Zentrum Geschichte 3 + E-Book 2025

23 Die Frühe Neuzeit 1 Sexualität Im antiken Griechenland und im antiken Römischen Reich war der Umgang mit verschiedenen Formen der Sexualität – beispielsweise auch mit der Homosexualität – relativ liberal. Sexualität wurde als natürlicher Teil des menschlichen Lebens angesehen. Sexualität – moralische Verurteilungen Die Sichtweise auf die Sexualität veränderte sich im Mittelalter sehr stark. Der Hauptgrund war der immer stärkere Einfluss des Christentums. Die Machthaber des Christentums verbreiteten die Lehre, dass nur getaufte und von der Kirche getraute Menschen von „Gott gewollte“ Kinder zeugen könnten. Sexualität außerhalb dieser Regeln wurde von der christlichen Kirche als schwere Sünde dargestellt. Diese rigide Einstellung zur Sexualität hielt sich in Europa sehr lange. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Sexualität außerhalb einer Ehe oft gesellschaftlich verurteilt. Während dieses gesamten Zeitraumes hatten sehr viele Menschen auch außerhalb einer Ehe sexuelle Kontakte. Das geschah dann aber heimlich. Eine Schwangerschaft war mit schweren Belastungen für die Betroffenen verbunden, in erster Linie für die betroffenen Frauen. Abtreibungen waren bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in vielen Regionen Europas rechtlich nicht möglich. Viele Abtreibungen wurden daher illegal und unter sehr schlechten medizinischen Bedingungen vorgenommen. Für die betroffenen Frauen bedeutete das oft hohe gesundheitliche Risiken und schwere psychische Belastungen. Viele Paare gingen aus diesem Grund lieber eine Ehe ein, obwohl sie kein gemeinsames Leben geplant hätten. Alleinstehende Frauen mit unehelichen Kindern hatten oft mit sozialer Ausgrenzung zu kämpfen. Ihre Kinder waren ehelichen Kindern lange rechtlich nicht gleichgestellt. „Sexuelle Revolution“ ab den 1960er-Jahren Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Einstellungen zur Sexualität wieder liberaler. Vor allem die 1960er- und 1970er-Jahre werden oft als Zeit einer „sexuellen Revolution“ bezeichnet. Bessere Verhütungsmethoden machten eine individuelle Lebensplanung einfacher. Viele Menschen der jungen Generation wollten nicht länger nach den bisherigen strengen Moralvorstellungen leben. Die Verknüpfung von Sexualität und Ehe löste sich nach und nach auf. die Homosexualität: sexuelles Empfinden gegenüber Personen des eigenen Geschlechts liberal: tolerant; freigeistig; aufgeschlossen; mit wenigen Einschränkungen verbunden taufen: ein Ritual, mit dem ein Mensch Teil des Christentums wird trauen: verheiraten zeugen: durch den Geschlechtsakt ein Kind entstehen lassen die Sünde, die Sünden: der Verstoß gegen eine angeblich göttliche Vorschrift, bei dem angeblich schlimme Strafen drohen (oft nach dem Tod des Menschen) rigide: sehr streng der Teufel, die Teufel: eine Gestalt, die das Böse verkörpert und die Menschen für schlechte Taten bestraft (vor allem im Christentum und im Islam) unkeusch: veralteter Ausdruck für sexuelle Handlungen, die von einer Religion verboten werden (zum Beispiel sexuelle Akte außerhalb der Ehe) die Verhütung: Mittel zur Vermeidung einer Schwangerschaft Abb. 22: Liebespaar im Garten mit Teufel; Text in der Überschrift: „Du sollst nicht unkeusch sein“, Holzschnitt, 15. Jahrhundert Das Recht auf Abtreibung ist bis heute immer wieder in Gefahr. In Polen gibt es seit 2020 rigide Gesetze, deren Anwendung bereits zu Todesfällen von schwangeren Frauen geführt haben. In den USA hob der Oberste Gerichtshof 2022 das bundesweite Recht auf Abtrei- bung auf. MUSTER

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