82 5.2 Ghettos – Konzentrationslager – Vernichtungslager Konzentrationslager Schon kurz nach der Machtübernahme Hitlers (1.4) wurde im bayerischen Dachau das erste Konzentrationslager (KZ) errichtet. Es diente von 1933 bis 1945 als Lager, in dem politische Gegner und Gegnerinnen und später auch verfolgte Minderheiten (Juden und Jüdinnen, Roma und Romnija, Sinti und Sintiza, Homosexuelle) inhaftiert wurden. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Gefängnissen wurden Häftlinge in den Konzentrationslagern schon vor der „Wannsee-Konferenz“ (5.1) willkürlich – also ohne gerichtliche Verurteilung – eingesperrt und ermordet. Das KZ Dachau war nur eines von vielen Konzentrationslagern. Das Lagersystem umfasste zahlreiche Nebenlager, in denen Tausende Gefangene unter grauenhaften Bedingungen eingesperrt und zur Arbeit gezwungen wurden. Viele Gefangene kamen dabei ums Leben oder wurden von den Aufseherinnen und Aufsehern zu Tode geprügelt oder erschossen. Ghettos Ab 1939 bestimmte das NS-Regime in zahlreichen besetzten Städten Osteuropas die Errichtung von Ghettos. Darunter verstand man Stadtviertel, in denen die jüdische Bevölkerung von nun an leben musste. Die Ghettos waren meist von den üblichen Stadtvierteln abgegrenzt oder durch Mauern getrennt. Ein sozialer oder wirtschaftlicher Austausch mit der übrigen Stadtbevölkerung konnte somit nicht mehr stattfinden. In den übervölkerten Ghettos selbst herrschten unmenschliche Bedingungen. Hunger und Epidemien konnten sich rasch verbreiten. Im Warschauer Ghetto lebten z. B. 30 % der Stadtbevölkerung auf nur 2,4 % des Stadtgebietes. Dennoch versuchten die Menschen sich das Leben im Ghetto so erträglich wie nur irgendwie möglich zu gestalten. Sie veranstalteten Diskussionsrunden, trafen sich zu Lesezirkeln oder musizierten miteinander. Bis zum Jahr 1942 starben Hunderttausende Juden und Jüdinnen in den Ghettos. Viele der Überlebenden wurden nach den Entscheidungen der „Wannsee-Konferenz“ in die Vernichtungslager deportiert . Vernichtungslager Um die Beschlüsse der „Wannsee-Konferenz“ möglichst effizient umzusetzen, wurden in den im Zuge des Krieges eroberten Gebieten Vernichtungslager errichtet. Juden und Jüdinnen wurden mit Viehwaggons aus Konzentrationslagern und Ghettos in die Vernichtungslager in Polen und Weißrussland gebracht, um dort systematisch durch Giftgas bzw. Erschießungen ermordet zu werden. Den nationalsozialistischen Verbrechen und Massenmorden fielen laut Schätzungen sechs Millionen Juden und Jüdinnen zum Opfer. Es handelt sich dabei um den größten Genozid in der Geschichte der Menschheit. Minilexikon deportieren = hier: verschleppen Abb. 1: Eine Gruppe Jüdinnen und Juden wird von der SS im Warschauer Ghetto abgeführt. Das Ghetto bewohnten ca. 445 000 Menschen. Foto, 1943. Aus dem Tagebuch von Chaim A. Kaplan, 17.11.1940: „Die Überfüllung und das Gedränge auf den Bürgersteigen sind wahrlich katastrophal. Das Geschubse und Gestoße provoziert aber keine verärgerten Reaktionen, auch sind sie nicht von einem schlichten ‚Entschuldigung‘ begleitet. Jeder weiß, dass es keine andere Möglichkeit gibt. In einer solchen Zeit umfassender Not hat keiner das Recht zu seinem Mitmenschen zu sagen: ‚Ich brauche mehr Platz!‘ Jeder teilt dasselbe Schicksal, jedes Gesicht ist von den traurigen Ergebnissen gekennzeichnet, die niemanden verschont haben. Derselbe Ausdruck stummen Entsetzens blickt dich aus jedem Gesicht an.“ Hartmann, Deborah (Hrsg.): Der Alltag im Warschauer Ghetto 1941, Jerusalem, Yad Vashem, The International School of Holocaust Studies 2007 S. 12 f. MUSTER
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