Denkmal 7/8 + E-Book

188 Österreichische Perspektive: die Kreisky-Jahre 4.12 M 1: Simon Wiesenthal (1908– 2005). Der HolocaustÜberlebende machte es als Gründer und Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums nach 1945 zu seiner Lebensaufgabe, NSTäterinnen und -Täter auszuforschen, um sie für ihre Verbrechen nach Möglichkeit zur Verantwortung zu ziehen. Foto, Jahreszahl und Fotograf unbekannt. M 2: Kreisky als Superman. Karikatur von Erich Sokol, 1975. Die aktive Außenpolitik Kreiskys verbesserte Österreichs Ansehen in der Welt. Innenpolitisch wurde sie aber ebenso kritisch gesehen wie Kreiskys Umgang mit der NS-Vergangenheit und seine Selbstinszenierung in den Medien, die dem Bundeskanzler oft vorgeworfen wurde. Die Beliebtheit Kreiskys blieb dennoch lange ungebrochen. Kreisky auf der Weltbühne Viel stärker als alle seine Vorgänger trat Bundeskanzler Kreisky als Außenpolitiker in Erscheinung. Dabei nutzte er die exzellenten Kontakte, die er bereits im Exil in Schweden (1938–1950) und als Außenminister (1959–1966) geknüpft hatte. Mit dem schwedischen Premierminister Olof Palme und dem deutschen Regierungschef Willy Brandt verband Kreisky eine lebenslange Freundschaft. Gemeinsam arbeiteten sie vor allem an entwicklungspolitischen Fragen. Besonders intensiv engagierte sich Kreisky im Nahostkonflikt. Er bemühte sich um die internationale Anerkennung der PLO als offizielle Vertretung der Palästinenserinnen und Palästinenser. Kreiskys Parteinahme für die PLO verschlechterte allerdings die Beziehungen Österreichs zu Israel. Die Kreisky-Peter-Wiesenthal-Affäre Auch Kreiskys Haltung zum Umgang mit dem Nationalsozialismus war problematisch. Obwohl selbst Jude und vom NS-Terror ins Exil gedrängt, nahm Kreisky bereits in seine erste Regierung vier ehemalige NSDAP-Mitglieder auf. Dafür wurde er von Simon Wiesenthal, dem Leiter des jüdischen Dokumentationszentrums, öffentlich kritisiert. 1975 wies dieser darüber hinaus die direkte Beteiligung des FPÖ-Chefs Friedrich Peter, der 1970 die SPÖ-Minderheitsregierung erst ermöglicht hatte, am Holocaust nach. Kreisky trat nun öffentlich zur Verteidigung Peters an und unterstellte Wiesenthal, selbst mit der Gestapo zusammengearbeitet zu haben. Wiesenthal verklagte Kreisky daraufhin, und dieser musste eine hohe Geldbuße bezahlen. Zwar stellte sich der größte Teil der österreichischen Medienöffentlichkeit auf die Seite Kreiskys, seinem internationalen Ansehen schadete die Affäre jedoch sehr. Liebling der Medien: der „Sonnenkönig“ Trotz dieser (und weiterer) Affären und Skandale war Kreisky sehr beliebt bei Journalistinnen und Journalisten. Seine pointierten Antworten und der lockere Umgangston mit den Medien beeindruckten viele. Da er diesen Bonus bewusst für seine politischen Ziele ausnutzte, wurde er oft als „Medienkanzler“ oder „Sonnenkönig“ bezeichnet. Tatsächlich pflegte er ein sehr enges Verhältnis zu vielen Medienmachern des Landes, was ihm viel Zustimmung bei der Bevölkerung einbrachte. Seine Volksnähe zeigte sich auch daran, dass er stets mit seiner Privatnummer im Telefonbuch zu finden war. Somit konnte er sich durch die Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern stets selbst ein Bild über die Stimmungslage in Österreich machen. M 3: Kreisky bei einer Pressekonferenz mit PLO-Chef Yassir Arafat und dem deutschen Bundeskanzler Willy Brandt. Foto, unbekannt, 1979. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 MUSTER

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