Identität: Selbstbild, Fremdbild VERTIEFUNG 29. In der Textquelle meint Monika Sommer, die Direktorin des Hauses der Geschichte Österreich, es wäre „wenig sinnvoll, auf Schnitzel und Sachertorte stolz zu sein“. Bearbeite die folgenden Aufgaben. a) Arbeite heraus, auf welche Handlung es nach Ansicht der Sprecherin – im Gegensatz zu etwas wie „Schnitzel und Sachertorte“ – sinnvoll wäre, „stolz zu sein“. b) Stelle den Unterschied zwischen der von der Sprecherin genannten Handlung und einer Sache wie „Schnitzel oder Sachertorte“ fest. c) Beurteile, inwiefern du diese Unterscheidung für sinnvoll hältst. 30. Nehmt gemeinsam Stellung zu dem Ansatz, dass die Identität einer Nation zumeist durch positiv Bewertetes definiert wird. Diskutiert darüber, ob es vielleicht auch sinnvoll wäre, die Identität einer Nation auch durch Teile seiner Geschichte zu definieren, die allgemein als negativ bewertet werden. Begründet eure Ansichten zu dieser Idee. Was macht einen Österreicher zum Österreicher? Interview mit Monika Sommer, Direktorin des Hauses der Geschichte Österreich KURIER: Was macht jemanden zur Österreicherin bzw. zum Österreicher? Gibt es eine gemeinsame Tradition, eine gemeinsam erzählte Geschichte, auf die sich alle verständigen können? Monika Sommer: Die Vorstellung, dass nationale Zugehörigkeit durch eine gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte bestimmt ist, ist ein längst überholtes Konzept des 19. Jahrhunderts. Wir alle sind nicht als Österreicherinnen und Österreicher geboren, sondern haben gelernt, Österreicherinnen und Österreicher zu sein – das beginnt schon im Kindergarten und in der Volksschule. Symbole spielen dabei eine wichtige Rolle. Was macht die österreichische Identität aus? […] Identität ist ein schwieriger Begriff. Die Zugehörigkeit zu einer Nation ist vor allem das Bekenntnis zu den Werten einer Gesellschaft – Österreicher zu sein bedeutet das Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten. […] Aber dazu muss man nicht in Österreich geboren sein. Ganz allgemein gesprochen werden Identitäten aber auch durch Unterscheiden und auch Ausschließen hergestellt. Es braucht für die Existenz von „Identität“ also die Beziehung zum „anderen“. Um sich vorstellen zu können, was ein „Wir“ ist, braucht man „die anderen“. Man findet Identität über Sprache, Einstellung, Landschaft, Musik, Essen, Moden, aber auch über Leistung, wie z. B. im Sport. Welches Selbstbild haben die Österreicher? […] Es gibt […] viele Varianten zur Frage „Was ist Österreich?“. Problematisch wird es, wenn damit Menschen ausgegrenzt werden. Kann man Patriot sein, ohne andere Menschen abzuwerten? […] Die Frage ist: Worauf können wir stolz sein? Es ist ja wenig sinnvoll, auf Schnitzel und Sachertorte stolz zu sein. Wir alle sind nach wie vor aufgefordert, eine demokratische Gesellschaft zu verwirklichen, in der soziale Chancengleichheit, Frauenrechte oder auch Schutz von Minderheiten gewährleistet sind. Sich für eine offene, demokratische Gesellschaft zu engagieren, darauf kann man stolz sein. https://kurier.at/wissen/monika-sommer-direktorin-des-hauses-der-geschichte-ueber-oesterreichische-identitaet/294.288.858 (10.06.2022) 134 8 MUSTER
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