Denkmal 4 + E-Book

98 Identität braucht Erinnerung Geschichte und Selbstbild Woran sich die Öffentlichkeit erinnert und was sie lieber vergisst, formt die Identität einer Gesellschaft. Der Umgang mit der eigenen Vergangenheit erzählt sehr viel über das Selbstbild eines Staates. Vor allem der Umgang mit den eigenen Verbrechen zeigt, wie ehrlich sich ein Land mit seiner Geschichte befasst. Erst wenn Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, eingestanden werden, kann eine positive Erinnerungskultur entstehen. folgt Abb. 1: Aufbau des Denkmals „Massiv der Namen“ in Maly Trostinec, Weißrussland. Foto, 2019. Daran, wie in der Öffentlichkeit (in den Medien, bei Veranstaltungen, im Parlament) über vergangene Ereignisse geurteilt wird, kann man deren Bedeutung für die jeweilige Gesellschaft ablesen. Dabei kann es auch zu einer Beschönigung der Vergangenheit kommen: Österreich ist zwar eine Demokratie, trotzdem wird über die habsburgische Monarchie überwiegend positiv gesprochen. Erinnern im öffentlichen Raum Der Umgang mit der eigenen Vergangenheit spiegelt sich auch im öffentlichen Raum wider. Durch die Benennung von Straßen, Plätzen oder Parks können Gemeinden sehr bewusst an historische Personen oder Ereignisse erinnern. Auch die Aufstellung von Denkmälern oder Erinnerungstafeln ist ein Mittel, den öffentlichen Raum für die offizielle Erinnerung zu verwenden. Das Bundeskanzleramt berichtet von der Einweihung des Denkmals „Massiv der Namen“ 2019 in Maly Trostinec, Weißrussland: „Erinnerung an Shoah-Opfer hochhalten“ „‚Maly Trostinec ist der Name eines Ortes, den wir nicht vergessen dürfen‘, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am Donnerstag anlässlich der Einweihung des Denkmals ‚Massiv der Namen‘ im NS-Vernichtungslager Maly Trostinec zu Ehren der österreichischen Opfer der Shoah in Weißrussland. […] Das Mahnmal ‚Massiv der Namen‘ solle nun dazu dienen, zumindest die Erinnerung an die Getöteten hochzuhalten. […] Bereits vor seiner Abreise erklärte Sebastian Kurz, dass Maly Trostinec neben Auschwitz als jener Ort mit ‚den meisten österreichischen Shoah-Opfern‘ gelte. […] Das Denkmal ‚Massiv der Namen‘ ist das erste nationale Mahnmal auf dem Gelände. ‚Damit setzt Österreich nach dem Gedenkjahr ein weiteres Zeichen, um seiner historischen Verantwortung für diese unfassbaren Gräueltaten nachzukommen.‘“ https://www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/ nachrichten-der-bundesregierung/2019/bundeskanzler-kurzbesucht-weissrussland.html (16.04.2021). Erinnern durch politische Maßnahmen Politikerinnen und Politiker können also Einfluss darauf nehmen, woran und wie sich die Öffentlichkeit erinnert. In Österreich ist es z. B. seit 1945 verboten, den Nationalsozialismus öffentlich zu verherrlichen, NS-Symbole wie das Hakenkreuz zu verwenden oder den Holocaust zu leugnen. Dieses Gesetz heißt „Verbotsgesetz“. Erinnern in öffentlichen Debatten Ein wichtiger Punkt ist auch, wie sich die offiziellen Vertreterinnen und Vertreter eines Landes zur Vergangenheit äußern, weil sie dabei nicht nur für sich selbst, sondern für das ganze Land sprechen. Sie können zudem Steuergeld zur Finanzierung von geschichtlichen Ausstellungen, Forschungs- oder Buchprojekten freigeben. 6.1 MUSTER

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