58 M 1: Alfred Rosenberg (1893–1946), NS-Politiker und führender NS- Ideologe; verfasste zahlreiche rassistische (v. a. antisemitische) Werke. Foto, um 1940. Das Konzept der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ war Kern der NS- Weltanschauung und bedeutete eine Politik, durch die nur ein Teil der Bevölkerung als „Volk“ eingestuft, ein anderer (gezielt) ausgeschlossen wurde. Entsprechend intensiv wurde sie in der Propaganda inszeniert. Inklusion und Exklusion – die „Volksgemeinschaft“ 2.4 Ideologische Grundlagen Die Kernpunkte der nationalsozialistischen „Volksgemeinschafts“-Vorstellungen finden sich in vielen NS-Publikationen, u. a. 1920 im „25-Punkte-Programm“ der NSDAP, in Hitlers „Mein Kampf“ oder im „Mythus des 20. Jahrhunderts“ des NS- Chefideologen Alfred Rosenberg. Von der NS-Propaganda groß inszeniert, wurde insbesondere die „Rassen- und Vererbungslehre“ betont, die ab 1935 auch an den Schulen unterrichtet wurde. Die Idee der „Volksgemeinschaft“ war jedoch nicht neu, vielmehr wurden rassistische (vor allem sozialdarwinistische), antisemitische und nationalistische Vorstellungen des 19. Jahrhunderts im Nationalsozialismus neu interpretiert und radikalisiert. Definition Die NS-Ideologie propagierte die „Volksgemeinschaft“ als eine rassistische „Bluts- und Schicksalsgemeinschaft“ (s. 2.5), eine „Sozialgemeinschaft“ der Arbeiterinnen und Arbeiter und zu Kriegszeiten auch als eine „Wehrgemeinschaft“. In der Praxis wurde eine „Solidargemeinschaft“ beschworen, die Zusammenhalt, Opferbereitschaft und Stärke betonte und vorgab, keine gesellschaftlichen Unterschiede zu kennen. Die dadurch angestrebte „Gleichschaltung“ umfasste die privaten und öffentlichen Arbeits- und Lebensbereiche der Bevölkerung. Unter dem Schlagwort „Gemeinnutz vor Eigennutz“ mussten sich die und der Einzelne dem „Volksganzen“ unterordnen. Inklusion Sämtliche „arische“ Deutsche, die geistig und körperlich leistungsfähig waren, galten als Mitglieder der „Volksgemeinschaft“ und somit als „Volksgenossinnen und Volksgenossen“. Ihnen versprach die NS-Politik Förderung, Arbeit, Integration und Solidarität. Propagiert wurde dies u. a. von der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV)“. Sie war als vermeintliche „Wohlfahrtsorganisation“ darauf bedacht, die „Volksgemeinschaft“ zu stärken und die „rassisch und charakterlich wertvollen Kräfte des Volkes“ zu unterstützen. Dies galt jedoch nur für jene, die sich an das NS-System anpassten. Als „Fürsorgemaßnahmen“ getarnt wurden Menschen erfasst und ausgewählt mit dem Ziel, sie aus der „Volksgemeinschaft“ auszuschließen. Exklusion Der gesellschaftliche wie rechtliche Ausschluss von Teilen der Bevölkerung aus der „Volksgemeinschaft“ erfolgte für alle öffentlich sichtbar. Die Ausgrenzung von als „minderwertig“ dargestellten Menschen wurde rassistisch und scheinwissenschaftlich begründet (wie etwa bei Jüdinnen und Juden, Romnija und Roma oder Menschen mit Behinderung) bzw. mit deren Verhalten: „Arisch“ definierte Personen, deren Lebenswandel oder Meinung vom NS-Ideal abwich, wurden als „nicht gemeinschaftsfähig“, „Volksfeinde“, „Volksschädlinge“ oder „Asoziale“ eingestuft. Dies betraf z. B. sozial benachteiligte Menschen (Arbeitslose, Alkoholkranke, Prostituierte, Homosexuelle, nicht angepasste Jugendliche etc.) oder Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer. Sie fielen der NS-Verfolgung zum Opfer: durch die „Verwahrung“ in Anstalten, Versuche der „Umerziehung“, Zwangssterilisationen, Zwangsarbeit oder Ermordung, z. B. im Rahmen der „Euthanasie“-Aktionen. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 NSV, die: Die „Nationalsozialistische Volkswohlfahrt“ war eine der größten Massenorganisationen der NS- Zeit und konzentrierte sich auf „rassehygienischer“ Basis auf Gesundheitsfürsorge, Vorsorgeuntersuchungen und medizinische Betreuung. Sozialdarwinismus, der: Ausgehend von Charles Darwins Lehre von der Evolution durch „natürliche Auslese“ besagt der Sozialdarwinismus, dass in der Natur das Recht des Stärkeren gelte und dieses auch auf die Gesellschaft übertragbar sei. Soziale Ungleichheiten wären dadurch gerechtfertigt; die „Reinhaltung der deutschen Rasse“ war vorrangiges Ziel. Darwin selbst hatte seine Theorie nicht auf den Menschen übertragen. MUSTER
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