148 II Übungsteil Nachfolgend finden Sie einen Zeitungstext und eine Aufgabenstellung zum Thema „Motivation im Unterricht“. Bei der dazugehörigen Beispiel-Erörterung (S. 147f.) können Sie den Aufbau und die Operatoren der Aufgabenstellung anhand der Markierungen nachvollziehen. Als Schulsprecher/in diskutieren Sie im SGA neue Wege, um Schüler/innen zu motivieren und zum Schulerfolg zu verhelfen. Als Vorbereitung erörtern Sie das Thema auf Basis des Zeitungsartikels „Belohnen ist das neue Bestrafen“ von Hella Dietz aus „Die Zeit“. Lesen Sie den Kommentar und schreiben Sie anschließend eine Erörterung. Beachten Sie dabei Folgendes: • Geben Sie die Wirkung von Belohnung und Lob wieder. • Diskutieren Sie Maßnahmen für die innere Motivation von Schülerinnen und Schülern. • Nehmen Sie Stellung zu dem im Text beschriebenen Korrumpierungseffekt aus Ihrer Sicht als Schülerin oder Schüler. Schreiben Sie zwischen 540 und 660 Wörter. Markieren Sie Absätze mittels Leerzeilen. Belohnen ist das neue Bestrafen Wer still sitzt, bekommt ein Gummibärchen. Wer schön schreibt, einen Smiley. Belohnungen motivieren nicht, sondern sie schaden. Nicht nur Kindern. Belohnungen sind fast überall gängige Praxis. Gemäß dem Motto „tu dies und du bekommst jenes“ versprechen wir dem Kind Gummibärchen, wenn es still ist, dem Schüler Smileys für absolvierte Aufgaben, der Mitarbeiterin einen Jahresbonus für erfolgreiche Projekte. […] Der amerikanische Autor Alfie Kohn behauptet, dass Belohnungen in Wirklichkeit nicht so wirken, wie sie sollen, und überdies schädliche Folgen haben. Auf den ersten Blick scheint diese These wenig glaubwürdig, denn wir alle wissen, dass Kinder bei der Aussicht auf Gummibärchen oft tatsächlich stillsitzen, dass Schüler meist fleißig beginnen, in ihren Heften zu arbeiten, und Mitarbeiter – mindestens nach außen – engagierter wirken. Um Kohns Argumente nach- zuvollziehen, muss man zunächst besser verstehen, wie Belohnungen eigentlich funktionieren sollen. Denn Belohnungen sollen ja keine bloße Bezahlung oder Bestechung sein. Sie werden vielmehr eingesetzt, weil diejenigen, die belohnen, sich eine dauerhafte Verhaltensänderung erhoffen. Dieser Grundgedanke beruht auf der Ende des 19. Jahrhunderts formulierten Theorie des Behaviorismus1 […]. Ein Hund, der ein Steak riecht, sabbert; ein Hund, der eine Glocke hört und ein Steak riecht, wird irgendwann auch dann sabbern, wenn nur die Glocke erklingt. […] Wer oft genug einen Smiley bekommen hat, um fleißig zu arbeiten, wird irgendwann auch ohne Smiley fleißig arbeiten. Und genau das erhoffen sich ja vermutlich die meisten Eltern, Lehrer und Manager, die zu Belohnungen greifen. Belohnungen verführen Wenn Belohnungsprogramme daran gemessen werden, ob es ihnen gelingt, solch langfristige Verhaltensänderungen herbeizuführen, ist der Befund allerdings erschreckend schlecht. In einer Studie von 1976 wird gezeigt, dass die Motivation von Kindern, die für Mathespiele belohnt wurden, nach dem Wegfall der Belohnungen seltener spielten als die Kontrollgruppe, die nicht belohnt worden war. […] Belohnungen verführen die Belohnenden dazu, sich gar nicht erst mit den Gründen für ein Verhalten zu beschäftigen – vielleicht hat das Kind Gründe, unruhig und laut zu sein, vielleicht sind die Aufgaben für den Schüler zu leicht oder die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiterin zu ungünstig. Wenn wir auf Belohnungen zurückgreifen, müssen wir uns mit diesen Fragen vermeintlich nicht herumärgern, und machen es uns dadurch (zu) leicht: Wir überlegen weder, was den anderen hindern könnte zu tun, was wir gerne möchten, noch geben wir uns Mühe, herauszufinden, wie wir ihn für die Aufgabe begeistern könnten. Zwei Seiten derselben Medaille Belohnungen verführen die Belohnten dazu, Probleme zu verstecken, sich als kompetent und erfolgreich zu inszenieren, um die Belohnung zu bekommen, obwohl eine produktive Lern- und Arbeitsumgebung eigentlich eine sein sollte, in der Fehler offen zugegeben werden können, in der sich Schüler und Mitarbeiter bereitwillig helfen und um Hilfe 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 MUSTER
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