Denkmal 3, 2025 + E-Book

110 6.1 Migration oder Wanderung? Bis ins 20. Jh. nannte man Migrationsbewegungen „Wanderungen“ oder „Völkerwanderungen“. Diese Begriffe haben jedoch wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Eine Wanderung klingt eher nach Freizeit und Vergnügen. Bei Wanderungen kehrt man wieder an den Ausgangsort zurück. „Migration“ ist aber keine Vergnügungsreise. Migration meint eine endgültige oder zumindest langfristige Verlagerung des Wohnortes oder des Lebensmittelpunktes. Außerdem migrieren viele Menschen nicht freiwillig. Die ersten Migrationsbewegungen In den letzten Jahrzehnten haben Forscherinnen und Forscher immer neue Spuren der Vergangenheit, wie Skelette oder Werkzeuge, gefunden. Durch diese Funde konnte man den Beginn der Menschheitsgeschichte immer genauer definieren. Heute gilt es als gesichert, dass die Evolution des Menschen vor ungefähr zwei Millionen Jahren in Afrika begann. Diese Theorie heißt auch Out of Africa. Die ersten Menschen sind von Afrika in den Rest der Welt emigriert – also ausgewandert. Gründe für „Out of Africa“ Die genauen Gründe für diese frühen Migrationsbewegungen sind allerdings unklar. Die Menschen lebten bis zur Jungsteinzeit als Nomaden, also bis vor ungefähr 12 000 Jahren. Sie waren nicht sesshaft, das ständige Wechseln des Wohnortes gehörte zu ihrer natürlichen Lebensweise, dem Nomadentum. Auch heute gibt es vor allem in Teilen Afrikas und in der Mongolei noch Völker, die als Nomaden leben. Die Urmenschen mussten oft aufgrund von Klimaveränderungen, dem Mangel an Wohnraum, oder dem Mangel an Nahrung ihr Gebiet verlassen. Manchmal suchten sich die Menschen einen neuen Wohnort aus Wanderlust oder reiner Neugier. Sie sind in die neuen Gebiete eingewandert, also immigriert. Die Migration der Kelten in Europa In Mitteleuropa hat sich ab der späten Bronzezeit (ca. 1200–750 v. Chr.) das Volk der Kelten entwickelt. In der Hallstattzeit (ca. 750–450 v. Chr.) haben die Kelten ihre Wohnorte verlegt und sich dabei nach Frankreich und auf die Iberische Halbinsel ausgebreitet. Mithilfe von Eisenwaffen konnten die Kelten fremde Völker unterwerfen und ihr Siedlungsgebiet ausdehnen. Im 1. Jh. v. Chr. wurden die Kelten von der römischen Armee und den Germanen besiegt. Die Kelten verschmolzen zuerst mit den eroberten Völkern und später mit Römern und Germanen. Die „Völkerwanderung“ In der späten Antike, ungefähr ab dem 4. Jh. n. Chr., bewegten sich viele Völker durch Europa. Diese, später als „Völkerwanderung“ bezeichneten Bewegungen waren ein Mitgrund für den Untergang des Römischen Reiches. Ab dem 6. Jh. breiteten sich slawische Stämme in Osteuropa aus. Im heutigen Russland vermischten sie sich mit den Wikingern, die sie „Rus“ nannten. Weiter westlich findet man heute z. B. die Länder Polen, Tschechien, Slowenien, Kroatien, Serbien und die Ukraine. In all diesen Ländern werden slawische Sprachen gesprochen. Im Osten des heutigen Österreichs siedelten sich im 10. Jh. die Magyaren an. Sie bewegten sich ursprünglich zwischen den Flüssen Wolga und Ural. Als Nomaden waren sie zuvor nicht sesshaft gewesen. Die Magyaren fanden im heutigen Ungarn ihre Heimat. Sie wurden zuvor vom römisch-deutschen Kaiser Otto I. in der Schlacht am Lechfeld im Jahr 955 besiegt und an einer weiteren Ausbreitung gehindert. Abb. 1: Eine mongolische Familie vor ihrem Zelt, Foto 2008. Frühe Migration MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==