28 Außereuropäische Perspektive: Japans Weg in den Militarismus 1.9 M 1: Werbeplakat einer japanischen Brauerei, 1939. Von der erzwungenen Öffnung bis zum Eintritt in den Zweiten Weltkrieg durchlief Japan eine Zeit des Wandels. Aus einem feudalen Agrarstaat wurde eine moderne Industrienation, aus einem militärisch unterlegenen Kolonialgebiet eine imperialistische Großmacht und aus einem absolutistischen Kaiserreich eine autoritäre Militärdiktatur. Von der Kolonie zum Kolonialherrn Als die USA Japan 1853 zwangen, sich dem Westen zu öffnen, beendeten sie dadurch eine mehr als zwei Jahrhunderte dauernde Isolation. Durch die sogenannten „Ungleichen Verträge“ (s. 1.8) wurde Japan zum Opfer des westlichen Imperialismus. In der Meiji-Zeit konnten Japans Regierungen diese Fremdbestimmung beenden. Diese Phase umfasst die Regierungszeit von Tenno Mutsuhito (1868– 1912) und beschreibt für Japan den Wandel vom feudalen Agrarstaat zu einer industriellen Großmacht. Durch den westlichen Kolonialismus selbst eingeschränkt, begann Japan, seine eigenen kolonialen Bestrebungen zu verfolgen. Erstes Ziel der Expansion war China, das im sino-japanischen Krieg 1894/1895 besiegt wurde. Danach war Japan im russisch-japanischen Krieg (1904/1905) im Konflikt um die Mandschurei erfolgreich. Als asiatische Großmacht kämpfte Japan im Ersten Weltkrieg aufseiten der Alliierten und nutzte die Gelegenheit, seine imperialistischen Ziele weiter auszubauen. Japan griff die deutschen Koloniegebiete an, um diese selbst zu übernehmen. Die eroberten Territorien wurden Japan durch den Vertrag von Versailles großteils zugestanden. Die japanische Expansion hielt noch weiter an und wurde erst durch die Kapitulation im Zweiten Weltkrieg (s. 2.25) gestoppt. Wirtschaft und Innenpolitik Die Entwicklung zum Industriestaat gelang durch die Übernahme westlicher Vorbilder in der Industriepolitik. Japan profitierte zunächst vom Niedergang der westlichen Wirtschaft im Ersten Weltkrieg. Die Weltwirtschaftskrise traf Japans Seidenbauern und in weiterer Folge Japans Wirtschaft im Ganzen besonders hart. Innenpolitisch kam es zu einer Radikalisierung der antidemokratischen Kräfte. Diesen konnte der liberale Parlamentarismus, der sich in den 1920ern im Rahmen der konstitutionellen Monarchie entwickelt hatte, kaum etwas entgegensetzen. Schließlich setzte sich eine stark nationalistisch geprägte Strömung durch, die in den 1930ern die moderate Politik zurückdrängte und eine ultranationalistische Militärdiktatur errichtete. Kernelemente der Ideologie waren der Militarismus, die Beseitigung des Kapitalismus, Sozialismus und Liberalismus. Weiters die Überzeugung, dass die Japaner einer überlegenen Rasse angehörten und dass der göttliche Tenno die einzig wahre Autorität darstellte. Es folgten die Umformung Japans in einen Einparteienstaat, Entlassungen liberaler Professoren, Bücherverbote und die Gleichschaltung der Gesellschaft. Zudem wurde die westliche Kultur, die langsam in Japan Einzug gehalten hatte, gänzlich zurückgedrängt. Durch diverse Vereinigungen und die gefürchtete Militärpolizei Kempeitai wurde die Bevölkerung lückenlos überwacht. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 Tenno, der: japanischer Herrschertitel, vergleichbar mit „Kaiser“ Militarismus, der: starker Einfluss militärischen Denkens in der Politik und im öffentlichen Leben MUSTER
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