30 „Roaring Twenties“ und „Great Depression“ 1.10 Nach einem wirtschaftlichen Aufschwung in den 1920er-Jahren („Roaring Twenties“) kam es im Oktober 1929 zu einem Crash an den amerikanischen Börsen. In den folgenden Jahren erlebte die Welt eine verheerende Wirtschaftskrise, die als „Great Depression“ in die Geschichte eingehen sollte. Börsencrash In den 1920er-Jahren erlebte die USamerikanische Wirtschaft einen Höhenflug. Produktionen, Investitionen und Löhne stiegen, und die Gewinne von Unternehmen ließen deren Aktienkurse anwachsen. Der moderne Kapitalismus zeigte sich in Form von Massenproduktion und Massenkonsum. An den amerikanischen Börsen wurde so viel gehandelt wie noch nie zuvor. Menschen aller sozialer Schichten kauften mit ihren Ersparnissen Aktien und nahmen Kredite auf, um zu investieren. Im Laufe des Jahres 1929 brachen plötzlich die Kurse vieler Banken und Unternehmen ein, das scheinbar grenzenlose Wachstum war an seine Grenzen gekommen. Der 24. Oktober 1929 – in Europa „Black Friday“ genannt – blieb als Tag mit massiven Kursverlusten in Erinnerung. Börsenkrise – Bankenkrise – „Great Depression“ Von 1929 bis 1932 gingen in den USA über 5000 Banken bankrott. Damit war aus der Börsenkrise eine Bankenkrise geworden. Mit dem Zusammenbruch der Banken gingen die Ersparnisse von Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern verloren. Nachfrage, Löhne und Preise sanken ins Bodenlose. Der Mangel an Kapital zwang US-amerikanische Banken dazu, ihre Gelder aus Europa abzuziehen und den europäischen Staaten ihre seit dem Ersten Weltkrieg angehäuften Schulden in Rechnung zu stellen. Vor allem Deutschland und Österreich konnten diese Schulden nicht bezahlen. Damit erreichte die US-amerikanische Krise auch Europa. Anstatt die Krise gemeinsam zu bewältigen, setzten die einzelnen Länder auf eine Wirtschaftspolitik der Abschottung. Mit hohen Zöllen wurden Importe unterbunden, woraufhin Exportindustrie und Nachfrage einbrachen. Soziale Folgen In den frühen 1930er-Jahren stieg die Arbeitslosigkeit in den USA und vielen europäischen Ländern auf 22 (Großbritannien) bis über 44 Prozent (Deutschland). Das soziale Elend der arbeitslosen Bevölkerung begründete sich zu einem großen Teil auf den fehlenden Sozialleistungen: Im Vergleich zu heute war das soziale Netz damals bei Weitem nicht so ausgeprägt. In den wenigsten Ländern wurden staatliche Arbeitslosengelder ausgezahlt. Selbst im damals fortschrittlichsten Land Europas, Großbritannien, bezogen nur 60 Prozent der Arbeitslosen staatliche Unterstützung. In den übrigen Ländern lag dieser Prozentsatz bei 0–25 Prozent. Damit war der Grundstein für Armut und Verzweiflung in der Bevölkerung gelegt. Die Krise in Österreich Auch Österreich blieb nach den Jahren des mühsamen Aufbaus der Wirtschaft nach dem Ersten Weltkrieg nicht von der Weltwirtschaftskrise verschont. Besonders hart getroffen wurden Banken, Industrie und die Landwirtschaft, deren Produktpreise in den Keller fielen. 1931 kam es zum Zusammenbruch der Creditanstalt, Österreichs größter Bank. Mit 29 Prozent war in den Jahren 1932/1933 beinahe ein Drittel der Arbeiterinnen und Arbeiter im Land arbeitslos. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 M 1: „Black Friday“ an der New Yorker Börse. Berittene Polizisten versuchen die aufgebrachte Menge zu kontrollieren. Die Börse an der berühmten Wall Street ist bis heute die größte der Welt. Foto, unbekannt, 1929. MUSTER
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