276 Außereuropäische Perspektive: der Irakkrieg 6.5 Noch während die von den USA geführten NATO-Truppen in Afghanistan gegen die Taliban kämpften, beschloss die US-Regierung unter George W. Bush unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung, erneut im Irak einzumarschieren. Der asymmetrische Krieg im Irak destabilisierte die gesamte Region. Ein manipulierter Kriegsgrund Im Vorfeld des Einmarsches behaupteten Vertreter der US-Regierung, dass der Irak im Besitz von chemischen oder biologischen Massenvernichtungswaffen sei und in Verbindung mit Al Qaida stehe. Mit der Vorlage von angeblichen Beweisen im UN-Sicherheitsrat wollte US-Außenminister Colin Powell möglichst viele Staaten überzeugen, sich dem „War on Terror“ anzuschließen. Erst Jahre nach dem Einmarsch in das rohstoffreiche und strategisch bedeutsame Land gab die US-Regierung zu, dass die Beweise gefälscht waren und der Irak weder ABC- Waffen noch Kontakte zu Al Qaida besaß. Schnelle militärische Erfolge Im März 2003 rückten die US-Armee und ihre Verbündeten, allen voran Großbritannien, aus Militärbasen in Kuwait in den Irak vor. Aufgrund ihrer militärischen Überlegenheit übernahmen sie schon im April die Hauptstadt Bagdad und erklärten bereits im Mai den Krieg für gewonnen. Der irakische Diktator Saddam Hussein tauchte unter, wurde allerdings einige Monate später von US-Truppen aufgespürt und vor ein irakisches Gericht gestellt, das ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilte. Damit ging zwar die Phase der Vorherrschaft der sunnitischen Minderheit im Irak zu Ende, doch ein Ausgleich der irakischen Ethnien war nicht erreicht. Ethnische und konfessionelle Spannungen Der Irak ist ein von Diversität geprägter Staat, in dem seit Jahrtausenden zahlreiche Kulturen und Religionen aufeinandertreffen. Heute bilden arabische Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung. Allerdings gibt es auch viele Minderheiten, wie etwa die Kurden, Jesiden und arabischen Sunniten. Während Husseins Herrschaft hatten nur Sunniten die politische Macht inne. Unter der neuen schiitischen Regierung sah sich nun die sunnitische Minderheit politischen Repressionen ausgesetzt. Zusammen mit der anhaltenden Gewalt führte dies zu einer Entfremdung der sunnitischen Bevölkerung mit dem Staat und verschärfte die Konflikte zwischen den Ethnien. In den Jahren nach der Invasion wurde klar, dass die Besatzungsmacht USA nicht für die Sicherheit der irakischen Bevölkerung sorgen konnte. Die USA ziehen ihre Truppen ab Die Gewalt nahm in den darauffolgenden Jahren immer weiter zu. 2011 verließen die letzten US-Soldatinnen und -Soldaten das Land. Der Bürgerkrieg tobte weiter. Schätzungen zufolge sind bis zu einer Million Menschen von Kriegsbeginn 2003 bis zum Ende der US-Besatzung gestorben. Folgen für die Region Nicht nur für den Irak selbst sollte die USInvasion weitreichende politische und ökonomische Folgen haben. Der ganze Mittlere Osten und Afghanistan wurden nachhaltig destabilisiert, was zum Wiedererstarken der Taliban und der erfolgreichen Expansion der 2014 auftauchenden extremistischen sunnitischen Terrororganisation Islamischer Staat (IS) geführt hat. ABC-Waffen, die: ABC steht als Abkürzung für atomare, biologische und chemische Waffen Jesiden, die: ethnisch-religiöse Minderheit in der Türkei, dem Irak und Syrien 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 MUSTER
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