Denkmal 7/8 + E-Book

62 „Gleichschaltung“ in Politik und Wirtschaft 2.6 Um ihre Macht zu sichern, ergriffen die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten verschiedene Maßnahmen, um sämtliche Bereiche des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens zu durchdringen und zu überwachen. Dieser Prozess wird „Gleichschaltung“ genannt. Begriff „Gleichschaltung“ Der Begriff „Gleichschaltung“ wurde bereits in der NS-Zeit von Hitler und auch in Gesetzestexten verwendet und ging dann in den allgemeinen Sprachgebrauch ein. Der Prozess der „Gleichschaltung“ fand großteils nicht im Geheimen statt, sondern wurde öffentlich kommuniziert, dargestellt und propagiert. Zu verstehen ist er als eine „Neuordnung“ im Sinne der NSDAP: die Verdrängung von Pluralismus, die Etablierung einer zentralen Steuerung, den Ausschluss von unerwünschten Personen (wie zum Beispiel Jüdinnen und Juden durch den sog. „Arierparagraphen“) sowie die Verankerung des „Führerprinzips“ auf sämtlichen Ebenen. „Gleichschaltung“ der Länder Die in der Verfassung festgeschriebene Selbstständigkeit der deutschen Länder bedeutete für den NS-Staatsapparat eine Hürde auf dem Weg zur absoluten Macht. Daher wurde als eine der ersten Maßnahmen 1933 das Gesetz zur „Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ erlassen (s. 2.2), das die Landesregierungen der Reichsregierung unterstellte. Das Deutsche Reich wurde somit de facto zu einem zentral gelenkten Einheitsstaat. „Gleichschaltung“ der Verbände Auch die Industrie, der Bereich der Landwirtschaft und die Berufsverbände bzw. Interessenvertretungen sollten nach dem „Führerprinzip“ ausgerichtet und vereinheitlicht werden. Die Agrarwirtschaft wurde z. B. im „Reichsnährstand“ organisiert, welcher die Produktion, den Vertrieb und die Preise von landwirtschaftlichen Produkten zentral lenkte. Die Gewerkschaften wurden aufgelöst und 1933 die „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) als „Organisation aller schaffenden Deutschen der Stirn und der Faust“ gegründet. Sie wurde die größte Massenorganisation des NS-Staates. Eine ihrer Unterorganisationen war die propagandistisch stark beworbene NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ (KdF), welche eine der populärsten Organisationen der NS-Zeit war. Sie sollte v. a. die Arbeiterschaft in die „Volksgemeinschaft“ (s. 2.5) integrieren und deren Arbeitsleistung erhöhen, indem einerseits Arbeitsplätze verbessert und andererseits vielfältige Freizeitaktivitäten zur Entspannung angeboten wurden (Reisen, Vorträge, Kulturprogramme etc.). „Gleichschaltung“ von Institutionen Im Bereich der Verwaltung, Justiz, Polizei, Universitäten, Schulen etc. wurde ebenfalls möglichst rasch eine „Gleichschaltung“ angestrebt. Dies äußerte sich z. B. in der Einführung des „Führerprinzips“, aber auch in der „Säuberung“ dieser Bereiche von Personen, die dem NS-Regime missfielen. So wurden z. B. als „jüdisch“ definierte Personen entlassen und durch „arische“ bzw. NSDAP-Mitglieder ersetzt. „Gleichschaltung“ der Parteien Das „Gesetz zur Sicherung von Staat und Partei“ legte 1933 die Verbundenheit von Staat und Partei fest. Die NSDAP wurde somit zur einzigen zugelassenen Partei. Sie versuchte, sämtliche Lebens- und Arbeitsbereiche der Bevölkerung zu erfassen und sah (etwa durch die Blockwarte) eine Überwachung bis in den familiären Kreis vor. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 „Arbeiter der Stirn und der Faust“, die: NS-Bezeichnung für die marxistischen Begriffe „Kopfarbeiter“ und „Handarbeiter“ „Arierparagraph“, der: rassistische und diskriminierende Bestimmung in Gesetzen, Vereinsstatuten etc., die besagte, dass nur „Arierinnen“ und „Ariern“ die Mitgliedschaft erlaubt war. Als „jüdisch“ definierte Personen waren somit ausgeschlossen. „Führerprinzip“, das: Mitglieder einer Gruppe mussten sich den Befehlen eines übergeordneten „Führers“ unterordnen. Dieser war für die Gruppe verantwortlich, seinerseits aber wiederum ebenfalls einem „Führer“ unterstellt. Der höchste „Führer“ war Adolf Hitler. Blockwart (Blockleiter), der Auf der untersten hierarchischen Ebene der NSDAP fand sich der Blockwart, darüber der Ortsgruppenleiter, die Kreisleiter, die Gauleiter, die Reichsleiter sowie der „Führer“ und dessen Stellvertreter. Der Blockwart war u. a. für die politische Überwachung der in seinem Gebiet lebenden Familien zuständig. MUSTER

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