Denkmal 7/8 + E-Book

112 Denk politisch! Differenzierte politische Diskussionen führen 2.31 Künstlerinnen und Künstler sowie ihr künstlerisches Werk unterliegen in Österreich einem besonderen Schutz. Dieser ist seit 1982 in der österreichischen Bundesverfassung verankert. Dadurch bekennt sich die Gesellschaft zu einer freien, kritischen und selbstbestimmten Kunst. Während Künstlerinnen und Künstler im Nationalsozialismus verfolgt wurden und auch danach noch vom Staat drangsaliert wurden, werden Kunstschaffende heute besonders vor staatlicher Repression geschützt. 1. Nehmen Sie zu Artikel 17a des österreichischen Staatsgrundgesetzes Stellung. M 1: Im Artikel 17a österreichisches Staatsgrundgesetz heißt es: Das künstlerische Schaffen, die Vermittlung von Kunst sowie deren Lehre sind frei. Bundesgesetzblatt Nr. 262 aus 1982, Artikel 17a. StGG. Q 2. Diskutieren Sie die Episode, die im Artikel aus der „Wiener Zeitung“ beschrieben wird. Wie beurteilen Sie die Geschichte von Helmut Seethaler? M 2: In der „Wiener Zeitung“ wurde anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums des Verfassungsgesetzes zum Schutz der Künste folgende Geschichte erzählt: In der Rechtspraxis hat der Verfassungsgrundsatz einiges verändert. Wurden Künstler früher oft wegen Bagatellen bestraft (Günter Brus wurde verhaftet, weil er weiß angemalt durch die Wiener Innenstadt spaziert ist), so halten solche Verfahren heute selten im Instanzenzug. Ein Beispiel: Der Wiener Zetteldichter Helmut Seethaler kopiert seine Pflück-Gedichte seit vielen Jahren, zerschneidet die Blätter auf kleine Zettel und bietet sie an Kandelabern, Baustellenverkleidungen und Wartehäuschen gratis an. Seine Verse gehören zum Stadtbild von Wien. Tausende Fans nehmen die Gedichte mit, wenn sie nicht vorher von wütenden Bediensteten derselben Stadt vernichtet wurden, deren Kulturstadtrat ihn unterstützt. Etwa 3000 Mal wurde er darob schon angezeigt. Der unabhängige Verwaltungssenat hebt die Strafen dann genauso oft auf: „... wonach aufgrund der Staatszielbestimmung der Freiheit der Kunst die gegenständlichen Bestimmungen der Plakatierverordnung nicht zur Anwendung gelangen, [...]. Dies deshalb, da im gegenständlichen Fall ein Sachverhalt vorliegt, welcher als künstlerische Betätigung im weiteren Sinne zu qualifizieren ist ...“ (UVS Wien 06/42/2041/2005). „Seit 30 Jahren ist die Kunst frei“, online: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/mehrkultur/456383-Seit-30-Jahren-ist-die-Kunst-frei.html (Stand: 12.10.2021). D M 3: Helmut Seethaler vor seinem Werk, Foto 2011. MUSTER

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