Denkmal 7/8 + E-Book

294 Der Nordirlandkonflikt 6.14 Jahrhundertelang war ganz Irland ein Teil der britischen Monarchie. Gezielt wurden dort vor allem im Norden Protestantinnen und Protestanten angesiedelt. Sie erhielten Ackerland, während die einheimischen gälischen Katholiken an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurden. Das legte den Grundstein für den Nordirlandkonflikt. M 1: Das Lied „Sunday, bloody Sunday“ der irischen Band U2 erzählt über die Gewalteskalation am blutigen Sonntag. M 2: Das Lied „Zombie“ der irischen Band „The Cranberries“ ist eine musikalische Verarbeitung des Nordirlandkonflikts. Partition of Ireland: eine Insel, zwei Staaten Noch während irische und britische Soldaten gemeinsam im Ersten Weltkrieg kämpften, versuchten irische Nationalistinnen und Nationalisten im Osteraufstand 1916 die Kontrolle in Dublin zu übernehmen und damit die Unabhängigkeit Irlands von Großbritannien zu erzwingen. Der Aufstand scheiterte zwar, doch von nun an war eine Spaltung nicht mehr zu verhindern. Bei den irischen Wahlen 1918 gewann die nationalistische Partei Sinn Féin. Die irischen Abgeordneten bildeten im Jänner 1919 in Dublin ein Nationalparlament, erklärten die Unabhängigkeit Irlands und richteten eine eigene Regierung ein. Diese wurde von Großbritannien aber nicht anerkannt. Die Folge war ein blutiger Bürgerkrieg in ganz Irland, der erst 1922 mit der Teilung der irischen Insel beendet werden konnte. London erkannte Irland nun als souveränes Land an, während der Norden der Insel beim Vereinigten Königreich blieb. Diskriminierung und Protest Nordirland bekam eine eigene Regierung, diese vertrat jedoch ausschließlich die Interessen der protestantischen Bevölkerung, die loyal zur Union Irlands mit Großbritannien gestanden hatte. Die katholische Minderheit in Nordirland hatte hingegen kaum Möglichkeiten zur politischen Partizipation. Viele Katholikinnen und Katholiken sympathisierten mit dem jungen irischen Staat im Süden. Ihre Entfremdung von den nordirischen Behörden wurde zusätzlich durch institutionalisierte Diskriminierung verstärkt: Katholikinnen und Katholiken wurde der Zugang zu öffentlichen Ämtern, Gemeindewohnungen und Wahlen gezielt erschwert. Durch Gerrymandering wurden auch jene Gebiete mit katholischer Mehrheit unter unionistische Kontrolle gebracht. Beeinflusst von den Studentenprotesten und der US-Bürgerrechtsbewegung, gingen in den späten 1960er-Jahren auch in Nordirland Menschen auf die Straßen und forderten Gleichbehandlung. The Troubles 1969 schlug die Stimmung um und offene Gewalt brach aus. Republikanerinnen und Republikaner verfolgten die Wiedervereinigung Irlands, die wiederum die nordirische Regierung und zahlreiche Unionisten um jeden Preis verhindern wollten. Paramilitärische Verbände beider Lager kämpften gegeneinander und gegen die nordirischen Polizeieinheiten. Dies führte zu einem der traurigen Höhepunkte der Troubles: dem Bloody Sunday 1972, als britische Soldaten 13 Zivilistinnen und Zivilisten erschossen. Im Gegenzug nutzte die IRA Autobomben, um durch Terror ihren politischen Forderungen Gehör zu verschaffen. Das Karfreitagsabkommen Der Weg aus der Gewalt dauerte mehrere Jahrzehnte und kostete mehrere Tausend Menschenleben. In den 1990er-Jahren war die Bereitschaft der Konfliktparteien zu Zugeständnissen schließlich groß genug, um einen Waffenstillstand auszuhandeln, der 1998 in einen Friedensvertrag, das „Karfreitagsabkommen“, mündete. Anders als bei vorangegangenen Versuchen saßen nun alle an einem Tisch: Vertreterinnen und Vertreter der britischen und irischen Regierungen sowie unionistische und republikanische Parteien handelten einen Vertrag aus, dessen Kernpunkte eine neue Exekutive, die Freilassung von Inhaftierten und die Entwaffnung der Paramilitärs war. Gälisch, das: Sprache mit keltischen Wurzeln, die heute auch als Bezeichnung für die irische, katholische Bevölkerung verwendet wird Irish Republican Army, die (IRA): bewaffnete Organisation der nordirischen Separatisten, die eine Vereinigung mit der Republik Irland militärisch erreichen wollten Gerrymandering, das: Durch bewusstes Verändern eines Wahlsprengels wird das Wahlergebnis manipuliert. Besonders politische Systeme mit Mehrheitswahlrecht (wie z. B. das britische) sind dafür anfällig. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 MUSTER

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