50 3.2 Aufgeklärter Absolutismus Die europäischen Herrscherinnen und Herrscher standen der Aufklärung kritisch gegenüber. Die Ideen der Aufklärung widersprachen ihrem absolutistischen Herrschaftsanspruch. Später erkannten sie den Nutzen der Ideen der Aufklärung. Sie bemerkten, dass sie von einer gebildeten Bevölkerung profitieren konnten und der wissenschaftliche Fortschritt auch dem Staat zugutekam. So ist die Unterrichtspflicht, die 1774 eingeführt wurde und bis heute für alle Kinder in Österreich gilt, eine der wichtigsten Folgen der Aufklärung. Einige Herrscherinnen und Herrscher reformierten auch ihre Staatsführung. Der Staat sollte sparen und effizienter werden. Die prunkvolle Hofhaltung machte einer eher nüchternen Platz. Der preußische König Friedrich II. nannte sich selbst „Erster Diener des Volkes“. Das ist ein klarer Gegensatz zum Ausspruch „Der Staat bin ich“ von Ludwig XIV. (s. 2.1). Weitere Reformen waren die Abschaffung der Folter, die Entwicklung eines für alle gleich geltenden Gesetzesbuches sowie die Anerkennung der verschiedenen Religionsbekenntnisse. 1793 wurde die letzte wegen Hexerei verurteilte Frau in Posen hingerichtet. Auch die Leibeigenschaft wurde schrittweise in Europa abgeschafft. Die Forderung nach Gleichheit und politischer Mitbestimmung der gesamten Bevölkerung blieb aber vorerst unerfüllt. Kaiser Joseph II. wird der Leitspruch „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“ zugeschrieben. Er sagt viel über sein Denken aus. Aufklärung: ja, aber Beendigung des Absolutismus: nein. Er hob die Leibeigenschaft der Bauern auf, förderte die Gründung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien und reformierte die Strafgesetzgebung. Das Politik-Lexikon für junge Leute erklärt den Begriff „Reform“ so: „Das lateinische Wort reformare heißt auf Deutsch umgestalten oder verwandeln. Reform ist also eine Um- oder Neugestaltung. Reformen sind immer dann notwendig, wenn bestimmte Strukturen, Organisationen oder Regelungen nicht mehr zeitgemäß sind und die gewünschten Ergebnisse nicht mehr erzielt werden.“ http://www.politik-lexikon.at/reform (08.04.2020). Revolutionen verändern die Welt Die geforderten Reformen wurden nur teilweise durchgesetzt. Der aufklärerische Wunsch nach Freiheit und Gleichheit aller Menschen blieb noch unerfüllt. Die Bevölkerung erhöhte den Druck auf die Herrschenden, politisch mitbestimmen zu dürfen. Wurde dieser Druck zu hoch, konnte er sich in einem gewaltsamen Umbruch des Systems entladen: in einer Revolution. In den englischen Kolonien in Nordamerika, in Frankreich und schließlich in ganz Europa kam es ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu solchen Revolutionen. Abb. 1: Eine überlieferte Geschichte aus dem Leben Josephs II. Er führt den Pflug eines tschechischen Bauern; Postkarte nach einem Gemälde von Richard Assmann, 1765. Minilexikon effizient nüchtern = mit wenig Aufwand möglichst viel erreichen = hier: nicht prunkvoll D Von der Aufklärung zur Revolution MUSTER
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==