112 6.2 Migration oder Flucht? Es ist wichtig, zu unterscheiden, ob Menschen freiwillig oder unfreiwillig ihre Heimat verlassen. Tun sie dies freiwillig, migrieren sie. Werden sie dazu gezwungen, müssen sie flüchten. Das Völkerrecht definiert, dass Migranten aus persönlichem Wunsch bessere Lebensbedingungen suchen und Flüchtlinge durch äußere Einflüsse wie Krieg oder Verfolgung ihren Wohnort verlassen müssen. Push and Pull Menschen haben verschiedene Gründe, warum sie ihre Heimat verlassen. Diese nennt man PushFaktoren. Sie „drücken“ die Menschen aus ihrem Land hinaus (Hunger, Armut, Krieg oder Verfolgung). Das Gegenteil sind Pull-Faktoren. Das sind jene Gründe, die Menschen in ein Land „hineinziehen“ (Frieden, Arbeitsplätze, Wohlstand, Menschenrechte oder bestehende Communitys von Migrantinnen und Migranten). Durch die Abwanderung verlieren die Herkunftsländer wichtige Bevölkerungsgruppen. Oft verlassen Junge, Motivierte und besser Gebildete ihre Heimat, um ein neues Leben zu beginnen. Diese Menschen fehlen dann am Arbeitsmarkt. Zurück bleiben jene, die zu alt, schwach oder arm sind, um die lange Reise auf sich zu nehmen. In den Zielländern stehen die Neuankommenden vor großen Herausforderungen. Sie beherrschen die Sprache nicht. Bildungsabschlüsse werden nicht schnell genug oder gar nicht anerkannt. Dadurch können viele nicht in ihren Berufen arbeiten. Zudem müssen sie sich in einem Land mit ganz anderen Regeln und Traditionen zurechtfinden. Viele Geflüchtete oder Migrierte stoßen auf Vorurteile oder Rassismus in der ansässigen Bevölkerung. Diese fürchtet um den eigenen Wohlstand (z. B. weniger Wohnraum und Arbeitsplätze). Das führt zu gesellschaftlichen Spannungen. Sehnsucht nach Österreich In den letzten Jahrzehnten war Österreich ein sehr beliebtes Einwanderungsland. Menschen aus aller Welt kamen hierher. Die stabile politische Lage, die Chance auf Arbeit, die Religionsfreiheit und der Frieden wirkten für viele Menschen anziehend. Diese Pull-Faktoren führten dazu, dass mehr Menschen nach Österreich gekommen sind als von hier migrierten. Die Bevölkerung des Landes ist damit deutlich angewachsen. 2023 lebten in Österreich durchschnittlich ca. 2,45 Mio. Menschen „mit Migrationshintergrund“. Sie sind entweder selbst im Ausland geboren oder haben zumindest einen im Ausland geborenen Elternteil. Die größte Gruppe der in Österreich lebenden ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger kommt heute aus Deutschland. Am 1. Jänner 2024 lebten 232700 Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft in Österreich. Danach folgten 153400 Rumäninnen und Rumänen sowie 124100 Türkinnen und Türken. Mit 122200 Personen bildeten auch die serbischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger eine große Gruppe sowie die etwa 107300 Ungarinnen und Ungarn. Die meisten Flüchtlinge kamen aus Syrien (95180) und der Ukraine (80 665) nach Österreich (Stand: 1. Jänner 2024). Stadt und Land Die meisten Zuwandererinnen und Zuwanderer lassen sich in Ballungsräumen nieder. Das sind Gebiete, in denen viele Menschen auf engem Raum zusammenleben. In den ländlichen Regionen Österreichs wohnen deutlich weniger Migrantinnen und Migranten. Sie bevorzugen Städte wie Wien, Graz und Linz. Städte bieten mehr Wohnraum und Arbeitsmöglichkeiten. Die Infrastruktur ist besser. Es gibt z. B. mehr Schulen, Krankenhäuser und Einkaufseinrichtungen in erreichbarer Nähe, eine bessere Internetversorgung sowie einen guten öffentlichen Nahverkehr. In ländlichen Regionen ist es oft nur möglich, Ziele mit dem Auto zu erreichen. Minilexikon Infrastruktur, die = Einrichtungen, die dafür sorgen, dass die Wirtschaft und das Leben in einer Gesellschaft funktionieren Abb. 1: Das Bild zeigt Flüchtlinge, die in einem Flüchtlingslager in Idomeni (Griechenland) auf die Weiterreise warten; Foto von Giannis Papanikos, 2016. Gründe für Migration MUSTER
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