Denkmal 7/8 + E-Book

130 Mit unterschiedlichen Zugängen zur Sozial- und Wirtschaftspolitik definierten die beiden deutschen Staaten ihre Weltanschauungen. Während diese in der BRD in den 1950er-Jahren das „Wirtschaftswunder“ ermöglichten, kämpfte die Bevölkerung in der DDR trotz Arbeitsplatzgarantie mit den schlechten Lebensbedingungen. Unter den Betrieben entstand ein positiver Konkurrenzkampf, der zu breiten Produktpaletten führte und die Wirtschaft florieren ließ. Zudem profitierte die BRD vom Marshallplan sowie von der Aufnahme in die EWG und die Montanunion, zwei Vorboten der EU, in den 1950er-Jahren. Der unerwartet schnelle Aufschwung der Wirtschaft, in der Ende der 1950er-Jahre sogar ein Arbeitskräftemangel herrschte, der zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte („Gastarbeiter“) führte, wurde bald als „Wirtschaftswunder“ bezeichnet. Sozialpolitik in Ost und West Um die Wohnungsnot nach dem Krieg zu mindern, wurden in der DDR große Wohnsiedlungen („Plattenbauten“) errichtet. Zudem wurde für die Deckung der Grundbedürfnisse gesorgt und es wurden Arbeitsplätze geschaffen. Damit ging die Arbeitslosigkeit gegen null. Die Partei bot auch soziale Vorteile wie zusätzliche und kostenlose Urlaube, Neubauwohnungen oder die staatliche Auszeichnung „Held der Arbeit“ an. Wer sich mit dem Regime arrangierte, hatte durchaus berufliche Aufstiegsmöglichkeiten. Viele Menschen begannen daher, sich mit den Verhältnissen in der DDR abzufinden, auch wenn sie repressiv aufgebaut waren. Im Westen wurden schon in den 1950erJahren große Fortschritte in der Sozialpolitik erzielt: Die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe wurde ebenso gesetzlich verankert wie die Fünftagewoche mit acht Stunden täglicher Arbeitszeit. In der DDR waren schon früh viele Frauen berufstätig (65 Prozent). Ihre Gleichberechtigung setzte man 1961 auf die politische Agenda, um vor allem die Qualifizierung der Frauen schneller voranzubringen. Wirtschaftspolitik im Osten Das politische System der DDR orientierte sich am totalitären System Stalins. Die Entscheidungsgewalt lag allein in den Händen einer Partei (SED) und ihrer Führungsspitze. Die Bevölkerung hatte keine Entscheidungsmöglichkeit. Die wirtschaftliche Ordnung baute auf der marxistisch-leninistischen Ideologie auf: Großgrundbesitze und Industrie wurden enteignet und verstaatlicht, die volkswirtschaftliche Entwicklung einer zentral gesteuerten Planwirtschaft nach sowjetischem Vorbild untergeordnet. Nach der (entschädigungslosen) Enteignung wurden landwirtschaftliche Großbetriebe (Besitztümer über 100 Hektar) neu verteilt. Das Regime gab vor, was angebaut werden musste. In den dadurch entstehenden kleinbäuerlichen Strukturen konnten die Äcker aber nicht rentabel bewirtschaftet werden. Wie von der Sowjetunion vorgegeben, konzentrierte sich die DDR auf den Ausbau der Schwerindustrie. Die Konsumgüterindustrie wurde dafür vernachlässigt. Im Laufe der 1950er-Jahre hatte die DDR ihre zerrüttete Wirtschaft wiederaufgebaut und dabei durchaus beachtliche wirtschaftliche Erfolge erzielt. Auch der Lebensstandard in der Bevölkerung verbesserte sich allmählich. Dennoch blieb beides auf Dauer erheblich hinter der BRD zurück. Wirtschaftswunder im Westen In den Westzonen entstand bereits vor der Gründung der BRD eine Marktwirtschaft westlich-kapitalistischer Prägung. Angebot und Nachfrage bestimmten den Preis. Kapital und Produktionsstätten, Maschinen und Landwirtschaftsbetriebe blieben in privater Hand. 3.6 Sozial- und Wirtschaftsgeschichte BRD/DDR 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 M 1: Plattenbauten im Ostberliner Stadtteil Hohenschönhausen. Foto von Schönfeld, 1977. MUSTER

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