Denkmal 7/8 + E-Book

240 Österreichs Zusammenarbeit mit europäischen Staaten Das Nachkriegs-Europa war sowohl durch gegenseitige Abgrenzung als auch durch Zusammenschlüsse der europäischen Staaten in wirtschaftliche, militärische und politische Bündnisse gekennzeichnet. Lange Zeit galt die österreichische Neutralität als Widerspruch zu einem Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) – der Vorläuferin der späteren Europäischen Gemeinschaft (EG) und heutigen Europäischen Union (EU). Im Jahr 1960 wurde Österreich daher zunächst nur Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). 1972 schlossen die EFTA-Staaten wiederum ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ab, um wirtschaftlich noch enger mit wichtigen europäischen Handelspartnerinnen und -partnern kooperieren zu können. Erst im Jahr 1989 stellte Österreich einen Antrag für einen EG-Beitritt. 1993 starteten schließlich die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union (EU), die nach dem Vertrag von Maastricht gegründet wurde und Nachfolgeorgan der EG war. Politische Weichenstellungen Die Vorbehalte und Widerstände gegenüber einer vertieften Kooperation Österreichs mit anderen europäischen Ländern waren sowohl außerhalb als auch innerhalb Österreichs zum Teil groß: Erst unter Michail Gorbatschow fiel der Widerstand der damaligen Sowjetunion gegenüber einem EG-Beitritt Österreichs. Italiens Vorbehalt hatte lange Zeit seine Begründung im schwelenden SüdtirolKonflikt. Frankreich zeigte Ressentiments gegenüber einem weiteren „deutschen Staat“ in der Gemeinschaft. Und einige EG-Länder befürchteten, mit Österreich zugleich auch anderen Staaten die Tür zu öffnen (1987 hatten bereits die Türkei und Marokko um eine Mitgliedschaft angesucht). In Österreich sprachen sich noch in den 1990er-Jahren die FPÖ (nach anfänglicher Zustimmung) und die Grünen gegen einen Beitritt zur EU aus. Beitrittsverhandlungen und Abstimmung Am 1. März 1994 gingen die Verhandlungen über den EU-Beitritt Österreichs zu Ende. Die nächtliche Sitzung wurde als spannungsreich beschrieben, da die Gespräche mehrmals vor dem Scheitern standen. Als besonders umstrittene Politikbereiche galten: LKW-Transitverkehr, Landwirtschaft, Umwelt, Sicherheit und Zweitwohnsitze. Schließlich stimmten bei der Volksabstimmung im Juni 1994 66,6 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher für einen Beitritt (bei einer Wahlbeteiligung von 82,4 Prozent). Am 1. Jänner 1995 trat Österreich gemeinsam mit Schweden und Finnland der EU bei. „Am Anfang war die Furcht“, schrieb die Wiener Zeitung knapp 25 Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Der Weg zur EU-Mitgliedschaft war lang. Auch wenn die Skepsis der Bevölkerung gegenüber der Europäischen Union im EU-Vergleich heute nach wie vor groß ist, überwiegt die Zahl derer, die eine EU-Mitgliedschaft positiv sehen. 5.11 Österreich in der Europäischen Union M 1: Karikatur von Rainer Osinger über das Verhältnis zwischen der EU und ihren Mitgliedsstaaten. Karikatur, 2017. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 MUSTER

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