150 II Übungsteil Zunächst erläutert die Autorin die Herkunft der Methode aus dem Behaviorismus des 19. Jahrhunderts. Dabei führt sie das bekannte Beispiel der Konditionierung der sabbernden Hunde in Erwartung eines Steaks an. Dass Belohnungen beim Menschen auf eine ähnliche Weise wirken, zeigt sie im weiteren Verlauf. Dazu stellt sie zunächst die These auf, dass diese Praxis zum Selbstbetrug auf Seiten der Lernenden führe, welche sich dann nicht mehr mit den Ursachen von Lernschwierigkeiten beschäftigen, sondern sich nur noch auf Teilergebnisse, die belohnt werden, fokussieren. Daraus leitet Hella Dietz die Schlussfolgerung ab, dass das Belohnen erwünschter Verhaltensweisen ebenso funktioniert wie das Bestrafen unliebsamer. Der entstehende Reflex behindere derart längerfristig die intrinsische Motivation, sodass die Lernenden von sich aus weniger positive Verhaltensweisen an den Tag legen und stattdessen das Lob abwarten. Diese Wirkung ist aus der Forschung als Korrumpierungseffekt bekannt. Aus der Sicht der Lernenden ergeben sich daraus weitreichende Folgeprobleme. Schüler/innen haben zunächst keinen Einfluss auf die Lehrmethoden, denen sie ausgesetzt sind. Dass Kinder ihrer erwachsenen Umgebung, von der sie abhängig sind, gefallen wollen, scheint naturgegeben zu sein. Insofern freut sich jedes Kind über Lob. Das stärkt und bestätigt es, hat also durchaus positive Effekte auf die Persönlichkeitsentwicklung. Die Schule bringt ihm jedoch bei, dass Lob und Leistung zusammengehören, weil nur bestimmte Handlungen Lob erhalten. Folglich bildet das Kind einen Bewertungskatalog heran, den es mit dem – tatsächlichen oder vermeintlichen – der Lobbestätigung in Einklang bringt. Weil aber Menschen einen Sinn für Effizienz haben, werden die Kinder ungelobte Handlungen eher unterlassen als lobenswerte. Wenn sie in weiterer Folge die Eigenmotivation verlieren, werden sie zu klassischen „faulen“ und unkreativen Schülerinnen und Schülern, denen es immer schwerer fällt, aus eigener Kraft Deadlines einzuhalten und nachhaltig zu lernen. Zum Erhalt der intrinsischen Motivation, Neues zu erkunden und sich auszuprobieren, stellt das Lehrsystem jedoch Methoden zur Verfügung. Wenn Kinder von klein auf an selbstständiges Lernen beispielsweise über Wochenpläne gewöhnt werden, ist diese Motivation mitgefordert. Für das Erledigen darf wohl auch ruhig gelobt werden, denn dann wird der Prozess, weniger das Ergebnis gewürdigt. Daraus ergibt sich, dass Lernprozesse eine größere Rolle als Lernergebnisse spielen dürfen. Dafür eignet sich auch die Projektarbeit, denn zum gewünschten Projektergebnis können die Lernenden auf unterschiedlichen Wegen und mit Hilfe verschiedener Methoden kommen. Einen Medienbeitrag kann zum Beispiel eine Gruppe als Podcast, eine andere als Reportage und wieder eine als Internetauftritt gestalten. Dagegen spricht zunächst, dass Teilfertigkeiten als Vorbedingung nicht mehr abgeprüft und bewertet werden können. Aber man kann dagegenhalten, dass die Prüfung und die Vergleichbarkeit möglicherweise überbewertet werden. Ein Projektergebnis kann nur auf einem sicheren Fundament standhalten. Also werden die Vorbedingungen mitgeprüft. Es ist demnach an der Zeit, Prüfungssysteme selbst einer Prüfung zu unterziehen. Auch wenn sich in Zukunft die Ausbildungsstätten darauf beschränken, Ergebnisse wie Projektarbeiten oder Ähnliches zu überprüfen und zu bewerten, sichern sie damit auch die Lernwege. Zudem bleibt so eine gute Chance darauf, dass die Schüler/innen motiviert bei der Sache bleiben und Freude am Lernen behalten. (566 W.) (Autorentext) Opera- tor 1: Wiedergeben Opera- tor 2: Diskutieren Opera- tor 3: Stellung nehmen Fazit/ Synthese 10 15 20 25 30 35 40 45 50 MUSTER
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