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284 Außereuropäische Perspektive: der Arabische Frühling 6.9 M 1: Der tunesische Präsident Zine elAbidine Ben Ali (1936 – 2019) regierte das Land von 1987 bis 2011. Foto, unbekannt, 2002. Im Frühjahr 2011 gingen immer mehr junge Menschen in arabischen Staaten auf die Straße und forderten im „Arabischen Frühling“ mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende der Korruption. Die autoritären Regime der jeweiligen Länder reagierten auf die Forderungen großteils mit Gewalt. Diese prägt die Region bis heute. Der Ausgangspunkt: Tunesien Mohamed Bouazizi war das erste mediale Gesicht des „Arabischen Frühlings“. Wie viele andere fand der junge Tunesier nach seinem Studium keine Arbeit in seinem Land und jobbte als Gemüseverkäufer. Die behördliche und polizeiliche Willkür sowie die ständige Verschlechterung seiner Lage veranlassten Bouazizi zu einem drastischen Schritt: Er verbrannte sich im Dezember 2010 öffentlich selbst. Über die sozialen Medien verbreiteten sich sein Protest und Tod sehr schnell. Immer mehr Menschen demonstrierten bald gegen die Politik des langjährigen Machthabers Zine el-Abidine Ben Ali. Dieser musste aufgrund des anhaltenden Drucks das Land verlassen. Tunesien ist heute eine weitgehend friedliche Demokratie und gilt als der einzige Staat, in dem der „Arabische Frühling“ in eine demokratisch(er)e Staatsführung gemündet hat. Der Aufstand weitet sich aus In vielen Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas folgten Tausende Menschen dem tunesischen Beispiel. Sie protestierten aus unterschiedlichen Gründen, gemeinsamer Konsens war aber stets der Widerstand gegen die autoritären Regierungen, die von Korruption, Misswirtschaft und Klientelpolitik gezeichnet waren. Zu diesem Zweck wurden zum ersten Mal die sozialen Medien in großem Stil von Protestierenden dazu genutzt, um Demonstrationen zu organisieren und die staatliche Zensur zu umgehen. (Gegen-)Revolution in Ägypten Ägypten ist ein gutes Beispiel für die Komplexität des „Arabischen Frühlings“. Bereits im Februar 2011 gelang es den Aufständischen, Husni Mubarak, den bereits 30 Jahre autoritär regierenden Staatschef, abzusetzen. Die Demonstrierenden setzten sich aus verschiedensten Gruppierungen zusammen. Die ersten freie Wahl 2012 gewannen die Muslimbrüder. Deren Präsident Mohammed Mursi wurde allerdings wegen seines islamistischen Kurses von gemäßigten Gruppierungen zunehmend kritisiert.. 2013 putschte das Militär erfolgreich gegen Mursi und nahm ihn fest. Der Generaloberst Abdel Fattah Al-Sisi wurde 2014 zum neuen Präsidenten gewählt und 2018 mit 97 Prozent der Stimmen wiedergewählt. An der Unabhängigkeit der Wahl gibt es erhebliche Zweifel. Syrien, Libyen, Jemen: aus Protest wird Krieg Einige Regime gingen mit großer Brutalität gegen die protestierenden Menschen vor. Diese Gewalt führte in Syrien, Libyen und dem Jemen zu Bürgerkriegen. Trotz der regionalen Unterschiede konnten dabei ähnliche Prozesse beobachtet werden. Auf die allgemeine Unruhe folgten Demonstrationen und Forderungen an die Staatsspitzen; diese wurden jedoch nicht erfüllt. Stattdessen kam es zur Zensur der Medien und die Geheimpolizei führte willkürliche Verhaftungen durch, um die Proteste zu unterdrücken. Zusätzlich setzten die Regime das Militär gegen Demonstrierende ein, was zu vielen Todesopfern und so zu einer raschen Radikalisierung beider Seiten und einer Eskalation der Gewalt führte. Politische oder diplomatische Lösungen wurden dadurch ungemein erschwert. Muslimbrüder, die: einflussreiche sunnitische Bewegung im Nahen Osten Klientelpolitik, die Politik, die sich ausschließlich für die Interessen der eigenen Klientel, also der eigenen Gefolgsleute, einsetzt  Mehr dazu … Die Graphic Novel „Der Arabische Frühling“ aus dem Jahr 2013 berichtet von den verschiedenen Schauplätzen der Aufstände. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 MUSTER

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