126 Im Schatten der bipolaren Weltordnung etablierte sich ab Mitte der 1950er-Jahre eine Bewegung, die die Interessen all jener Staaten bündelte, die sich weder den USA noch der Sowjetunion anschließen wollten. pagiert und zwischen den beiden Machtblöcken vermittelt. Wenngleich die Forderungen der Blockfreien nicht immer umgesetzt wurden, so gelang es ihnen doch, das Problem der Unterentwicklung im politischen Diskurs der Industriestaaten anzuregen. Dieses wurde jedoch erst nach dem Ende des Ost-West-Konflikts ernsthaft in Angriff genommen. Profiteur Jugoslawien Jugoslawien war ein sozialistischer Staat, der sich dank Josip Broz Tito (seit 1963 Staatspräsident auf Lebenszeit) seine Unabhängigkeit gegenüber der Sowjetunion erhalten konnte. Ab den 1960erJahren präsentierte sich Jugoslawien als weltoffenes, gastfreundliches Land. Wirtschaftlich profitierte es von den guten Kontakten in die blockfreien Staaten und machte durch Exporte Gewinne in Milliardenhöhe. Der Tourismus ließ die jugoslawische Staatskasse ebenso klingeln wie die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, die Devisen aus westeuropäischen Ländern nach Hause schickten. Das beschleunigte den Wandel zur Konsumgesellschaft und steigerte den Lebensstandard der jugoslawischen Bevölkerung. Die guten Beziehungen zu muslimischen Ländern im arabischen Raum, aber auch zu den westlichen Ländern und zur Sowjetunion trugen außerdem zur innerjugoslawischen Völkerverständigung bei. In Jugoslawien wurde Tito von großen Teilen der Bevölkerung verehrt. Auch im Westen zollte man ihm für seine Politik große Anerkennung. Die Person Titos ist aber nicht unumstritten. Er war ein autokratisch regierender Präsident auf Lebenszeit und setzte seine Machtansprüche auch mithilfe von Verfolgung und Unterdrückung durch. Jugoslawien war kein demokratischer Staat, sondern es war die Diktatur einer Parteielite. Die „Bewegung der Blockfreien Staaten“ 1961 wurde auf der Belgrader Konferenz die „Bewegung der Blockfreien Staaten“ ins Leben gerufen. Sie verstand sich als Bewegung zwischen den Fronten der bipolaren Welt. Die beitretenden Länder gehörten keinem der beiden Militärbündnisse (NATO und Warschauer Pakt) an und verhielten sich im Ost-West-Konflikt neutral. Die Bewegung verbreitete sich vor allem von den dekolonisierten Ländern (s. 4.9) Afrikas und Asiens aus. Ägypten, Indien und das größte „blockfreie“ europäische Land Jugoslawien galten als treibende Kräfte. Bis zum Ende des Kalten Krieges wuchs die Bewegung auf 102 Mitgliedsstaaten. Zu ihnen gehörten die Mehrzahl der lateinamerikanischen Länder sowie beinahe alle afrikanischen und etliche asiatische Länder. Heute zählt die Bewegung fast 120 Mitgliedsstaaten. Politische Ziele und Wirkung der Bewegung Bereits 1955 einigten sich 29 Staaten auf einer Konferenz im indonesischen Bandung auf mehrere Grundsätze: Einhaltung der Ziele der Vereinten Nationen, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten, gegenseitige Anerkennung der Souveränität, Verzicht auf kriegerische Mittel. Zudem wurden die Forderungen der Blockfreien nach Dekolonisierung und Steigerung des Wohlstandes in der sogenannten „Dritten Welt“ immer lauter. Die Bewegung der Blockfreien etablierte sich damit als Wirtschaftslobby der Entwicklungsländer. Im Sinne einer „aktiven friedlichen Koexistenz“ wurden die globale Abrüstung sowie das Verbot von Atomwaffen pro3.4 Blockfreie Staaten im Kalten Krieg Dritte Welt, die: frühere Bezeichnung für Entwicklungsländer. Die „Erste Welt“ bestand aus den von den USA angeführten westlichen Industriestaaten. Die „Zweite Welt“ beschrieb die kommunistischen Länder unter der Führung der Sowjetunion und die „Dritte Welt“ umfasste jene Länder, die keinem dieser Bündnisse angehörten, eben die Blockfreien. Ziele der Vereinten Nationen, die: u. A.: Weltfrieden und Wahrung der internationalen Sicherheit; friedliche Schlichtung aller Streitigkeiten; Verzicht auf Gewaltanwendung; Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ungeachtet von Rasse, Geschlecht, Sprache oder Religion Kalte Krieg, der: allgemein Bezeichnung für einen Konflikt zwischen feindlichen Staaten, der aber nicht kriegerisch ausgetragen wird, sondern mittels Propaganda und Drohungen. Dazu rüsten beide Seiten immer mehr auf. Hier: Bezeichnung der Epoche von 1945/46– 1991, in der sich die rivalisierenden Großmächte USA und Sowjetunion mit ihren verbündeten Staaten machtpolitisch gegenüberstanden 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 MUSTER
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==