Zentrum Geschichte Tobias Vogel, Rachel Klein Neuer Lehrplan MUSTER
Alle Informationen und aktuellen Preise finden Sie auf www.westermann.at. Das passt perfekt zu Zentrum Geschichte 3 Zentrum Deutsch 3, Arbeitsbuch + E-Book Schulbuch-Nr. 220 828 ISBN 978-3-7034-3551-5 Zentrum Deutsch 3, Übungsbuch + E-Book Schulbuch-Nr. 220 832 ISBN 978-3-7034-3552-2 Zentrum Geschichte 3 mit E-BOOK+ Schulbuch-Nr. 220 760 ISBN 978-3-7034-3586-7 Dazu passend finden Sie im weitere Materialien (Anzahl): G + A = GIDA-Filme + Arbeitsblätter / A + A = Animationen + Arbeitsblätter / DZ = Digitales Zusatzmaterial (H5P) / IÜ = Interaktive Übungen G + A A + A DZ IÜ Die frühe Neuzeit 2+1 1+1 1 8 Die Neuzeit – Gesellschaft, Wirtschaft 2+1 1+1 7 Revolutionen, Reformen, Widerstand 1 + 1 8 Das Zeitalter der Industrialisierung 2+1 1+1 3 2 Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus 2+1 1+1 4 Migration vom 19. Jahrhundert bis heute 1 + 1 2 4 Der Erste Weltkrieg 1+1 1+1 11 Identität: Selbstbild, Fremdbild 1 + 1 2 6 Wahlen und Wählen 1 + 1 1 12 Demo-Version Diercke Weltatlas Österreich fächerübergreifend + E-Book Schulbuch-Nr. 195 333 ISBN 978-3-7034-2568-4 Weltatlas Österreich fächerübergreifend Neu bearbeitet! GIDA GIDA-Filme via QR-Codes abrufbar Passwort: ZenG-3* MUSTER
Zentrum Geschichte 3 Tobias Vogel Rachel Klein Die Worterklärungen und die Zusammenfassungen auf den Kompetenzseiten („Das sollst du dir merken“) in Zentrum Geschichte 3 stehen auch als Audio-Dateien zur Verfügung. Sie können mittels QR-Code abgerufen werden. MUSTER
Kompetenzseite(n): Das sollst du dir merken/ Kompetenzcheck • Zusammenfassung des Kapitels • Wiederholungs- und Festigungsaufgaben zu den wichtigsten Inhalten des Kapitels Vertiefungsseite(n) • „Fordermaterial“: vertiefende Inhalte oder weiterführende Inhalte für besonders interessierte Schülerinnen und Schüler Informationsseiten mit Aufgaben • Einheitlich strukturierter Aufbau aller Unterkapitel • Prägnanter, einfach verständlicher Inhalt • Aufgaben in allen Schwierigkeitsgraden (Die ersten Aufgaben fragen die wichtigsten Inhalte ab.) • Durchgängiges Verwenden der gleichen Begrifflichkeiten • Randspalte: Erklärungen von Begriffen und zusammen - gesetzte Nomen aus dem allgemeinen Sprachgebrauch mit Artikel, Beispielsatz und Einzahl/Mehrzahl Einstiegsseite • Spielerisches Aufdecken wichtiger kapitelbezogener Inhalte Kapitel für Kapitel – vielfältige ZENTRUM ZUM KONZEPT DES BUCHES MUSTER
3 Methodenseite(n) • Allgemeine Methoden (z. B.: Erstellen eines Plakats, Internetrecherche …) • Fachspezifische Methoden (z. B.: Kartenarbeit, Arbeit mit historischen Bildern) • Fachspezifische Aufgabenstellungen (z.B.: Vergleichen und Begründen) mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen sowie Beispielen Projektseite(n) • Anleitungen für kreative kapitel- bezogene Arbeitsprozesse zum Erstellen alltagsorientierter Produkte Arbeitsblattseite(n) • Alles in einem: Integration von Arbeitsblättern im Schulbuch (zusätzliches Übungsbuch für das Fach Deutsch) Bedürfnisse im ZENTRUM Symbole Aufgabe(n) Zusatzwissen Literatur/Zitat MUSTER
4 So arbeitest du mit dem Buch ........................................ 2 1 Die frühe Neuzeit ....................................................... 8 1.1 Der Beginn der Neuzeit in Europa..................................................... 9 1.2 Ein neues Menschenbild: der Humanismus ...................................... 10 1.3 Die Kunst der Renaissance .............................................................. 11 1.4 Der Buchdruck verändert den Alltag ................................................ 12 1.5 Reformation und Gegenreformation .................................................. 15 Arbeitsblatt ........................................................................................ 18 1.6 Der Dreißigjährige Krieg ................................................................... 20 1.7 Veränderte Sichtweisen auf den Menschen seit der Renaissance ........................................................................... 22 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ...................................... 28 Projekt: Inklusion von Menschen mit Behinderung ........................... 29 2 Die Neuzeit – Gesellschaft, Wirtschaft....................... 30 2.1 Der höfische Absolutismus ............................................................... 31 2.2 Barock ............................................................................................... 33 2.3 Ein neues Wirtschaftssystem – der Merkantilismus ......................... 35 Arbeitsblatt ........................................................................................ 37 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 38 Projekt: Handwerk oder Manufaktur – ein Vergleich .................................................................................. 39 3 Revolutionen, Reformen, Widerstand ......................... 40 3.1 Ein neues politisches Bewusstsein – die Aufklärung ....................... 41 Arbeitsblatt ........................................................................................ 43 3.2 Die parlamentarische Monarchie in Großbritannien.......................... 44 3.3 Unabhängiges Amerika ..................................................................... 45 Vertiefung .......................................................................................... 46 3.4 Die Französische Revolution ............................................................ 48 Arbeitsblatt ....................................................................................... 50 3.5 Napoleon und das Revolutionsjahr 1848 ......................................... 51 3.6 Jüdisches Leben im 18. und 19. Jahrhundert .................................. 52 3.7 Verfassungsstaat und Gewaltentrennung ........................................ 54 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ...................................... 55 Projekt: Ein Ständesystem erleben .................................................. 56 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis MUSTER
5 4 Das Zeitalter der Industrialisierung ........................... 57 4.1 Die Industriegesellschaft entsteht ..................................................... 58 4.2 Die sozialen Klassen ......................................................................... 60 Arbeitsblatt ........................................................................................ 62 Vertiefung .......................................................................................... 63 Vertiefung .......................................................................................... 65 4.3 Politische Strömungen und ihr Einfluss auf die Gesellschaften ....... 66 4.4 Politischer Antisemitismus................................................................. 69 4.5 Industrialisierung und Umweltschäden.............................................. 70 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 71 Projekt: Frauenwahlrecht ................................................................... 72 5 Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus ........... 74 5.1 Europa und die Welt: Entdeckungen, Eroberungen und Begegnungen ............................................................................. 75 5.2 Kolonialismus und Imperialismus ...................................................... 76 Arbeitsblatt ........................................................................................ 79 5.3 Rassismus ......................................................................................... 80 Vertiefung .......................................................................................... 81 Vertiefung .......................................................................................... 82 5.4 „Das Volk“ – ein schwieriger Begriff ................................................. 83 5.5 Vielvölkerstaaten ............................................................................... 84 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 85 Projekt: Stellung nehmen zu Rassismus ........................................... 86 6 Migration vom 19. Jahrhundert bis heute ................... 87 6.1 Migration............................................................................................ 88 6.2 Migration im 19. Jahrhundert – das Beispiel Österreich-Ungarn...... 89 Arbeitsblatt ........................................................................................ 90 6.3 Migration innerhalb von Österreich-Ungarn ...................................... 91 6.4 Österreich – vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland ..... 92 Arbeitsblatt ........................................................................................ 93 6.5 Migration, Flucht und Asyl heute....................................................... 94 6.6 Integration.......................................................................................... 96 Arbeitsblatt ........................................................................................ 98 Arbeitsblatt ........................................................................................ 99 Vertiefung .......................................................................................... 100 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 101 Projekt: Migration in unseren Familiengeschichten........................... 102 Inhaltsverzeichnis MUSTER
6 7 Der Erste Weltkrieg ..................................................... 103 7.1 Ursachen für die „Urkatastrophe“...................................................... 104 7.2 Pläne für den „schnellen Sieg“ ......................................................... 106 7.3 Die Propaganda im Ersten Weltkrieg ................................................ 108 Arbeitsblatt: Beispiele für Propaganda im Ersten Weltkrieg ............. 109 7.4 Kriegserfahrungen von Soldaten ...................................................... 110 7.5 Kriegserfahrungen von Frauen ......................................................... 112 7.6 Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen .................................. 114 Arbeitsblatt: Drogen als Waffe im Krieg ........................................... 116 7.7 Ende des Ersten Weltkriegs .............................................................. 118 7.8 Folgen des Ersten Weltkriegs ........................................................... 119 7.9 Die Suche nach einem globalen Friedensmodell ............................. 120 7.10 Weltkrieg und Geschichtskultur in Vergangenheit und Gegenwart... 122 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 124 Projekt: Fragen stellen zu Kriegserlebnissen ................................... 125 8 Identität: Selbstbild, Fremdbild ................................... 126 8.1 Identitäten ......................................................................................... 127 8.2 Selbstbild und Fremdbild .................................................................. 128 8.3 Nationale Identität ............................................................................. 129 8.4 Nationalismus .................................................................................... 130 8.5 Europäische Identität ........................................................................ 132 Vertiefung .......................................................................................... 133 Vertiefung .......................................................................................... 134 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 135 Projekt: Ein Meinungsbild zur Europäischen Union erstellen............ 136 9 Wahlen und Wählen .................................................... 137 9.1 Demokratie und Wahlen .................................................................... 138 9.2 Direkte und indirekte Demokratie ...................................................... 139 9.3 Das Wahlrecht ................................................................................... 140 9.4 Der Ablauf einer Wahl ....................................................................... 141 9.5 Die Entstehung von Parteien im 19. Jahrhundert.............................. 142 9.6 Parteien heute ................................................................................... 143 Vertiefung: Parteiprogramme unter der Lupe .................................... 145 9.7 Politik und Medien ............................................................................. 146 Arbeitsblatt: Plakatanalyse ................................................................ 147 Inhaltsverzeichnis MUSTER
7 9.8 Populismus ........................................................................................ 148 Das sollst du dir merken/Kompetenzcheck ....................................... 149 Projekt: Wir gründen eine Partei und nehmen an einer Wahl teil/ Nachhaltigkeit im Sport – eigene politische Entscheidungen treffen ... 150 Methoden .................................................................... 152 Analysieren einer Bildquelle ..................................................................... 152 Analysieren einer Karikatur ....................................................................... 154 Diskutieren ................................................................................................. 156 Begründen.................................................................................................. 158 Inhaltsverzeichnis MUSTER
1Die Frühe Neuzeit Hier seht ihr verschiedene Objekte, die mit der Epoche der Neuzeit in Verbindung stehen. Die Neuzeit war eine Zeit, in der sich Europa sehr stark veränderte. Viele wichtige Entdeckungen und Erfindungen wurden gemacht, Kunst und Architektur folgten ganz neuen Regeln. Vor allem aber änderte sich auch die Sichtweise auf den Menschen selbst: Der Mensch sollte sich frei entwickeln können, er sollte sich bilden und er sollte auch über bestimmte Rechte verfügen. Viele Gedanken und Erkenntnisse, die in dieser Zeit entdeckt, erfunden oder diskutiert wurden, sind bis heute für uns und unser Leben wichtig. 8 1. Erläutert, was ihr auf den Bildern erkennen könnt und welchen Zusammenhang die Objekte mit diesem Kapitel haben könnten. 2. Arbeitet heraus, inwiefern die Objekte, die ihr auf den Bildern seht, auch noch für unser Leben heute von Bedeutung sein könnten. MUSTER
9 1.1 Der Beginn der Neuzeit in Europa In der Zeit zwischen 1450 und 1550 machten die Menschen in Europa viele neue Entdeckungen und Erfindungen. Sie lernten außerdem Teile der Welt kennen, die ihnen noch unbekannt waren. Dadurch kamen die Europäerinnen und Europäer auch in Kontakt mit Kulturen, die für sie neu waren. Auch das Denken der Menschen veränderte sich: Sie fühlten sich weniger abhängig von der Natur, von den Herrschern und von der Religion. In der Geschichtswissenschaft nennt man die Epoche seit der Zeit um 1500 die „Neuzeit“. Sie folgte auf das Mittelalter. Ein neues Weltbild Heute wissen wir, dass sich die Erde um die Sonne bewegt. Doch die Kirche im Mittelalter war der Meinung, dass die Erde das Zentrum des Universums war (= geozentrisches Weltbild). Im 15. und 16. Jahrhundert stellten Wissenschafter durch Beobachtungen und technische Hilfsmittel fest, dass nicht die Erde, sondern die Sonne das Zentrum des Universums ist. Man nennt das auch das „heliozentrische Weltbild“. Zwei wichtige Wissenschafter dieser Zeit waren Nikolaus Kopernikus und Galileo Galilei. Sie konnten das heliozentrische Weltbild beweisen. Galileo Galilei wurde wegen seiner Forschungen und Erkenntnisse von der Kirche bestraft und eingesperrt. Die Entstehung von Staaten Eine weitere wichtige Entwicklung der Neuzeit fand auf dem Gebiet der Herrschaftsverhältnisse statt. Im mittelalterlichen Lehenswesen herrschten die Adeligen und Könige vor allem über Personen, die von ihnen abhängig waren. In der Neuzeit herrschten die Adeligen und Könige zunehmend über ein bestimmtes Territorium und die dort lebenden Menschen. Man spricht daher auch von der Entstehung von Territorialstaaten. 1. a) Erkläre deiner Sitznachbarin oder deinem Sitznachbarn den Unterschied zwischen dem geozentrischen und dem heliozentrischen Weltbild. Formuliert die Ergebnisse gemeinsam in einem Satz. b) Diskutiert in der Klasse, wieso die Kirche das heliozentrische Weltbild ablehnte. (Tipp: Recherchiert dazu unter https://www.kinderzeitmaschine.de/ und gebt im Suchfeld „Galileo Galilei“ ein.) 2. a) Beschreibe die Karte (Abb. 1). Benenne, welche Teile der Erde dargestellt werden. b) Vergleiche die Karte mit einer Karte von Mitteleuropa unserer Zeit. Ermittle Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die Frühe Neuzeit 1 die Entdeckung, die Entdeckungen: eine Sache, die jemand findet; davor wusste man nicht, dass es die Sache an dem Ort gab. die Erfindung, die Erfindungen: etwas neu Entwickeltes, das es vorher noch nicht gab die Kultur, die Kulturen: alles, was eine Lebensgemeinschaft selbst gestaltet hat – im Unterschied zur nicht gestalteten Natur das Territorium, die Territorien: ein Gebiet; der Herrschaftsbereich eines Staates Abb. 1: Mitteleuropa in der Zeit um 1500 Kgr. England Kgr. Norwegen Kgr. Schweden Kgr. Dänemark Kgr. Schottland Kgr. Frankreich Kgr. Neapel Kgr. Sizilien Kgr. Sardinien Rep. Genua Kirchenstaat Kgr. Portugal Kgr. Kastilien Kgr. Aragon Kgr. Navarra Heiliges Römisches Reich Krim-Chanat Siebenbürgen/ Moldau/ Walachei Zarentum Moskau Kgr. Polen Großfürstentum Litauen O s m a n i s c h e s R e i c h Rep. Venedig Ch a n a t As t r a c h a n Z a r e n t u m K a s a n I r l and Grenze des Heiligen Römischen Reiches Kgr. Königreich © Westermann 29614EX km 1000 0 200 400 600 800 MUSTER
10 1 1.2 Ein neues Menschenbild: der Humanismus Im mittelalterlichen europäischen Menschenbild stand Gott im Mittelpunkt. Der Mensch spielte eine untergeordnete Rolle. Dies änderte sich durch den Humanismus: Das war eine geistige Bewegung, die in Italien im 15. Jahrhundert entstand. Das Wort Humanismus leitet sich vom lateinischen „humanitas“ (= Menschlichkeit) ab. Im Humanismus wurde der Mensch wichtig: Er war nicht mehr – wie im Mittelalter – in seine Rolle hineingeboren. Der Mensch sollte sich frei entwickeln und gebildet sein. Die Humanisten interessierten sich sehr für die griechischen und römischen Schriften. Frauen hatten allerdings nach wie vor keinen Zugang zu einer höheren Ausbildung, auch wenn es Ausnahmen in den höchsten sozialen Schichten gab. Die Grundideen des Humanismus waren Freiheit, Toleranz und Mitgefühl gegenüber anderen Menschen und der Verzicht auf Gewalt. In diesem Zusammenhang sprechen wir auch heute noch von einem „humanistischen Weltbild“. Die Renaissance Die Renaissance war eine kulturelle Epoche zwischen 1400 und 1600, also am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Sie war eng mit dem Humanismus verbunden und hatte ihren Ursprung ebenso in Italien. Heute nennt man diese Zeit auch Renaissance-Humanismus. Das Wort Renaissance ist Französisch und bedeutet „Wiedergeburt“: Das kommt daher, dass auch die Künstlerinnen und Künstler der Renaissance die Antike wieder auferstehen lassen wollten. Vorbilder der Renaissance waren z. B. die Sprache, die Kunst, die Dichtung und die Literatur aus dem antiken Griechenland und Rom. Wie in der römischen Baukunst bevorzugten zum Beispiel die Architekten der Renaissance antike Säulen und geometrische Formen wie Kugeln und Quader. Im Unterschied dazu ragten die Kirchen der vorhergehenden Gotik hoch in den Himmel und hatten Spitzbögen. Trotz der kulturellen Blüte war die Epoche Renaissance-Humanismus politisch eine unruhige Zeit: In Italien bekämpften sich mächtige Familien auf grausame Weise, um ihre Macht zu erhalten. 3. Fasse wichtige Merkmale von Humanismus und Renaissance in eigenen Worten zusammen. 4. Bearbeite die folgenden Aufgaben zu den Bauwerken (Abb. 2–4). a) Beschreibe jeweils die wesentlichen Merkmale der Bauwerke. b) Ordne jedes Bauwerk mit Hilfe des Informationstextes der Stilrichtung Gotik oder Renaissance zu. untergeordnet: weniger wichtig geistig: auf das Denken des Menschen bezogen der Architekt, die Architekten; die Architektin, die Architektinnen: eine Person, die ein Gebäude entwirft und oft auch die Arbeit auf der Baustelle überwacht Die Frühe Neuzeit Abb. 2 (links oben): Der Stephansdom in Wien Abb. 3 (rechts oben): Die Villa Rotonda in Vicenza (Italien) Abb. 4 (rechts unten): Der Dom in Florenz (Italien) MUSTER
11 1 Die Frühe Neuzeit 1.3 Die Kunst der Renaissance Die Künstler der Renaissance sahen sich nicht mehr als bloße Handwerker. Sie wollten kreative Kunstwerke schaffen. Sie interessierten sich für die Antike und für Technik und die Naturwissenschaften. Außerdem beschäftigten sich viele von ihnen sehr genau mit dem Aufbau des menschlichen Körpers. Wichtige Künstler waren zum Beispiel der Italiener Michelangelo Buonarrotti und Albrecht Dürer aus Nürnberg im heutigen Deutschland. Auch in der Malerei gab es wesentliche Änderungen: In den mittelalterlichen Bildern aus der Zeit der Gotik wurden wichtige Personen meistens besonders groß gemalt. Der Hintergrund war oft einfärbig. In der Renaissance hingegen wurden die Figuren in der richtigen Größe zueinander und zum Raum gemalt. Im Hintergrund sind oft Landschaften sehr genau zu sehen. 5. Die Abbildung 5 zeigt eine der bekanntesten Statuen der Renaissance. Sie ist über vier Meter hoch. Dargestellt ist „David“, eine Figur der Bibel. David hält eine Steinschleuder an der linken Schulter und steht am Beginn seines Kampfes gegen den Riesen Goliath. Bearbeite die Aufgaben zu der Statue: a) Beschreibe die Statue (Künstler, Größe, Zeitpunkt der Entstehung, Haltung der Figur, Einzelheiten). b) Erkläre mit Hilfe des Informationstextes auf den Seiten 10 und 11, weshalb die Statue des David heute als typisch für die Kultur der Renaissance angesehen wird. c) Die Statue des David wurde von der Gilde der Tuch- und Pelzhändler in Auftrag gegeben. Die Gilden erlangten in dieser Zeit immer stärkeren politischen und gesellschaftlichen Einfluss. Diskutiert mögliche Gründe, weshalb es für der Gilde wichtig war, die Statue in Auftrag zu geben. d) Diskutiert, warum interessierte Menschen sich dieses Kunstwerk gerne im Original im Museum ansehen. Vergleicht einen solchen Besuch mit einer Betrachtung der Statue auf einem Bild. 6. Bearbeite die Aufgaben zu dem Gemälde (Abb. 6). Nicolas Rolin ließ es in Auftrag geben, einer der einflussreichsten Männer seiner Zeit. Er ließ sich links in dem Gemälde porträtieren. Rechts ist die Madonna mit dem Jesuskind dargestellt. Das Jesuskind segnet den Auftraggeber Rolin mit der Hand. a) Beschreibe das Gemälde genau. b) Erkläre mit Hilfe des Informationstextes auf den Seiten 10 und 11, weshalb das Gemälde heute als typisch für die Kultur der Renaissance angesehen wird. c) Diskutiert mögliche Gründe, weshalb sich der Auftraggeber selbst in dem Gemälde porträtieren ließ. kreativ: aus eigenen Ideen entwickelt und gestaltet die Gilde, die Gilden: eine Vereinigung von Handwerkerinnen, Handwerkern und Kaufleuten, die im selben Bereich arbeiten; die Mitglieder einer Gilde unterstützen und kontrollieren sich gegenseitig. Abb. 5: Michelangelo Buonarrotti, Statue des David, Marmor, 1501–1504, Galleria dell’Accademia, Florenz (Italien) Abb. 6: Jan van Eyck: Muttergottes des Nicolas Rolin, Gemälde, ca. 1435 MUSTER
12 1 1.4 Der Buchdruck verändert den Alltag Lange Zeit hatten die Menschen (vor allem in Klöstern) einzelne Bücher mit der Hand geschrieben. Zur Vervielfältigung mussten sie jedes Buch einzeln abschreiben. Eine wichtige technische Neuerung des 15. Jahrhunderts war der Buchdruck, dessen Vorläufer sich in China und Korea finden: Damit konnte man in einem Prozess mehrere gleiche Bücher herstellen. Informationen konnten nun viel rascher verbreitet werden. In Europa gründete der Deutsche Johannes Gutenberg 1450 eine Druckerei: Hier wurden die einzelnen Buchstaben aus Metall angefertigt und dann so zusammengesetzt, dass sie für eine Buchseite passten. Innerhalb von 50 Jahren entstanden an über 200 Orten in Europa neue Druckereien. Die Anzahl der gedruckten Bücher stieg stark an. In der Antike wurden Bücher auf teurem Pergament geschrieben. Für die neuen Bücher wurde zunehmend Papier verwendet. Das Wissen über die Papiererzeugung kam ursprünglich aus China. In Europa wurde Papier etwa ab dem 11. Jahrhundert bekannt. Für die Papiererzeugung wurden Reste von Stoffen zerkleinert, zu einem Brei zerstampft, dann auf einem Sieb verteilt, getrocknet und abschließend gepresst. Heute erzeugt man Papier vor allem aus Holz. 7. a) Benenne die Vorteile, die der Buchdruck und die Verwendung von Papier mit sich brachten. b) Arbeite aus der Textquelle heraus, worin der Autor den großen Vorteil der Buchdruckerkunst sieht. [Durch] die Kunst der Druckerei [sind] […] die kostbaren Schätze schriftlicher Kunst und Weisheit […], [die] in alten Büchern lange Zeit […] in dem Grabe der Unwissenheit verborgen gelegen sind, danach an das Licht gelangt [...]. Und [wenn] diese Kunst eher [= früher] erfunden worden […] wäre, so wären ungezweifelt viele Bücher […] hochgelehrter Leute nicht aus Unachtsamkeit […] verloren worden. Hartman Schedel, Weltchronik, Nürnberg: Koberger 1493, fol. 252v c) Recherchiert in Kleingruppen auf https://www.blinde-kuh.de, https://www.kinderzeitmaschine.de und https://www.fragfinn.de zum Thema Buchdruck. Ermittelt die Quellen, aus denen die Informationen stammen, die ihr gefunden habt. Diskutiert darüber, wie heute Informationen verbreitet werden. 8. Bearbeite die folgenden Aufgaben zur Darstellung einer Druckerwerkstatt (Abb. 7). a) Ordne die Schritte richtig zu: ① Die Setzer sortieren die Buchstaben in den Setzkästen. ② Ein Helfer bestreicht den Drucksatz für eine Buchseite mit Farbe. ③ Ein Aufseher kontrolliert die Abläufe. ④ Der Drucker an der Presse zieht den Hebel kräftig an, damit sich die Farbe gleichmäßig verteilt. ⑤ Ein Helfer legt die Blätter übereinander. b) Verfasse eine kurze Erzählung: „Ein Tag in der Druckerwerkstatt des Johannes Gutenberg“. Die Frühe Neuzeit die Vervielfältigung, die Vervielfältigungen: die Herstellung vieler Exemplare einer Sache das Pergament, die Pergamente: ein Beschreibstoff aus der Haut von Tieren (z. B. Ziegen oder Schafen) Abb. 7: Jan van der Straet, Buchdruckerwerkstatt, 1588 MUSTER
13 Die Frühe Neuzeit 1 Wirtschaftliche Veränderungen Abb. 8: Eine Manufaktur zur Herstellung von Nadeln bei Altena (Westfalen), Radierung, um 1800 Viele Jahrhunderte lang versorgten sich die Menschen selbst oder tauschten Waren (= Naturalwirtschaft). Ungefähr ab dem 13. Jahrhundert begann in Europa die Ausbreitung der Geldwirtschaft: Dabei wird ein von allen Beteiligten anerkanntes Tauschmittel eingesetzt: das Geld. Zu dieser Zeit entstanden auch die ersten Bankhäuser, die Geld aufbewahrten und verliehen. Die Geldwirtschaft vereinfachte den Handel. Händlerinnen und Händler, Handwerkerinnen und Handwerker und Bankleute konnten reich werden. Durch neue technische Erfindungen wurden Waren immer mehr in großen Betrieben hergestellt. Beispiele waren die Manufakturen. Dadurch hatten aber einzelne kleine Handwerksbetriebe immer weniger Möglichkeiten, bestehen zu bleiben. Viele Menschen mussten anstatt in eigenen Betrieben in den großen Manufakturen anderer Besitzer arbeiten. Anstatt ihrer eigenen Waren verkauften sie nun ihre eigene Arbeitskraft. Es wurde langsam wichtiger, viel Geld anstatt Grund und Boden zu besitzen. Über Bildung und Kunst war es aber auch für Menschen aus ärmeren Familien möglich, wohlhabend und bekannt zu werden. 9. Arbeite mit Hilfe des Informationstextes heraus, wie sich die Sätze richtig vervollständigen lassen. Die Geldwirtschaft ersetzte die Bei der Geldwirtschaft wird Die Geldwirtschaft hatte den Vorteil, dass die Radierung, die Radierungen: eine Drucktechnik aus dem 16. Jahrhundert; mit Säure wird eine Vertiefung in der Druckplatte erzeugt. Diese nimmt die Druckfarbe auf. Die Druckfarbe wird dann auf ein Papier übertragen. die Manufaktur, die Manufakturen: ein großer Betrieb, in dem Waren serienweise, aber hauptsächlich noch von Hand hergestellt werden; wichtige Elemente dabei sind die Spezialisierung und die Arbeitsteilung. bestehen bleiben: auf Dauer erhalten bleiben Abb. 9: Die erste Seite der von Johannes Gutenberg gedruckten Bibel, 1455 MUSTER
14 der Universalmensch: Italienisch „uomo universale“; das Idealbild eines humanistisch denkenden, vielseitig gebildeten Menschen aus der Zeit des RenaissanceHumanismus die Anatomie: ein Gebiet der Medizin, das sich mit der Gestalt, den Körperteilen und den Organen des menschlichen Körpers beschäftigt die Leiche, die Leichen: der Körper eines toten Lebewesens Forschung und Wissen Auch an Universitäten beschäftigten sich gebildete Menschen mit der Antike. Sie entwickelten antike und mittelalterliche Kenntnisse und Gegenstände weiter und forschten zu Medizin, Technik und Naturwissenschaft. Der herausragende Universalmensch Leonardo da Vinci arbeitete auf allen diesen Gebieten und beschäftigte sich auch künstlerisch. Er malte nicht nur das weltberühmte Bild der Mona Lisa, Leonardo da Vinci entwickelte auch viele Pläne für Bauwerke und technische Gegenstände. Er setzte sich auch mit der Anatomie des menschlichen Körpers auseinander: Dafür öffnete er – trotz Verbot der Kirche – Leichen, um die Organe, die Nervenbahnen und die Muskeln zu studieren. 10. Die folgenden Abbildungen sind Skizzen oder Nachbauten von Gegenständen, die Leonardo da Vinci entworfen hat. Bearbeite die Aufgaben dazu. a) Beschreibe die Abbildungen. Ordne die Bezeichnungen dem richtigen Bild zu. b) Erläutere mit Hilfe des Informationstextes, weshalb Leonardo da Vinci auch aus heutiger Sicht als Universalmensch gilt. Abb. 10: Leonardo da Vinci, Mona Lisa, ca. 1503, Paris (Frankreich) Die Frühe Neuzeit 1 Flugschraube und Fallschirm Automobil anatomische Studie MUSTER
15 Die Frühe Neuzeit 1.5 Reformation und Gegenreformation Missstände in der Kirche und ihr Kritiker Martin Luther Religion spielte in jener Zeit eine große Rolle. Die Angst vor der Pest hatte die Hinwendung zum römischkatholischen Glauben verstärkt. Religion war immer mit dem Gedanken an die Zeit nach dem Tod verbunden. Den Menschen wurde Angst vor der Strafe für ihre Sünden gemacht. Um sich von den Strafen Gottes freikaufen zu können, unternahmen die Menschen Wallfahrten und erwarben Ablassbriefe. Der Kauf von Ablassbriefen („Ablasshandel“) war für viele Menschen eine große finanzielle Belastung. Sofern sie konnten, kauften sie die Ablassbriefe trotzdem, um nach dem Tod weniger Zeit im gefürchteten Fegefeuer verbringen zu müssen. Die Kirche stellte einen strafenden Gott in den Mittelpunkt ihrer Lehre und verdiente mit dem Verkauf von Ablassbriefen viel Geld. Viele Stimmen gegen die Kirche wurden laut. Päpste und Bischöfe lebten im Luxus und waren gleichzeitig von finanziellen Abgaben befreit. Den Kauf von Kirchenämtern konnten sich nur reiche Menschen leisten. Durch den Ablasshandel wurde zum Beispiel auch der Bau des Petersdoms in Rom finanziert. Martin Luther kritisierte vor allem den Verkauf der Ablassbriefe und war mit den Zuständen in der Kirche allgemein unzufrieden. Er war Mönch und unterrichtete Theologie an der Universität Wittenberg (im heutigen Deutschland). Er schrieb 95 Thesen, in denen er das Geschäft mit dem Ablasshandel stark kritisierte. Luther soll dieses Schreiben am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben. Seine Thesen verbreiteten sich durch den Buchdruck sehr schnell. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Illustrationen. Die meisten Menschen konnten nicht lesen, aber durch die Bilder konnten sie die Inhalte verstehen. Viele Menschen fanden Luthers Ideen gut, denn er stellte einen gnädigen Gott vor, dessen Gnade kostenlos und nicht käuflich war. Die Thesen bildeten den Beginn der Reformation. 11. Fasse die Missstände in der katholischen Kirche zur Zeit Martin Luthers in Stichwörtern zusammen. 12. Diskutiert den Zusammenhang zwischen den Ängsten der Menschen und dem Ablasshandel. 13. Erkläre den folgenden Spruch in eigenen Worten. Er wird dem Ablassprediger Johann Tetzel zugeschrieben. „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“ 14. Stelle dar, wofür der Erlös aus den Ablassbriefen verwendet wurde. 15. Arbeitet zu zweit. Begründet in eigenen Worten, wieso die Erfindung des Buchdrucks und die Illustrationen der Thesen für eine schnelle Verbreitung der Lehren Martin Luthers so wichtig waren. die Pest: im 14. Jahrhundert eine gefährliche Krankheit mit meist tödlichem Ausgang; ein Drittel aller Menschen in Europa starb damals bei einem Ausbruch der Pest. die Sünde, die Sünden: ein Verstoß gegen göttliche Gesetze die Wallfahrt, die Wallfahrten: eine Wanderung aus religiösen Gründen zu einem geheiligten Ort der Ablassbrief, die Ablassbriefe: der Ablass + der Brief Der Ablass war für Gläubige eine Möglichkeit, Gottes Gnade wiederzuerlangen. In Ablassbriefen wurden sie von ihren Sünden befreit. das Fegefeuer: in der römisch-katholichen Vorstellung ein Zustand nach dem Tod voller Qualen und Strafen, dessen Dauer sich an den Sünden zu Lebzeiten bestimmt die Lehre, die Lehren: die Zusammenfassung aller Inhalte eines Gedanken- oder Glaubenssystems die Theologie: eine Wissenschaft, die sich mit Fragen des Glaubens und der Religion befasst die These, die Thesen: eine Behauptung, die zu weiteren Schlussfolgerungen führen soll Abb. 11: Giovanni Paolo Pannini, Innenansicht des Petersdoms in Rom, Gemälde, um 1750 1 MUSTER
16 Die Glaubensspaltung und der „Augsburger Religionsfriede“ Papst Leo X. und Kaiser Karl V. verlangten im Jahr 1520 von Martin Luther eine Rücknahme seiner Thesen. Martin Luther verbrannte dieses päpstliche Schreiben jedoch öffentlich. Daraufhin wurde 1521 das „Wormser Edikt“ beschlossen. Martin Luther wurde als „vogelfrei“ erklärt. Seine Schriften wurden verboten. Seine Anhängerinnen und Anhänger halfen ihm bei der Flucht und versteckten ihn auf der Wartburg. Dort übersetzte er die Bibel aus griechischen Quellen erstmals ins Deutsche. Seine deutsche Übersetzung wurde außerdem zur Grundlage einer einheitlichen deutschen Sprache. Luthers Lehre verbreitete sich immer weiter. Mehrere Fürsten und Städte bekannten sich 1530 auf dem „Reichstag zu Augsburg“ öffentlich zur evangelischen Lehre Luthers. Sie wurden auch „Protestanten“ genannt. Erst nach vielen Aufständen und Kriegen wurde den Protestanten im „Augsburger Religionsfrieden“ 1555 die Ausübung ihrer Religion offiziell erlaubt. Von nun an durften die Landesfürsten die Religion in ihren Gebieten selbst bestimmen. Allerdings hatten ihre Untertanen kein Recht auf eine freie Religionsausübung. Sie mussten die gleiche Religion wie ihr Landesfürst ausüben. 16. Gib die Ereignisse der Reformation in der richtigen Reihenfolge wieder. 17.) Beurteile, was der „Augsburger Religionsfriede“ für die protestantischen Untertaninnen und Untertanen von einem katholischen Landesfürsten bedeutete. 18. a) Erkläre den Begriff „freie Religionsausübung“. b) Stelle die Religionsausübung unmittelbar nach dem „Augsburger Religionsfrieden“ der heutigen freien Religionsausübung gegenüber. Erkläre den Unterschied. Die Frühe Neuzeit das Edikt, die Edikte: ein Erlass; eine offizielle Verordnung vogelfrei: aus dem Schutz der Gemeinschaft verstoßen; wer eine vogelfreie Person verletzt, wird nicht bestraft. die evangelische Lehre: die Lehre Martin Luthers der Untertan, die Untertanen; die Untertanin, die Untertaninnen: Bürger oder Bürgerin einer Monarchie oder eines Fürstentums; der Herrschaft zum Gehorsam verpflichtet Nachdem der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Maximilian, im Jahr 1519 gestorben war, wurde sein Enkel Karl V. von den Kurfürsten zum Kaiser gewählt. Bis dahin war er bereits König in Spanien. Seine Regierungszeit beinhaltete viele Konflikte: die Reformation mit ihren Glaubenskämpfen und Kriege gegen Frankreich und das Osmanische Reich. 1 Ereignisse Reichstag zu Augsburg Wormser Edikt Veröffentlichung der 95 Thesen Augsburger Religionsfrieden Übersetzung der Bibel ins Deutsche Verbot von Martin Luthers Schriften 1 Abb. 12: Bernart von Orlay, Jugendbildnis von Karl V., Gemälde, um 1516 MUSTER
17 Die Frühe Neuzeit Glaubensspaltung in ganz Europa Auch in anderen Teilen Europas fand die Reformation statt. In der Schweiz und in Frankreich ging sie in eine andere Richtung als im römisch-deutschen Reich. Die Reformation war keine einheitliche Bewegung. Ulrich Zwingli, ein Pfarrer in Zürich, war in der deutschsprachigen Schweiz tätig. Auf Basis von Luthers Thesen setzte er sich für die Abschaffung des Zölibats der Priester ein. Zwingli und seine Unterstützerinnen und Unterstützer drängten auch dazu, Klöster aufzulassen, von denen es damals verhältnismäßig viele gab. Einige Klöster wurden in Armenhäuser umgewandelt. Die Klostergüter wurden auch an Schulen und Krankenhäuser verteilt. Das war damals eine große Erneuerung. Ein weiterer wichtiger Reformer war Johannes Calvin. Vor allem in Frankreich, Schottland und in den Niederlanden waren seine Lehren weit verbreitet. Seine Anhängerinnen und Anhänger nennt man auch „Calvinisten“ und in Frankreich „Hugenotten“. Nach Zwinglis und Calvins Lehren sollte wieder die Bibel und Gottes Gnade im Zentrum christlicher Lehre stehen. Es wurde aber auch die Moral der Menschen streng überwacht: Tanz, Glücksspiel und andere Vergnügungen wurden verboten. England löste sich von der katholischen Kirche, weil der englische König Heinrich VIII. sich von seiner ersten Ehefrau scheiden lassen wollte. Der Papst wollte dem aber nicht zustimmen. 1533 ließ Heinrich VIII. seine Ehe durch ein englisches Gericht als geschieden erklären und brach mit der römisch-katholischen Kirche. 1534 erklärte das englische Parlament den König von England zum Oberhaupt der englischen Kirche. Damit wurde die englische oder auch „anglikanische“ Kirche zu einer Nationalkirche und unabhängig vom Papst und Rom. Abb. 15: Jean Perrissin, „Der Tempel namens Paradies“, Innen- ansicht einer Kirche der Hugenotten, Gemälde, um 1569/70, Internationales Museum der Reformation, Genf (Schweiz) Abb. 13: Hans Asper, Ulrich Zwingli, Gemälde, 1549 Abb. 14: Johannes Calvin, Stich, 1894 19. a) Vergleiche die Darstellung des Innenraums einer Kirche der Reformation (Abb. 15) mit der Darstellung des Innenraums des Petersdoms (Seite 15, Abb. 11). b) Arbeite heraus, wie sich die Kirche der Reformation im Unterschied zur römisch-katholischen Kirche präsentiert. 1 der/das Zölibat: die Verpflichtung zum Verzicht auf Ehe und Sexualität die Moral: sittliches Verhalten eines Menschen; sittlich-ethische Grundsätze, wie sich ein Mensch verhalten soll MUSTER
18 Die Frühe Neuzeit 1 20. Recherchiere im Internet die offiziellen Bezeichnungen der Anhängerinnen und Anhänger der jeweiligen Reformer. Für eine der Glaubensrichtungen findet man mehrere Bezeichnungen. Martin Luther: Lutheraner Ulrich Zwingli: Johannes Calvin: Anglikanische Kirche: 21. Arbeitet zu zweit. Ermittelt mit Hilfe der Karte (Abb. 16) und einem Atlas, in welchen Ländern Europas welche Glaubensrichtung um 1550 am weitesten verbreitet war. (Zusatzaufgabe: Recherchiert im Internet, welche Glaubensrichtung heute in diesen Ländern am weitesten verbreitet ist.) Land 1550 heute Deutschland Italien Schweden England Schweiz Spanien 22. Ermittle mit Hilfe der Karte (Abb. 16), welche Glaubensrichtung um 1550 in Europa am weitesten verbreitet war. Um 1550 war am stärksten in Europa vertreten. Os ma n i s c h e s Re i c h Siebenbürgen A t l a n t i k Danzig Hamburg Nantes Toulouse Genf Konstanz Trient Venedig Rom Konstantinopel Ragusa Belgrad Straßburg Speyer Paris Brüssel Canterbury London York Worms Wien München Augsburg Münster Wartburg Prag Warschau Berlin Wittenberg Mittelmeer O s t s e e N o r d s e e Schwarzes Meer Moldau Bosnien Schweiz Serbien Walachei Kroatien U n g a r n Österreich Italien Spanien Frankreich P o l e n Schweden Niederlande Dänemark England Irland Schottland Katholiken Lutheraner Reformierte Anglikaner Böhmische und mährische Brüder Orthodoxe Muslime Mischformen Grenze des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sonstige Grenzen 1478EX_6 © Westermann Abb. 16: Glaubensrichtungen in Europa zur Zeit der Reformation (um 1550) Die Frühe Neuzeit MUSTER
19 das Konzil, die Konzile: Versammlung von Vertretern der römisch-katholischen Kirche, um Glaubensfragen zu besprechen und Beschlüsse zu fassen drakonisch: besonders streng, hart (vor allem in Bezug auf Strafen verwendet) der Heilige Stuhl: Begriff, der symbolisch für den Papst und weitere hohe geistliche Würdenträger verwendet wird pervertieren: etwas so stark verfälschen, dass es nichts mehr mit dem Ursprung zu tun hat Abb. 17: Verbrennung von 18 Anhängern der Reformation im Jahr 1528, Kupferstich, um 1680 Die Gegenreformation Wegen der Ausbreitung der Reformation versuchte sich die katholische Kirche wieder zu stärken. Neue kirchliche Orden wurden gegründet, zum Beispiel der Jesuitenorden. Diese Orden waren direkt dem Papst unterstellt und sollten den katholischen Glauben verbreiten. Durch das Konzil von Trient (1545–1563) wurden der Ablasshandel abgeschafft und die Ausbildung der Priester verbessert. Die katholische Kirche versuchte so, möglichst viele Gläubige zurückzugewinnen. Das nennt man „Gegenreformation“. Die Gegenreformation wurde jedoch auch oft gewaltsam durchgeführt. Durch Gerichtsprozesse und drakonische Strafen versuchte die katholische Kirche, Menschen zum katholischen Glauben zu zwingen, das nennt man auch „Inquisition“. Zusätzlich wurden alle Bücher, die dem katholischen Glauben widersprachen, verboten. Viele Menschen wurden wegen ihres Glaubens dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. 23. Fasse das Hauptziel der Gegenreformation in eigenen Worten zusammen. 24. a) Beschreibe, was du in der Darstellung von der Verbrennung von Anhängern der Reformation (Abb. 17) erkennen kannst. b) Stelle einen Zusammenhang zwischen der Darstellung und der Gegenreformation her. 25. Der folgende Text von Papst Hadrian VI. stammt aus dem Jahr 1535. Das Oberhaupt der römischkatholischen Kirche kritisiert darin das Verhalten seiner eigenen Kirche. Bearbeite anhand des Textes die folgenden Aufgaben. „Wir wissen, dass es an diesem Heiligen Stuhl schon seit einigen Jahren viele gräuliche Missbräuche in geistlichen Dingen und Exzesse gegen die göttlichen Gebote gegeben hat, ja, dass eigentlich alles pervertiert worden ist. So ist es kein Wunder, wenn sich die Krankheit vom Haupt auf die Glieder, das heißt von den Päpsten auf die unteren Kirchenführer ausgebreitet hat. Wir alle [...] sind abgewichen, ein jeder sah nur auf seinen eigenen Weg, und da ist schon lange keiner mehr, der Gutes tut, auch nicht einer.“ zit. nach: Hubert Wolf (2016): Die Reformierbare. Von den vielfältigen Optionen der katholischen Kirche. https://www. bpb.de/apuz/239247/die-reformierbare-von-den-vielfaeltigen-optionen-der-katholischen-kirche (24.10.2024) a) Vergleiche die Aussage von Papst Hadrian VI. mit den Forderungen der Reformation. b) Bewerte die selbstkritische Haltung des Papstes vor dem Hintergrund, dass die Kritik der Reformisten an der römisch-katholischen Kirche zu jener Zeit immer mehr Anhängerinnen und Anhänger fand. c) Analysiere, mit welchem Ziel der Papst die eigene Kirche in dem Text so scharf kritisiert. 1 Die Frühe Neuzeit MUSTER
20 Die Frühe Neuzeit 1.6 Der Dreißigjährige Krieg Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ging es um Religion, Macht und die Vorherrschaft in Europa. Millionen Menschen starben wegen dieses Krieges. Der Herrscher eines Gebietes bestimmte, welche Religion alle Bewohnerinnen und Bewohner befolgen mussten. Das galt seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 (vgl. S. 16). Dieses Gesetz sollte Frieden zwischen Katholiken und Protestanten bewirken. Der Konflikt wurde aber nie wirklich beendet. Anhänger der katholischen Kirche wollten ihre vorherige Macht zurückhaben. Sie hatten durch die neuen Rechte der protestantischen Kirche an Macht verloren. Beide Seiten vertrauten einander nicht. Im Jahr 1608 gründeten die protestantischen Herrscher die Protestantische Union. Sie wollten sich gegenseitig helfen, falls katholische Herrscher angriffen. Die katholischen Herrscher gründeten 1609 als Antwort darauf die Katholische Liga. Die katholische und die protestantische Kirche waren immer mehr auf einen Krieg vorbereitet. Der Prager Fenstersturz Die protestantischen Adeligen in Prag wollten die Einschränkung ihrer Religions- ausübung durch den katholischen Herrscher nicht länger hinnehmen. Im Jahr 1618 warfen wütende Anhänger der Protestanten zwei Beamte des katholischen Kaisers aus dem Fenster. Dieses Ereignis löste den Dreißigjährigen Krieg aus. der Konflikt, die Konflikte: ein Streit; eine schwierige Situation, weil Personen oder Gruppen unterschiedliche Interessen in einer Angelegenheit haben vorherig: ehemalig, früher die Religionsausübung: die Religion + die Ausübung Handlungen im Alltag gemäß den Vorgaben einer Religion (Gebete, Speisen, Einhaltung von Feiertagen usw.) etwas hinnehmen: etwas aushalten; etwas ertragen annähernd: ungefähr, fast realistisch: der Wirklichkeit entsprechend 26. Bearbeite die folgenden Aufgaben zu der Darstellung des Prager Fenstersturzes in einem Geschichtswerk aus dem Jahr 1832 (Abb. 18). a) Ermittle, wer die protestantischen Adeligen und wer die katholischen Beamten sind. b) Arbeite heraus, welchen Eindruck die Darstellung zu den beiden Gruppen bei den Betrachterinnen und Betrachtern erzeugen wollte. c) Bewerte, wie du überprüfen könntest, ob die Darstellung das historische Ereignis annähernd realistisch wiedergibt. 1 Abb. 18: R. Weibezahl, Prager Fenstersturz, Lithografie, in: C. v. Rotteck’s allgemeine Weltgeschichte, 1832 MUSTER
21 Die Frühe Neuzeit 1 die Schlacht, die Schlachten: ein Kampf während eines Krieges die Vorherrschaft: eine so starke Machtstellung, dass andere mächtige Kräfte unterlegen sind die Hygiene: eine Vorsichtsmaßnahme, um die Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden (zum Beispiel Händewaschen) die Seuche, die Seuchen: allgemeine Bezeichnung für eine gefährliche Krankheit, die sich leicht und schnell ausbreiten kann Das Heilige Römische Reich war ein übernationaler Verbund von Kaiser und Reichsständen, der seit dem 10. Jahrhundert bis 1806 bestand; Umfang und Grenzen änderten sich immer wieder stark; zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges war der habsburgische Ferdinand II. Kaiser dieses Reiches. Der Kriegsverlauf Zu Beginn setzten sich die Katholiken in vielen Schlachten durch. Der habsburgische Kaiser Ferdinand II. war der Anführer und baute seine Macht aus. Die anderen Länder wollten das österreichische Kaiserreich wieder schwächen. Am Ende kämpften das Heilige Römische Reich, Dänemark, Schweden, Frankreich und andere Länder gegeneinander. Am Anfang ging es um Religion. Katholische Herrscher kämpften gegen protestantische Herrscher. Am Ende kämpften auch katholische Herrscher gegeneinander. Aus dem Religionskrieg wurde ein Krieg um die Macht und Vorherrschaft in Europa. Nachdem die Soldaten ein Gebiet erobert hatten, plünderten sie dieses sehr oft aus. Sie nahmen der Bevölkerung allen Besitz, sehr oft wurden geplünderte Gebiete anschließend sogar in Brand gesteckt. Die betroffenen Menschen litten unter der Gewalt und der Lebensmittelknappheit. Wegen der vielen Toten und der schlechten Hygiene brachen zusätzlich Seuchen aus. Sehr viele Menschen starben an der Pest. Die Verwüstung Europas war enorm. Die genaue Zahl der Todesopfer lässt sich heute nicht mehr bestimmen. Es wird davon ausgegangen, dass im Heiligen Römischen Reich etwa 20 bis 45 Prozent der Bevölkerung durch den Krieg und seine Folgen starben. Ländliche Regionen waren stärker betroffen als Städte. Abb. 19: Jacques Callot, Der Galgenbaum, Radierung, 1633 Der Westfälische Friede Nach langen Verhandlungen konnte im Jahr 1648 der Westfälische Frieden geschlossen werden. Es sollten ausgeglichene Machtverhältnisse herrschen, um zukünftige Kriege zu verhindern. Die katholische, lutherische und reformierte Religion waren gleichgestellt. Der Westfälische Friede wird heute vielfach als Ausgangspunkt einer europäischen Friedensordnung angesehen. 27. Beschreibe, unter welchen Bedingungen die Menschen im Dreißigjährigen Krieg besonders zu leiden hatten. 28. Erläutere, welche Einstellung zum Krieg das Bild von Jacques Callot (Abb. 19) verdeutlicht. 29. Erörtere mögliche Gründe, warum es in ländlichen Gebieten mehr Tote gab als in Städten. MUSTER
22 Die Frühe Neuzeit 1 1.7 Veränderte Sichtweisen auf den Menschen seit der Renaissance Partnerschaften – wirtschaftliche Gründe oder Zuneigung Der wichtigste Grund, warum Menschen in Europa heute in einer Partnerschaft leben, ist eine gegenseitige Zuneigung. Die Menschen beschließen aus Zuneigung, dass sie ein gemeinsames Leben führen wollen. Im Mittelalter und auch noch bis in die Neuzeit gingen die meisten Menschen eine Partnerschaft nicht aus Zuneigung ein, sondern aus wirtschaftlichen, familiären, politischen oder gesellschaftlichen Gründen. Es war in der Regel auch nicht gesellschaftlich anerkannt, eine Partnerschaft außerhalb einer Ehe zu führen. Der Ehepartner wurde in der Regel auch nicht selbst ausgesucht, sondern von der Familie bestimmt. Die Idee einer Partnerschaft aufgrund gegenseitiger Zuneigung begann sich erst mit der Renaissance langsam zu entwickeln, und auch dann in erster Linie nur bei einem Teil der wohlhabenden Schicht. Gründe dafür waren unter anderem der Rückgriff auf antike Vorbilder während der Renaissance. In der Antike waren die Einstellungen zu Liebe und Sexualität weit weniger streng. Auch neue Denkweisen im Zuge der Aufklärung veränderten die Gesellschaften in Europa langsam. Innerhalb der Schicht des neu entstandenen Bürgertums (siehe auch Kap. 4, Seite 59) im 19. Jahrhundert wurde die Idee einer Partnerschaft aus Liebe immer mehr zum Ideal. In der Realität war die wirtschaftliche Absicherung nach wie vor der wichtigste Faktor, um eine Ehe einzugehen. Die Vorstellung einer Ehe aus Liebe diente innerhalb des Bürgertums auch dazu, sich gesellschaftlich gegen die Arbeiterschicht abzugrenzen. Es dauerte noch weit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, bis die Ehe aus Liebe zur allgemeinen Norm wurde. Abb. 21: Bernardino Licinio, „Familienbild“, Gemälde, um 1530 Abb. 20: Arnold Böcklin, „Hoch- zeitsreise“, Gemälde, um 1890 30. Bearbeite die folgenden Aufgaben zu der Darstellung eines Paares zur Zeit der Renaissance (Abb. 21) und der Darstellung eines Paares zur Zeit des 19. Jahrhunderts (Abb. 20). a) Vergleiche die beiden Darstellungen. b) Untersuche, welche Gefühle und Stimmungen in den Darstellungen im Vordergrund stehen. c) Beurteile, ob eine Darstellung der Ehe wie in Abbildung 22 auch zur Zeit der Renaissance möglich gewesen wäre. Begründe deine Antwort. d) Beurteile, welche Art von Beziehung in den jeweiligen Darstellungen den Betrachterinnen und Betrachtern vermittelt werden sollte. Arbeite Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus. e) Benenne Gründe, wieso Menschen in unserer Zeit heiraten. Stelle diese Gründe denen der Renaissance und des 19. Jahrhunderts gegenüber. die Zuneigung: das starke Gefühl, einen anderen Menschen zu mögen; Liebe die Ehe, die Ehen: eine gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft zweier Personen wohlhabend: reich; finanziell gut abgesichert der Rückgriff, die Rückgriffe: die Wiederbelebung von fast schon vergessenen Ideen MUSTER
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