196 Außereuropäische Perspektive: 1979, Wendejahr im Nahen Osten 4.16 M 2: Ein afghanischer Mudschahedin hält eine bei Kämpfen erbeutete sowjetische AK-47 Kalaschnikow in die Kamera. 1987. M 1: Der Film „Argo“ aus dem Jahr 2012 erzählt die Geschichte von sechs Personen, die während der Geiselkrise aus Teheran ausgeflogen werden konnten. Das Jahr 1979 hatte für den Nahen Osten weitreichende Folgen. Im Iran fand die Islamische Revolution statt, die die iranische Monarchie beendete. Die Sowjetunion marschierte in Afghanistan ein, um die dortige kommunistische Regierung zu unterstützen. Die Region drohte der Kontrolle der westlichen Großmächte zu entgleiten. Die Islamische Revolution Persien war bis zum Jahr 1979 eine Monarchie, geführt vom autokratisch regierenden Schah Reza Pahlavi. Dieser war seit einer misslungenen Landreform sowie anhaltender Repression sowohl bei breiten Teilen der Bevölkerung als auch beim mächtigen Klerus des Landes unbeliebt. Der bekannteste Vertreter des iranischen schiitischen Klerus war Ajatollah Chomeini, der sich im türkischen Exil befand. Er wurde zur Führungsfigur der langanhaltenden Proteste, die den Schah später zum Rücktritt zwingen sollten. Die Forderungen der Protestierenden waren vielfältig und oft konträr: Manche wollten einen kommunistischen Staat nach sowjetischem Vorbild, in dem Frauen und Männer gleichberechtigt waren. Einige forderten mehr Freiheiten und die Errichtung einer liberalen Demokratie, während wiederum andere für einen islamischen Gottesstaat protestierten, in dem die Scharia gelten sollte. Nach der Flucht des Schahs 1979 setzte sich die letzte Gruppierung durch und verwandelte den Iran durch die Islamische Revolution in eine Theokratie. Der Westen hatte einen wichtigen Bündnispartner und strategischen Stützpunkt im Nahen Osten verloren. Besonders deutlich wurde das in der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran: Um gegen die Aufnahme des Schahs in den USA zu protestieren und seine Auslieferung zu erzwingen, stürmten iranische Studierende am 4. November 1979 die US-Botschaft in Teheran und nahmen 52 Geiseln. Die folgende Krise nutze Chomeini zur Festigung der Islamischen Revolution. Sowjetischer Einmarsch in Afghanistan 1978 wurde nach einem kommunistischen Putsch der afghanischen Armee die Demokratische Republik Afghanistan ausgerufen. Dem folgte ein Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und verschiedenen religiösen Gruppen der afghanischen Stammesgesellschaft. Um die neue afghanische Regierung zu unterstützen, marschierten 1979 sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Die Intervention verlief für die Rote Armee aber nur sehr schleppend. Sie konnte das gebirgige und unzugängliche Land nie vollständig unter ihre Kontrolle bringen, da ihnen die von den USA unterstützten Mudschahedin in einem fast zehnjährigen Guerillakrieg erbitterten Widerstand leisteten. Neben den USA unterstützten noch andere Staaten, wie beispielsweise SaudiArabien und Pakistan, die Aufständischen. 1989 musste die sowjetische Armee erfolglos aus Afghanistan abziehen. Wendejahr 1979 Die gescheiterte Invasion war ein Mitgrund für den Autoritätsverlust der sowjetischen Staatsführung, der zum Untergang der UdSSR führte. Die Islamische Revolution einerseits und der Erfolg der Mudschahedin andererseits machten den Islamismus im Nahen Osten populär. 1979 ereignete sich in Harrisburg (USA) aber auch der erste schwere Atomunfall, die Nachwirkungen der Ölkrise (s. 4.13) waren ebenfalls allgegenwärtig. Durch die Boat People, aber auch die iranischen Oppositionellen, wurden außereuropäische Flüchtlinge erstmals weltweit wahrgenommen. Zudem war der Amtsantritt von Margaret Thatcher ein Wendepunkt. Ihr neoliberaler Kurs prägt die britische Wirtschaftspolitik bis heute. China beschloss, sich für den Weltmarkt zu öffnen. Und schließlich sollte die deutsche Erstausstrahlung der US-Serie „Holocaust“ den Umgang mit der Shoah radikal verändern. Mudschahedin, die: streng religiöse islamistische Widerstandskämpfer. Die einzelnen Gruppen waren nicht zentral organisiert und kämpften auch oft untereinander um die lokale Vorherrschaft. Scharia, die: Sammlung von islamischen, aus dem Koran abgeleiteten Rechtsvorschriften und Normen Schiiten, die: neben den Sunniten eine von zwei großen Glaubensgruppierungen im Islam; sie unterscheiden sich darin, wie sie ihren Glauben verstehen und leben. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 MUSTER
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