Zentrum Geschichte 3 + E-Book 2025

27 Die Frühe Neuzeit 1 Strafen Die wesentlichen Funktionen von Strafe vom Mittelalter bis in die Neuzeit waren Rache und Abschreckung. Körperliche Strafen wie Auspeitschen, das Abhacken von Gliedmaßen bis hin zur Tötung waren nicht ungewöhnlich. Oft wurde die bestrafte Person auch öffentlich zur Schau gestellt. In der Regel gab es noch kein Rechtssystem, in dem alle Menschen gleichgestellt waren. Die Menschen wurden oft willkürlich bestraft, Geständnisse wurden häufig durch Folter erzwungen. Generell waren vermögende Menschen viel besser vor Strafen geschützt als gesellschaftlich schlechter gestellte Menschen. Im 18. Jahrhundert sprachen sich im Zuge der Aufklärung immer mehr Menschen für ein Strafsystem aus, das die Menschen besser vor dem Gesetz gleichstellt. Die Folter von Angeklagten wurde in vielen Teilen Europas nach und nach verboten und auch die Todesstrafe zunehmend kritisch gesehen. Im 19. Jahrhundert setzte sich in Europa die Idee der Rehabilitation statt reiner Bestrafung langsam durch. In neu gebauten, für damalige Verhältnisse modernen Gefängnissen sollten Insassen durch religiöse Unterweisung, Arbeit und Bildung „gebessert“ werden, sodass sie nach Verbüßung ihrer Strafe wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen konnten. Mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in immer mehr Staaten das Verbot von Folter, willkürlicher Inhaftierung und nicht rechtsstaatlicher Strafverfahren eingeführt. Auch die Todesstrafe wurde in immer mehr Staaten abgeschafft. Im Strafjustizsystem setzte sich verstärkt die Erkenntnis durch, dass auch harte Strafen Kriminalität nicht verhindern und man sich deshalb mehr auf die Rehabilitation und Wiedereingliederung von Straftäterinnen und Straftätern konzentrieren sollte. 38. Arbeite anhand des Textes heraus, welche Funktionen der Strafe in den Abbildungen 28–30 jeweils im Vordergrund stehen. 39. Erkläre, warum die Arten der Bestrafung, wie in den Abbildungen 28 und 29 gezeigt, heute in Europa nicht mehr möglich wären. 40. Diskutiert, warum das Public Shaming im Internet oftmals als „Pranger des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wird. 41. Recherchiere die Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrestes durch Einsatz einer elektronischen Fußfessel (Abb. 30). Nimm Stellung zu dieser Form des Strafvollzuges. Abb. 28: Ein Scharfrichter hackt einem Verurteilten als Strafe die Hand ab; Ulrich Tengler, Layenspiegel, Augsburg, 1509 Abb. 30: Eine elektronische Fußfessel, Foto, 2023 Abb. 29: Ein Mann am Pranger wird öffentlich verspottet, Holzschnitt, England, 16. Jahrhundert die Abschreckung: die Zurschaustellung von strengen Konsequenzen für eine Tat, um andere Menschen abzuhalten, dieselbe Tat zu begehen willkürlich: ohne erkennbares System die Rehabilitation: die Wiedereingliederung in die Gemeinschaft die Unterweisung: Anleitung, Belehrung rechtsstaatlich: den Regeln eines Rechtsstaates folgend, in dem sich alle an die Gesetze halten müssen Public Shaming: „öffentliche Beschämung“; massive soziale Ausgrenzung, weil ein Fehlverhalten vorgeworfen wird MUSTER

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