50 Die Zweite Republik Die Zweite Republik Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Republik Österreich als eigenständiger Staat wiedererrichtet. Die Voraussetzung dafür war ein Beschluss der Alliierten, die sogenannte „Moskauer Deklaration“ von 1943. In diesem Text wurde festgehalten, dass die USA, Großbritannien und die Sowjetunion für diese Wiederrichtung waren. Obwohl viele Österreicherinnen und Österreicher für den „Anschluss“ an den Nationalsozialismus gewesen waren, wurde das Land als erstes Opfer (S. 52) der NS-Eroberungspolitik bezeichnet. In den ersten zehn Jahren dieser Zweiten Republik war das Land aber nur teilweise eigenständig. Es war in vier Besatzungszonen aufgeteilt, und die Siegermächte überwachten das öffentliche Leben in Österreich. Der „Alliierte Rat“ musste allen Beschlüssen der österreichischen Regierung zustimmen, damit diese gültig waren. Allerdings unterstützten die westlichen Alliierten Österreich wirtschaftlich mit Hilfsprogrammen (z. B. dem „Marshallplan“ ab 1948, 2.1), um die Wirtschaft in dem zerstörten Land wieder aufbauen zu können und eine zukünftige Unabhängigkeit und wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Die Konsensdemokratie Die absolute Selbstständigkeit wurde erst mit dem Staatsvertrag erlangt, den Österreich am 15. Mai 1955 mit den vier Besatzungsmächten unterzeichnete. Darin wurde erneut ein Anschlussverbot an Deutschland festgelegt. Österreich hat sich zu einer demokratischen, antifaschistischen Politik verpflichtet. Ab 1945 regierten die vorher verfeindeten Lager – die Sozialdemokratie (jetzt SPÖ) und die Christlichsozialen (jetzt ÖVP) – das Land noch mit der KPÖ. Von 1947 bis 1966 regierte dann die „Große Koalition“ (SPÖ und ÖVP). Wichtig war dabei die Herstellung von Kompromissen, mit denen beide leben konnten: Der Konsens wurde über den Konflikt (3.2) gestellt. Nur so war es möglich, Entscheidungen zu treffen. Das gemeinsame Regieren führte aber auch dazu, dass sich die beiden Parteien „das Land aufteilten“. Wichtige Ämter und öffentliche Posten, wie z. B. Führungspositionen bei den ÖBB und der Österreichischen Nationalbank wurden entweder mit einem/r „Roten“ (SPÖ) oder mit einem/r „Schwarzen“ (ÖVP) besetzt. Wer keiner der Parteien angehörte, wurde somit oft übergangen, wenn es um wichtige Posten ging. folgt Abb. 1: Außenminister Leopold Figl präsentiert am Balkon des „Schloss Belvedere“ in Wien den Staatsvertrag. Foto, 15.05.1955. Das Wirtschaftswunder Durch die „Große Koalition“ und die Sozialpartnerschaft war Österreich politisch stabil. Die Wirtschaft konnte sich gut entwickeln. Die Unterstützung der westlichen Alliierten durch den „Marshallplan“ (offiziell: „European Recovery Program“) war die Basis dafür. Bereits Mitte der 1950er-Jahre war die österreichische Wirtschaftsleistung schon so gut, dass sich die Menschen wieder mehr leisten konnten (Autos, erste Urlaubsreisen). Banken, Industriebetriebe und Elektrizitätswerke wurden verstaatlicht, also in den Besitz der Republik übernommen. Das sicherte dem Staat wirtschaftlichen Einfluss und der Bevölkerung Arbeitsplätze. Die „Verstaatlichte Industrie“ war bis in die 1980er-Jahre ein sehr wichtiger Bestandteil der österreichischen Wirtschaftsleistung. Noch heute gehören Teile der OMV, der Post oder der Telekom Austria dem Staat. Minilexikon Deklaration, die Konsens, der = öffentliche Festlegung = Übereinstimmung Mehr dazu … Ton- und Bildmaterial zu den ersten Jahren der Zweiten Republik: https:// www.mediathek.at/staatsvertrag/ (13.08.2019) 3.4 MUSTER
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