48 3.3 Vom Austrofaschismus zum „Anschluss“ Das Ende der Demokratie Am 9. November 1930 fanden in Österreich die letzten freien Wahlen bis 1945 statt. Die SD erhielten die meisten Stimmen, traten aber nicht in die Regierung ein. Diese wurde wieder von den CS gebildet, da diese mit ihren verbündeten Parteien die Mehrheit stellten. Die Weltwirtschaftskrise hatte die österreichische Wirtschaft voll erfasst: 1933 waren 557 000 Menschen arbeitslos. Das heißt, jede/r vierte Arbeitsfähige war ohne Beschäftigung. In dieser Situation nutzte Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (Abb. 1) eine Abstimmungspanne im Nationalrat, um das Parlament auszuschalten und in Österreich eine Diktatur zu errichten. Am 4. März 1933 fand die letzte reguläre Sitzung des Nationalrates statt. Das Land wurde von nun an mit Notverordnungen (ohne Parlament) regiert. Bald darauf wurden der Republikanische Schutzbund, die Kommunistische Partei sowie die österreichische NSDAP verboten. Die CS gründeten die „Vaterländische Front“ als österreichischnationale Sammelbewegung. Sie war ab 1934 die einzige legale Partei im „Ständestaat“, wie das Dollfuß-Regime das System bezeichnete. Abb. 1: Dollfuß bei einer Rede. Auf den Fahnen ist das Kruckenkreuz, das Symbol der austrofaschistischen „Vaterländischen Front“, zu sehen. Foto, 1933. Der Austrofaschismus Im Februar 1934 kam es zu einem bewaffneten Aufstand von Teilen der SD und des verbotenen Schutzbundes gegen den langsamen Aufbau einer Diktatur von Dollfuß. Der Aufstand fand hauptsächlich in Linz, Teilen der Steiermark und Wien statt. Er wurde vom 12. bis 15. Februar von Bundesheer, Polizei und Heimwehren blutig beendet. Bei den Kämpfen gab es über 350 Tote. Als Folge der Februarkämpfe wurden die Sozialdemokratische Partei und alle ihre Organisationen verboten. Österreich war damit zu einem Einparteienstaat geworden. Er erhielt eine neue, autoritäre Verfassung ohne freie Wahlen. Der Verfassungsgerichtshof wurde ausgeschaltet, Presse- und Meinungsfreiheit weiter unterbunden. Österreich wird zur „Ostmark“ Am 25. Juli 1934 versuchten die österreichischen Nationalsozialisten, die Macht gewaltsam an sich zu reißen. Der Putsch misslang, aber Dollfuß wurde getötet. Daraufhin wurde Kurt Schuschnigg der neue Bundeskanzler. Er ging den diktatorischen Weg weiter und wollte den Einfluss von Hitler schwächen, hatte damit jedoch keinen Erfolg. Im Juliabkommen (1936) mit dem Deutschen Reich wurde Österreich als souveräner Staat anerkannt. Die Außenpolitik musste es aber mit der deutschen Regierung abstimmen. Die Zustimmung zum Nationalsozialismus stieg innerhalb der Bevölkerung immer weiter an. Während die Führung der Vaterländischen Front weiterhin für die Unabhängigkeit Österreichs eintrat, bereiteten sich die illegalen NS-Anhängerinnen und -Anhänger bereits auf den „Anschluss“ vor. Am 12. März 1938 marschierten deutsche Truppen in Österreich ein. Österreich verschwand für sieben Jahre von den Landkarten und wurde als „Ostmark“ ein Teil des Großdeutschen Reiches. Erst am 27. April 1945 wurde die Zweite Republik Österreich ausgerufen. Minilexikon Abstimmungspanne, die Putsch, der SA, die = schiefgegangene Abstimmung im Parlament = gewaltsamer Umsturz = Abkürzung für Sturmabwehr, uniformierte Kampftruppe der NSDAP Mehr dazu … Unter diesem Link findest du detaillierte Informationen zum Bürgerkrieg 1934: http://12februar1934.at/de/ (13.11.2020) Ein Roman über die 13-jährige Johanna in den 1930erJahren in einem niederösterreichischen Dorf: Welsh, Renate: Johanna. Hamburg: Rowohlt 2010. MUSTER
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