168 Die Europäische Integration I 4.2 Die europäische Einigung begann mit einem wirtschaftlichen Zusammenschluss, der auch in eine politische Kooperation mündete. Europa schuf neue Strukturen, um wirtschaftliche Zusammenarbeit, Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung zu erreichen. Zuerst mussten jedoch die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs überwunden werden. Der Beginn: Schuman-Plan Bereits 1946 sprach sich der britische Premier Winston Churchill für die Gründung der „United States of Europe“ nach amerikanischem Vorbild aus. Großbritannien sah die Zukunft jedoch im Commonwealth statt im Festland-Europa. In Frankreich war speziell die Frage des Umgangs mit Deutschland umstritten. Am 9. Mai 1950 griff der französische Außenminister Robert Schuman eine Idee des Unternehmers Jean Monnet auf und schlug die Gründung einer „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)“ vor. Die Versöhnung der europäischen Staaten sollte durch wirtschaftlichen Interessenausgleich erreicht werden. Der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer stimmte diesem „Schuman-Plan“ sofort zu. Für Deutschland war die wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Möglichkeit, die internationale Isolation zu beenden. Auch die Beneluxstaaten und Italien schlossen sich dem Bündnis an. Heute wird der 9. Mai im Gedenken daran als „Europatag“ gefeiert. Römische Verträge Mit den „Römischen Verträgen“ folgten 1957 die nächsten Schritte einer immer enger werdenden europäischen Integration: die „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)“ sowie die „Europäische Atomgemeinschaft (Euratom)“ wurden gegründet. Das Ziel war ein gemeinsamer Markt und eine Zollunion der bisherigen EGKS-Staaten. Der Euratom-Vertrag intendierte eine gegenseitige Kontrolle zur Friedenssicherung. Mit dem Rat, der Kommission, einer parlamentarischen Versammlung und einem Gerichtshof wurden auch auf politischer Ebene Institutionen für die drei Europäischen Gemeinschaften (EG) geschaffen. Neue Mitglieder Die sogenannte „Nord-Erweiterung“ mit Großbritannien, Dänemark und Irland fand 1973 statt. Bereits 1961 und 1967 hatte Großbritannien um einen Beitritt angesucht, war jedoch an Frankreichs Veto gescheitert. Erst nach dem Tod des französischen Präsidenten Charles de Gaulle war eine Erweiterung möglich. Die 1980er-Jahre waren von der sogenannten „Süd-Erweiterung“ geprägt: 1981 trat Griechenland der EG bei, 1986 Spanien und Portugal. Im Gegensatz zum Beginn des Einigungsprozesses waren diese Erweiterungsrunden politisch motiviert, um den noch jungen Demokratien innerhalb der Gemeinschaft Stabilität zu geben. Demokratie und „Binnenmarkt“ Während die demokratische Gestaltung der EG 1979 durch die erstmalige Direktwahl des Europäischen Parlaments Aufwind erfuhr, erhielt die wirtschaftliche und politische Einigung nach 1980 einen weiteren Schub: Der damalige Präsident der Europäischen Kommission Jacques Delors gab das Ziel aus, einen grenzfreien „Binnenmarkt“ zu gestalten. Die „vier Grundfreiheiten“ – der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen – sollten verwirklicht werden. M 1: Titelseite einer Broschüre zum Schuman-Plan. Zu sehen sind Robert Schuman (1886– 1963) links und Konrad Adenauer (1876–1967) rechts. Frankfurt/Main 1951. Commonwealth of Nations, das: 1931 gegründete Verbindung von 56 Staaten, die in erster Linie vom Vereinigten Königreich, seinen ehemaligen- Kolonien und Nordirland gebildet wird 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 MUSTER
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