaupt eine frische Luft bekommen und fühlen, dann kommen sie vier Jahre später vom Jungvolk in die Hitler-Jugend, und dort behalten wir sie wieder vier Jahre. Und dann geben wir sie erst recht nicht zurück in die Hände unserer alten Klassen- und Standeserzeuger, sondern dann nehmen wir sie sofort in die Partei, in die Arbeitsfront, in die SA oder in die SS, in das NSKK und so weiter. Und wenn sie dort zwei Jahre oder anderthalb Jahre sind und noch nicht ganze Nationalsozialisten geworden sein sollten, dann kommen sie in den Arbeitsdienst und werden dort wieder sechs und sieben Monate geschliffen, alles mit einem Symbol, dem deutschen Spaten. Und was dann nach sechs oder sieben Monaten noch an Klassenbewusstsein oder Standesdünkel da oder da noch vorhanden sein sollte, das übernimmt dann die Wehrmacht zur weiteren Behandlung auf zwei Jahre, und wenn sie nach zwei oder drei Jahren zurückkehren, dann nehmen wir sie, damit sie auf keinen Fall rückfällig werden, sofort wieder in die SA, SS und so weiter und sie werden nicht mehr frei ihr ganzes Leben. Domarus, Max: Hitler. Reden und Proklamationen 1932–1945. Leonberg: 1988, S. 981. Q MUSTER

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