Denkmal 7/8 + E-Book

14 Auf dem Weg zu neuer Ordnung: die Pariser Vorortverträge 1.2 Die Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg sollten eine neue Ordnung bringen und dauerhaften Frieden sichern. Dabei waren sehr viele unterschiedliche und gegenläufige Interessen zu berücksichtigen. Am Ende gab es viele Unzufriedene und neue, ungelöste Konflikte. Besonders auf Seiten der Mittelmächte dominierte die Enttäuschung. Versailles: Eine „Schmach“ für Deutschland Der Begriff „Friedensverhandlungen“ trifft für die Pariser Beschlüsse nur eingeschränkt zu, denn verhandelt wurde nur unter den Siegern des Krieges und nicht zwischen Siegern und Besiegten. Die Vertreter der unterlegenen Staaten durften nur schriftlich zum Vertragsentwurf Stellung nehmen, was aber nur zu geringfügigen Änderungen führte. Die Siegermächte schrieben die alleinige Schuld am Krieg und seinen Folgen dem Deutschen Reich zu. Damit wurden die harten Friedensbedingungen von Versailles gerechtfertigt, die das Deutsche Reich auf verschiedenen Ebenen trafen. Neben hohen Reparationszahlungen und umfangreichen Gebietsabtretungen (u. a. Elsass-Lothringen an Frankreich, Westpreußen an Polen sowie Abtretung aller Kolonien) sollte das Deutsche Reich vor allem kriegsunfähig gemacht werden: Die allgemeine Wehrpflicht wurde verboten und die Reichswehr auf 100 000 Mann beschränkt, Luftstreitkräfte sowie schweres Kriegsgerät wurden gänzlich untersagt. Außerdem wurden durch die Besetzung des Rheinlandes und die Nutzung der Kohlevorkommen im Saarland große Teile der deutschen Schwerindustrie vom Völkerbund (s. 1.3) kontrolliert. Saint-Germain: Verluste für Österreich Auch der Republik Deutschösterreich, die als Rechtsnachfolgerin des Kaiserreichs den Friedensvertrag von Saint-Germainen-Laye (Ort in der Nähe von Versailles) erhielt, wurde als Verbündete des Deutschen Reiches die Hauptschuld am Krieg angelastet. Sie musste ebenfalls Gebiete abgeben (z. B. Südtirol an Italien und die Untersteiermark an den neu gegründeten SHS-Staat). Über das Ausmaß der Gebietsabtretungen tätigte der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau den berühmten Ausspruch: „Österreich, das ist der Rest.“ Außerdem wurden der Anschluss an das Deutsche Reich verboten und ebenfalls Reparationszahlungen festgelegt. Sämtliche Rüstungsfabriken mussten zerstört und das Heer auf 30 000 Mann begrenzt werden. Auch in Österreich wurde die allgemeine Wehrpflicht vertraglich unterbunden. Allerdings konnte die österreichische Delegation auch erreichen, dass in Südkärnten eine Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit durchgeführt wurde. Zudem wurde Westungarn Österreich zugesprochen. Das Gebiet wurde nun Burgenland genannt. Reaktionen der Verlierer Die Verträge wurden in Österreich und dem Deutschen Reich als Erniedrigung wahrgenommen. Da beide Länder nicht aktiv an den Verhandlungen hatten teilnehmen dürfen, sprach die Presse bald vom „Friedensdiktat“ oder der „Schmach von Versailles“. Da die neu eingesetzten demokratischen Regierungen beider Länder aber zur Unterzeichnung und die Parlamente zu Ratifizierung gezwungen waren, konnten rechtsgerichtete, militaristische Politiker die „Dolchstoßlegende“ (s. 1.1) dazu verwenden, die Demokratie abzuwerten und ihre Vertreter als „Volksverräter“ darzustellen. Das spielte der nationalsozialistischen Bewegung in die Hände, die den Unmut in der Bevölkerung nutzte, um selbst an die Macht zu kommen. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 SHS-Staat, der: Staat der Slowenen, Kroaten und Serben, der 1918 auf dem Gebiet des ehemaligen österreichischungarischen Monarchie errichtet wurde. MUSTER

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