62 4.1 Nach 1945: Europa wächst zusammen Aus Fehlern lernen Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges standen die europäischen Staaten vor einer großen Herausforderung: Sie durften die Fehler, die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges begangen worden waren, nicht wiederholen. Damals wurden den Verliererstaaten, allen voran Deutschland und Österreich, harte Friedensbedingungen aufgezwungen (1.1). Diese Nachkriegsordnung war Grundlage für die Radikalisierung der Bevölkerung in den 1920er- und 1930er-Jahren. Die Industrie als verbindender Faktor Besonders in Frankreich war die Angst vor einem Deutschland, das erneut eine Bedrohung werden könnte, groß. Anders als nach dem Ersten Weltkrieg sollte die Bundesrepublik Deutschland (BRD) deshalb Teil eines neuen, gemeinsamen Friedenskonzeptes sein. Der französische Außenminister Robert Schuman schlug 1950, fünf Jahre nach dem Ende des Krieges, eine „Montanunion“ vor. In dieser Union sollten die deutsche und die französische Schwerindustrie, also die Kohle- und Stahlindustrie beider Länder, gemeinsam verwaltet werden. Zu jener Zeit war Kohle der wichtigste Energieträger, vergleichbar mit Erdöl und Erdgas heute. Stahl war neben anderen Baumaterialien notwendig, um die zerstörten Städte nach dem Krieg wiederaufzubauen. Außerdem sind Kohle und Stahl die Grundlage für die Rüstungsproduktion. Abb. 1: „Sinnvolle Demontage“, Karikatur zur wirtschaftlichen und politischen Bedeutung des Schuman-Plans, Beuth 1950. Frieden als eigentliches Ziel Die BRD erkannte die Chance, sich auf diesem Weg mit den anderen europäischen Ländern auszusöhnen, und nahm den Vorschlag an. Auch andere Länder waren eingeladen, in dieser Union mitzumachen, daher schlossen sich auch Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg der Gemeinschaft an. 1951 wurde die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet. Durch sie wurde für die Mitgliedsländer der Handel mit Kohle und Stahl ohne Zölle möglich. Durch die engen wirtschaftlichen Kontakte sollte das Hauptziel der EGKS erreicht werden: Frieden unter den Mitgliedstaaten. Europa wächst zusammen Durch die Gründung der EGKS wurde der Grundstein für die europäische Vereinigung gelegt. Im Jahr 1957 wurden die „Römischen Verträge“ unterzeichnet. Darin wurden die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gegründet. Die EWG ermöglichte einen gemeinsamen Markt ohne Zölle und den freien Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr . Im EURATOM-Vertrag einigten sich die EGKS-Staaten darauf, die Nukleartechnik gemeinsam voranzutreiben. Durch Zusammenarbeit und gegenseitige Kontrolle wurde damit ein weiteres Instrument zur Sicherung des Friedens geschaffen. Von der Gemeinschaft zur Union 1967 wurde aus EGKS, EWG und EURATOM die Europäische Gemeinschaft (EG). Zu dieser EG, der direkten Vorläuferin der heutigen EU, traten im Zuge der „Norderweiterung“ 1973 Großbritannien, Irland und Dänemark bei. In den 1980er-Jahren gab es zwei „Süderweiterungen“: Griechenland (1981), Spanien und Portugal (1986) wurden als neue Mitglieder begrüßt. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde im Jahr 1992 die Europäische Union (EU) gegründet. In diesem Vertrag einigten sich die Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf die Einführung einer gemeinsamen Währung. Minilexikon Kapitalverkehr, der Binnenmarkt, der = Gesamtheit aller finanziellen Transaktionen = Markt innerhalb der Grenzen eines Staates MUSTER
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