Denkmal 4 + E-Book

70 4.5 Europäische Wirtschaft und Politik nach 1989 Wendejahre Ähnlich wie die Jahre 476, 1066, 1492, 1517, 1789, 1917, 1939 oder 2001 wird auch das Jahr 1989 immer wieder als Wendepunkt in der Geschichte der Welt wahrgenommen. Wie du schon aus Kapitel 2.5 weißt, wurde mit dem Fall der Berliner Mauer und dem darauffolgenden Ende des Kalten Krieges eine neue Ära in der Geschichte eingeleitet. Systemkritik Ausgehend von Polen, Ungarn, Tschechien und der DDR formierten sich in den 1980er-Jahren Bewegungen, die sich gegen die Missstände im „Ostblock“ starkmachten. Fehlende politische Freiheit, eingeschränkte Reisemöglichkeiten, Benachteiligung von Minderheiten, Missachtung der Menschenrechte oder die schlechte Wirtschaftslage ließen die Kritik am kommunistischen System immer lauter werden. Diese Kritik und die Politik Gorbatschows, der 1985 die Macht in der Sowjetunion übernommen hatte, führten schließlich zu ihrem Zerfall und zum politischen Machtwechsel in den kommunistisch geprägten Staaten. Gorbatschow hatte unter den Schlagworten „Perestroika“ (Umbau) und „Glasnost“ (Offenheit) ein Reformprogramm begonnen, das das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche System der Sowjetunion modernisieren und demokratisieren sollte. Außenpolitisch verfolgte er einen Kurs der Entspannung und Abrüstung gegenüber den USA. Neuerungen auf beiden Seiten des „Vorhangs“ Durch den Fall des „Eisernen Vorhangs“ hat sich aber nicht nur das Leben für die Menschen „hinter“ dem Vorhang entscheidend verändert. Nach 1989 wurde auch die stärkere Zusammenarbeit der westlichen europäischen Länder mit den zuvor abgeschotteten östlichen Nachbarländern möglich. Auf die wirtschaftliche folgte bald die politische Zusammenarbeit, und viele der Länder des ehemaligen „Ostblocks“ strebten danach, Teil der EU zu werden. Der Weg in die EU In den Jahrzehnten sowjetischer Herrschaft waren diese Länder landwirtschaftlich geprägte und strukturschwache Regionen geblieben. Um die notwendige Modernisierung einzuleiten, hat die EU mit den „Kopenhagener Beitrittskriterien“ im Jahr 1993 einige wichtige Punkte für einen EU-Beitritt vorgegeben. Dazu zählten in erster Linie die Wahrung eines demokratischen Rechtsstaates, die Sicherstellung der Menschenrechte und der Schutz von Minderheiten. Zu den wirtschaftlichen Kriterien gehörte eine funktionierende Marktwirtschaft. Das heißt, dass sich die Märkte verändern und den westlichen Standards angleichen mussten. Das beinhaltete tiefe Veränderungen wie die Abschaffung von Planwirtschaft und der staatlichen Kontrolle. Die „Osterweiterung“ wird Realität Im Dezember 2002 wurde der Entschluss gefasst, die EU stark zu vergrößern. Die EU wollte ihre neuen Mitglieder wirtschaftlich stärken, um militärische Auseinandersetzungen zu vermeiden und mögliche Migrationsströme aus Osteuropa zu lenken. Nach erfolgreichen Verhandlungen und positiven Volksabstimmungen in den jeweiligen Ländern traten schließlich – neben Malta, Zypern und Slowenien – die vormals kommunistisch geprägten Länder Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn 2004 der EU bei. Seit 2007 sind auch Rumänien und Bulgarien, die ebenso dem „Ostblock“ angehört hatten, EU-Mitglieder. Minilexikon strukturschwach = Region mit wenigen Arbeitsplätzen, veralteter Industrie folgt Abb. 1: Die Außenminister von Österreich und Ungarn, Alois Mock und Gyula Horn, durchschneiden den „Eisernen Vorhang“. Foto, Juni 1989. MUSTER

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