100 Gegenseitige Abhängigkeit Im Mittelalter war in Europa die Macht zwischen dem Kaiser und dem Papst aufgeteilt. „Kaiser“ war der höchste weltliche Titel. Er stand sogar über den Königen. Der Papst war der geistliche Herrscher. Sie versuchten beide, möglichst viel Einfluss auf die Menschen zu haben. Der Papst ernannte den Kaiser. Im Gegenzug schützte der Kaiser den Papst. Der Investiturstreit Der Kaiser stiftete in seinem Herrschaftsgebiet Klöster, Kirchen und Bistümer . Daher wollte er die Personen aussuchen, die er zu Bischöfen, Äbten und Priestern machte. Diesen Vorgang nennt man Investitur. Der Kaiser bestimmte also, wer in der Kirche ein Amt übernahm. Deshalb verlor der Papst an Einfluss. Papst Gregor VII. wollte die Ämter in der Kirche selbst bestimmen. So kam es ab 1075 zu einem Streit zwischen Kaiser und Papst. Diesen Streit nennt man Investiturstreit. Der Papst erließ Leitsätze, um die Macht Heinrichs IV. einzudämmen: „Dass die römische Kirche vom Herrn allein gegründet worden ist. Dass allein der römische Papst mit Recht universal genannt wird. Dass er allein Bischöfe absetzen und wieder einsetzen kann. […] Dass der Papst Abwesende absetzen kann.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Dictatus_Papae (15.03.2024) Heinrich IV. erklärte den Papst schließlich als abgesetzt. Deshalb schloss Gregor VII. den Kaiser Heinrich IV. aus der katholischen Kirche aus. Der Gang nach Canossa Die Menschen im Mittelalter waren sehr gläubig. Ein Kaiser musste deshalb Mitglied der Kirche sein. Aber Heinrich IV. war nun vogelfrei. Das bedeutete, dass er keine Rechte hatte und von jedem legal getötet werden durfte. Heinrich IV. musste also versuchen, dass ihn Gregor VII. wieder in die Kirche aufnahm. Dafür musste er auf die Forderungen des Papstes eingehen: Er musste beim Papst Buße tun . Deshalb ging er 1076–1077 zur Burg Canossa, wo Gregor auf ihn wartete. Der Papst machte Heinrich IV. wieder zu einem Mitglied der Kirche. Abb. 1: Heidelberger Sachsenspiegel, Buchmalerei um 1300/1315 Wormser Konkordat Der Kampf zwischen König und Papst war damit aber noch nicht zu Ende. Auch nach dem Tod von Heinrich und Gregor gab es Konflikte. „Wormser Konkordat“ ist der Name für einen Vertrag im Jahre 1122. Mit ihm war die Macht zwischen König und Papst gerecht aufgeteilt. Der König durfte keine Bischöfe mehr bestimmen. Er durfte aber bei der Bischofswahl dabei sein und Einfluss auf die Wahl ausüben. Das Wormser Konkordat beendete den Investiturstreit. Minilexikon Bistum, das Buße tun legal stiften Worms = Verwaltungsbezirk der Kirche = hier: Ausgleich für ein Vergehen gegen Gott = gesetzlich erlaubt = spenden, schenken = eine Stadt in Deutschland 5.5 Kaiser und Papst MUSTER
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