64 Das Zeitalter der Industrialisierung 4 14. Die mangelnde Gleichstellung von Frauen und Männern wurde bereits im 19. Jahrhundert kritisiert. Damit befasst sich auch der Zeitungsartikel aus dem Jahr 1894 (oben). Fasse den Inhalt des Artikels in eigenen Worten zusammen. 15. Ermittle anhand des Zeitungsartikels, ob die jeweilige Aussage wahr oder falsch ist. Aussage wahr falsch Der Text wurde im 19. Jahrhundert verfasst. Der Text beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Situation von Frauen in Innsbruck im Jahr 1894. 211.474 Frauen arbeiten im Erscheinungsjahr des Textes in Wien. Weniger als 50 % der weiblichen Bevölkerung Wiens im Jahr 1894 arbeitet nicht nur im Haushalt. Frauen arbeiteten hauptsächlich in Fabriken oder als Dienstmädchen in anderen Haushalten. 16. Beurteile, mit welcher Absicht der Autor den Zeitungsartikel möglicherweise geschrieben hat. Arbeiterinnen Mit der Industrialisierung begannen auch viele Frauen, in Fabriken zu arbeiten. Sie verdienten damit eigenes Geld, meist aber für die gleiche Arbeit deutlich weniger als Männer. Dadurch waren Frauen im Alltag häufig noch von Männern (Ehemann, Vater, Bruder, erwachsener Sohn) abhängig. Durch die Arbeit und das verdiente Geld gewannen Frauen jedoch mehr Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein. Viele Frauen kämpften nun für ein Recht auf Bildung, auf eigene Entscheidungen und auf Mitbestimmung (zum Beispiel für das Wahlrecht für Frauen). Dieser Kampf wurde im gesamten 20. Jahrhundert weitergeführt und ist bis heute noch nicht vollständig abgeschlossen. […] Die Gesamtzahl der weiblichen Bewohner Wiens […] beträgt […] 702.579 gegenüber 661.951 männlichen Bewohnern. […| Die berufstätigen Frauen stehen an ökonomischer Macht den Männern weit nach. In dem Umstande aber, dass mehr als 200.000 Frauen keinen selbstständigen Beruf besitzen, während die Männer mit wenigen Ausnahmen einen solchen haben, tritt die Verschiedenheit der ökonomischen Position der beiden Geschlechter deutlich und scharf hervor. […] Auch heute gibt es Männer, die ihr Geschlecht als Vorzug, und Frauen, die das ihrige als Unglück empfinden. Zunächst die 304.766 Berufstätigen [Frauen]. Die Hauptmasse derselben bilden die lohnarbeitenden Frauen und Mädchen. Es sind ihrer 211.474. Diejenigen, welche sagen: „Der Beruf der Frau ist es, im Hause die Wirtschaft zu führen und die Kinder zu warten“, stoßen da auf eine Tatsache, um die sie nicht herum können. Der Satz, „der einzige Beruf der Frau ist die Häuslichkeit“, gilt nämlich für die Frauen unserer Zeit schon deshalb nicht, weil mehr als die Hälfte derselben tatsächlich einen anderen Beruf ausübt. Wer aber trotzdem dabei beharren sollte, der Hauptberuf der Frau sei die Hauswirtschaft, dem wäre zu antworten: Für die Masse der Frauen ist das nicht einmal der Nebenberuf, denn sie sind den ganzen Tag lang an die Fabrik und das fremde Haus gefesselt. Aus: Schüller, Richard. Die weibliche Bevölkerung Wiens. In: Arbeiterinnen-Zeitung Nr. 8, S. 4–5, 1894, http://anno.onb.ac.at/ cgi-content/anno-plus?aid=abg&datum=1894&page=58&size=45, gekürzt und leicht verändert (10.06.2022) MUSTER
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