34 2.5 Die Staaten Europas zu Beginn des 16. Jahrhunderts Im Mittelalter gab es meist Personenverbandsstaaten. In solchen Staaten herrschten Adelige, die auf Burgen lebten, über ihre Gebiete. Ihre Untertanen waren von ihnen abhängig. Sie mussten Dienste und Abgaben leisten. Im Personenverbandsstaat gründete sich die Herrschaft also auf Abhängigkeit. In der frühen Neuzeit änderte sich das. Viele westeuropäische Länder, wie z. B. Spanien, Frankreich und England, entwickelten sich zu Flächenstaaten. Sie wurden von Monarchinnen und Monarchen beherrscht. Der Flächenstaat besteht aus einem zusammenhängenden Gebiet. Es wird durch öffentliche Einrichtungen verwaltet. Dazu gehörten Beamte, die die Gesetze ausführten, Steuern einhoben und das Militär organisierten. In Osteuropa gab es zu dieser Zeit Reiche, die es heute in dieser Form nicht mehr gibt. Das Königreich Polen war mit dem Großfürstentum Litauen verbunden und sehr mächtig. Weiter im Osten regierten Zaren das russische Großreich. Auf dem Gebiet des heutigen Italien wurde eine Vielzahl von Herzogtümern, (Stadt-) Republiken und Königreichen von verschiedenen mächtigen Personen oder Gruppen, z. B. reichen Familien wie den Medici, beherrscht. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation Im Zentrum Europas befand sich das Heilige Römische Reich Deutscher Nation . Im Gegensatz zu den Flächenstaaten im Westen setzte sich das Heilige Römische Reich aus einem Verband von Gebieten zusammen, die relativ selbstständig waren. Sie wurden zum Beispiel von Kurfürsten regiert. Der Kaiser war auf ihre militärische und finanzielle Unterstützung angewiesen, da er weder Steuern einheben noch Truppen einberufen durfte. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war das größte und mächtigste Imperium des Kontinents. Dies war zumindest die Vorstellung der römischdeutschen Kaiser, die ihr Reich als von Gott gewollt sahen. Sie sahen sich als alleinige Herrscher über die gesamte Christenheit. Dies stimmte aber nicht mit der Realität überein. Religionskonflikte Die Religionskonflikte im 16. Jh. führten auch zu Konflikten zwischen Kaiser und Fürsten. Luthers Ideen (s. 1.2) wurden an vielen Orten als Erneuerung des Glaubens (Reformation) gefeiert. Viele Fürsten erklärten sich zu Schutzherrn der Reformation. Sie entmachteten die offizielle Kirche in ihren Ländereien, lösten Klöster auf und beschlagnahmten deren Besitz. Es kam auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken. 1555 wurde vereinbart, dass die deutschen Fürsten über die Religion ihrer Untertanen entscheiden konnten. Dieser „Augsburger Religionsfrieden“ war aber nur eine Art Waffenstillstand. Die Glaubensspaltung im Reich war nun besiegelt und die Auseinandersetzung der beiden Bekenntnisse sollte noch weitere hundert Jahre andauern. Kaiser Karl V. hatte sein Ziel, die Einheit des Christentums zu bewahren, verfehlt und dankte 1556 ab. Der protestantische Glaube breitete sich auch in anderen Ländern aus. Schweden wurde 1531 protestantisch, fünf Jahre später Dänemark, zu dem auch Norwegen gehörte. 1534 beschlossen die englischen Bischöfe, den König von England zum Oberhaupt der Kirche in England zu machen. Auch Teile der Niederlande, der Schweiz und Frankreichs wurden protestantisch. Aus dem Augsburger Religionsfrieden: 1. In jeder Region soll nur ein Glaube herrschen, den der Landesherr frei bestimmen darf. 2. Die Untertanen mussten dem Glauben des Landesherrn folgen. Sie durften aber aus der Region auswandern. 3. In den Reichsstädten durften Angehörige verschiedener Glaubensrichtungen nebeneinander leben. vgl. Eder: Kirchengeschichte, S. 156 f. Minilexikon Heilige Römische Reich Deutscher Nation, das = Gebiet in der Mitte Europas. Es folgte auf das Fränkische Reich und war ein Vorläufer des heutigen Deutschland. Auch Teile der Schweiz und Österreichs gehörten dazu. Kurfürst, der = einer der sieben (später zehn) höchsten Fürsten, die den König des Heiligen Römischen Reiches wählen dürfen Europa in der frühen Neuzeit MUSTER
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