84 Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik 5.3 Vor unserer Haustür Zwischen 1938 und 1945 gab es in Österreich ein Konzentrationslager in Mauthausen. Dazu kamen über 50 Nebenlager, die über weite Teile Österreichs verteilt waren. Bis Kriegsende waren im KZ Mauthausen und in seinen Nebenlagern etwa 200 000 Menschen inhaftiert. Mehr als die Hälfte davon wurde ermordet. Das Konzentrationslager Mauthausen Das KZ Mauthausen war ein Lager der Gruppe III. Diese Kategorie stand für „Vernichtung durch Arbeit“. Die Gefangenen mussten unter den schlimmsten Haftbedingungen leben und arbeiten. Stundenlanges Stehen bei Hitze oder Kälte, Grausamkeiten der Aufseher und Aufseherinnen und willkürliche Ermordungen zählten zum Alltag. Ab März 1942 wurden zahlreiche Menschen durch Giftgas in einer Gaskammer ermordet. Die Leichen wurden anschließend im Krematorium verbrannt. Dies diente einerseits der Vermeidung von Seuchen, die durch die Leichen entstehen hätten können. Andererseits wurden so Spuren verwischt. Dennoch war die Rauchsäule kilometerweit in der Umgebung des KZs zu sehen. In KZs wurden entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie die Häftlinge in verschiedene Gruppen eingeteilt. Man unterschied zwischen politischen Häftlingen, „Berufsverbrechern“ (so bezeichnete das NS-Regime Personen, die fortlaufend Straftaten begingen, um zu überleben), Emigranten und Emigrantinnen , die vor Diskrimination und Verfolgung durch das Regime geflohen waren (und die aus verschiedenen Gründen wieder nach NS-Deutschland zurückkehren mussten), Zeugen Jehovas, Homosexuellen und „Asozialen“. So bezeichneten Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten Personen, die sich nicht in die NS-Gemeinschaft fügen wollten. Die jeweilige Kennzeichnung mussten die Häftlinge sichtbar auf ihrer Kleidung tragen. Sie wurden unterschiedlich behandelt. Im Steinbruch (Abb. 1, S. 86) mussten die KZInsassen und KZ-Insassinnen Zwangsarbeit leisten und Granitblöcke abbauen. Die Wahrscheinlichkeit, sich zu verletzen oder sogar zu sterben, war sehr hoch. Abb. 1: Die Häftlinge in den Konzentrationslagern wurden unterschiedlich gekennzeichnet. Abbildung: Arolsen Archives. International Center on Nazi Persecution. Massenmord in aller Öffentlichkeit Als das KZ Mauthausen 1938 gebaut wurde, war die Verunsicherung in der umliegenden Bevölkerung groß. Die Menschen bekamen keine Informationen über den Zweck des Baus. Es gab Gerüchte, dass Schwerverbrecher und Schwerverbrecherinnen im Lager gefangen waren. Bald wurde klar, dass viele Gefangene ins KZ gebracht wurden, aber keine bzw. keiner von ihnen mehr herauskam. Zwischen den KZ-Aufsehern und KZ-Aufseherinnen und der Bevölkerung herrschte jedoch Kontakt: Die Kinder der SS-Männer gingen dort in die Schule. Die Familien kannten sich aus dem Gasthaus oder auch von Freizeitaktivitäten, wie z. B. Fußballspielen, die direkt neben dem KZ stattfanden. Minilexikon Krematorium, das Emigrantin, die/ Emigrant, der Repräsentationslager, das = Anlage für die Verbrennung von Leichen = hier: in NS-Deutschland verfolgte und diskriminierte Auswandererinnen und Auswanderer, die nach NSDeutschland zurückkehren mussten, wurden nach 1935 inhaftiert = Lager, das der Bevölkerung bekannt war MUSTER
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