Der Erste Weltkrieg 7 112 7.5 Kriegserfahrungen von Frauen Frauen an der „Heimatfront“ Da die meisten erwachsenen Männer Kriegsdienst leisten mussten, waren sehr viele Arbeitsplätze plötzlich unbesetzt. Viele Wirtschaftsbetriebe benötigten aber dringend Arbeitskräfte. Schon in Vorbereitung auf den Krieg erlebten viele Betriebe einen enormen Aufschwung, vor allem die Maschinen- und Metallindustrie oder die Munitionsfabriken. Dort fehlten nun die Arbeitskräfte. Frauen kamen nun auch in Berufsfelder, in denen sie vor dem Krieg kaum oder gar nicht vertreten gewesen waren. Sie mussten den Arbeitskräfteausfall kompensieren. Ihre Aufgaben in der Haushaltsführung und in der Kinderbetreuung, die sie vor dem Krieg erfüllt hatten, mussten sie dennoch weiterhin bewältigen. Der Einsatz von Frauen in der Rüstungsindustrie wurde zu Propagandazwecken als Arbeit an der „Heimatfront“ bezeichnet. Gefährliche Arbeitsbereiche Die Arbeit in der Schwerindustrie war für Frauen besonders gefählich. Alle Maschinen waren so konstruiert, dass Männer an ihnen arbeiten konnten. Frauen fehlte oft auch die passende Arbeitskleidung. Ihre Arbeit wurde schlecht bezahlt. Der Lohn reichte kaum, um rationierte Lebensmittel zu kaufen und damit die Familie zu ernähren. Österreich-Ungarn vergab staatliche „Unterhaltsbeiträge“, um das Einkommen der Männer auszugleichen. Die finanziellen Zuschüsse waren aber bei weitem nicht ausreichend. Es entstand so jedoch eine neue Beziehung zum Staat. Der Staat trat nun stärker als Versorger gesellschaftlich in den Vordergrund. Hamsterfahrten – Kleinkriminalität Aufgrund der starken Not stieg die Kriminalität. Frauen stahlen Lebensmittel, unternahmen Hamsterfahrten aufs Land oder betrieben illegalen Tauschhandel. Als Hamsterfahrten wurden in Kriegszeiten immer wieder die Fahrten der hungernden städtischen Bevölkerung in die ländliche Umgebung bezeichnet, um dort Nahrungsmittel einzusammeln; häufig wurden häusliche Gegenstände gegen Lebensmittel eingetauscht, oft wurden aber auch Teile der Ernte gestohlen. Sie griffen auf illegale Mittel zurück, um ihre schwere Notlage zu lindern. Landwirtschaft Gerade in der Landwirtschaft hatten es die Frauen schwer, die Arbeit ohne ihre Ehemänner und die Knechte zu bewältigen. Im Verlauf des Krieges wurden dann Kriegsgefangene in der Landwirtschaft eingesetzt. Abb. 13: Frauen arbeiten als Eisenbahn-Streckenarbeiterinnen, Foto, 1916, Aufnahmeort unbekannt Als Kriegsgefangene bezeichnet man Militärangehörige, die von feindlichen Truppen gefangen genommen werden; der Umgang mit Kriegsgefangenen unterlag im Ersten Weltkrieg (zumindest theoretisch) gewissen Regeln, die in der Haager Landkriegsordnung (HLKO) von 1899 festgelegt waren; während des Ersten Weltkriegs gerieten geschätzt bis zu 9 Millionen Menschen in Kriegsgefangenschaft. kompensieren: ersetzen, ausgleichen MUSTER
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