180 In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg endete die europäische Kolonialherrschaft in Asien. Etwas verzögert setzte dieser Prozess der Dekolonisation auch in Afrika ein. Der Weg in die Unabhängigkeit gestaltete sich unterschiedlich. Letztendlich fanden sich die neuen Staaten allerdings in neuen Abhängigkeiten gefangen. Weltkriege als Katalysatoren Schon im Ersten Weltkrieg hatten Tausende Afrikaner für die Kolonialregime kämpfen müssen. Das hatte bei vielen den Wunsch nach Unabhängigkeit geweckt. Der Zweite Weltkrieg, in dem erneut Männer aus den Kolonien zum Militärdienst eingezogen wurden, verstärkte diese Forderungen. Nach 1945 waren die Kolonialmächte mit den Kriegsfolgen im eigenen Land beschäftigt, und die Aufgabe jener Kolonien, die wirtschaftlich nicht gewinnbringend waren, wurde öffentlich diskutiert. Von sich aus zogen sich die Kolonialmächte aber nicht zurück: In vielen Kolonien gründeten junge Intellektuelle Bewegungen, die der Forderung nach Selbstbestimmung Nachdruck verliehen. Diese hatten oft in Europa oder den USA studiert und hatten dort Demokratie, Nationalismus und Marxismus kennengelernt. Das „afrikanische Jahr“ 1960 Für wirtschaftlich schwache Kolonien war der Weg in die Unabhängigkeit durchaus friedlich. Streiks und gewaltlose Proteste führten zu Abstimmungen über die Selbstständigkeit. Der Sudan, Marokko und Tunesien erlangten so 1956 die Unabhängigkeit; 1957 folgten Ghana und 1958 Guinea. Drei Jahre später proklamierten Afrikanerinnen und Afrikaner die Unabhängigkeit von 17 weiteren Staaten. Deshalb wird 1960 das „Afrikanische Jahr“ genannt. Daraufhin verabschiedete die UNO eine Resolution, die die Kolonialherrschaft verurteilte und das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung bestätigte. Alle Gewalt, die dem entgegenstehe, sei zu beenden. Unterdrückung und Gewalt Die UNO-Forderung fand allerdings wenig Gehör: Kolonien, in denen viele Europäerinnen und Europäer lebten, wollten die Kolonialmacht unbedingt behalten. Viele unterdrückten Völker versuchten daraufhin, durch Gewalt ihre Ziele zu erreichen. Weil die Kolonialregime nicht nachgaben, kam es zu teils langwierigen, blutigen Kriegen. In Algerien starben bis zur Unabhängigkeit 1962 rund 300 000 Menschen im Kampf gegen Frankreich. Zwischen 20 000 und 100 000 Menschen starben in der Auseinandersetzung mit Großbritannien, zusätzlich wurden 1,5 Millionen Menschen in Lagern interniert. Auch die portugiesischen Kolonien Angola oder Mosambik wurden erst nach einem jahrelangen Krieg 1975 unabhängig. Die Niederlande waren erst nach einem Guerillakrieg und diplomatischem Druck der USA bereit, Indonesien die Unabhängigkeit zuzugestehen. Neo-Kolonialismus Da in den neuen Staaten wesentliche Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser, Eisenbahnen und Straßen fehlten, gelang es vielen neuen Staaten trotz allem nicht, sich aus der Abhängigkeit zu befreien. Um diese zu bauen, mussten sich die Staaten bei den alten Kolonialmächten verschulden. Dadurch behielten diese ihren Einfluss. Außerdem versuchten die USA und die UdSSR im Kalten Krieg, die neuen Staaten mit Hilfeleistungen in ihre Einflusssphären zu ziehen. Die Verschuldung bei ausländischen Gläubigern ist bis heute ein großes Problem: Statt Geld in das eigene Land investieren zu können, müssen die Staaten ihre Schulden begleichen. Durch diese wirtschaftliche Schieflage wird der NordSüd-Konflikt weiter verschärft. Die UNO versucht diesen Verwerfungen durch eine gezielte Entwicklungspolitik entgegenzuwirken, wie etwa durch die Sustainable Development Goals (SDGs). Außereuropäische Perspektive: Politik und Wirtschaft in Afrika 4.8 UN-Resolution, die: Beschlüsse der UNO, die Verhandlungsergebnisse zwischen Hauptorganen schriftlich festhalten 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 Nord-Süd-Konflikt, der: Ungleichgewicht zwischen dem hoch- industrialisierten Staaten des globalen Nordens und den agrarisch dominierten Ländern des globalen Südens. Dieses Ungleichgewicht schließt neben wirtschaftlichen und politischen auch kulturelle und soziale Aspekte mit ein. MUSTER
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