280 Globalisierung: Begriff, Auswirkungen, Kritik 6.7 M 1: „Wir [sind] die 99 %“ – gemeint sind die zahlenmäßig größeren ärmeren Bevölkerungsschichten im Vergleich zu den wenigen Superreichen – war das Motto der Occupy-Wall-StreetBewegung, einer antikapitalistischen Demonstrations- bewegung, die ausgehend von den USA auch in Europa Zustrom fand. Das Plakat auf der Abbildung war Teil eines Protestcamps vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main am 23.10.2011. Zur globalisierten Welt gehören nicht nur beschleunigte Wirtschaftskreisläufe, vereinfachte Kommunikationsmöglichkeiten und internationale politische Zusammenarbeit: Begleiterscheinungen wie Monopolisierung, Verschiebung von Arbeitsplätzen in sogenannte Billiglohnländer oder unkontrollierte Finanzströme treten vermehrt auf. Globalisierung „Globalisierung“ als Begriff meint seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in erster Linie die schnell zunehmende Vernetzung der wirtschaftlich einflussreichen Länder in unterschiedlichen Bereichen: In der öffentlichen Diskussion geht es dabei vor allem um Wirtschaft und Politik, aber auch Umwelt und Klima sowie Kultur und Forschung werden immer mehr aus einer internationalen Perspektive betrachtet, wobei aber Afrika noch immer größtenteils ausgenommen bleibt. Umstritten ist aus historischer Sicht, wann Globalisierung als Phänomen einsetzt. Einige Forscherinnen und Forscher beschreiben den Warenaustausch der Antike und die Vermischung griechischer und orientalischer Lebensweisen im Hellenismus bereits als eine frühe Form von Globalisierung, andere dagegen sehen Globalisierungsphänomene erst mit dem Aufkommen des Welthandels ab dem 16. Jahrhundert oder überhaupt erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben. Der heutige Grad an Vernetzung wurde aber vor allem durch das Internet ermöglicht, was insbesondere im Finanz- und Kommunikationsbereich zu einer massiven Beschleunigung der Prozesse geführt hat. Auswirkungen der Globalisierung Insbesondere für Wirtschaftstreibende bedeutete die Globalisierung eine große Veränderung: Im 21. Jahrhundert ist es so einfach wie nie, Produkte und Güter weltweit anzubieten. Ein praktisch unbegrenzter Absatzmarkt ermöglicht auch das Entstehen transnationaler Großkonzerne (z. B. Apple, Samsung, Amazon). Politisch wirkt sich die Globalisierung vor allem in der verstärkten internationalen Zusammenarbeit aus. Überstaatliche Organisationen wie die UNO sorgen beispielsweise für die Einhaltung des Völkerrechts und den Schutz der Menschenrechte. Österreich beherbergt mehrere solcher internationalen Organisationen. So befinden sich in Wien unter anderem der Hauptsitz der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC). Globalisierungskritik Globalisierungskritiker pochen dagegen auf die negativen Aspekte: Neben der Ausbeutung von Arbeitskräften in Billiglohnländern, vor allem in Asien und Afrika, kritisieren sie die Vergrößerung der Ungleichheit auf der Welt durch fortgesetzte ungerechte Verteilung des Wohlstands: Anstatt den Wohlstand, der durch die Vernetzung der Welt entsteht, auch global zu verteilen, würden nur wenige, ohnehin schon reiche Länder davon profitieren, während Entwicklungsländer ausgebeutet würden. Ein weiterer Kritikpunkt sind die immer schwerer nachzuvollziehenden Finanzströme: Finanzstarke Konzerne (Global Players) würden ihre Firmensitze vermehrt in für sie steuerlich vorteilhafte Länder verlegen, Gewinne aber weiterhin weltweit erwirtschaften. Die Vernetzung der Finanz- und Börsenwelt sorgt für internationale Abhängigkeiten, die sich bei Krisen einzelner Player schnell weltweit auswirken können. So sorgte das Platzen einer Immobilienblase in den USA 2008 für eine internationale Finanzkrise. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 MUSTER
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