8 © Westermann Überschrift Untertitel ‧ S. XX Teil I – Übergreifendes 3 Konzeptionelle Grundlagen für die Arbeit mit dem Karibu Spracharbeitsheft Der Zugang zur Lese- / Schreibkompetenz vollzieht sich weder statisch noch zeitlich begrenzt. Der Beginn ist bereits in der Vorschulzeit verankert und überdauert das Grundschulalter bei Weitem (vgl. Nickel 2022, S. 78). Somit ist das dritte Lernjahr als nächster Schritt auf dem Weg zum kompetenten Rechtschreiber/zur kompetenten Rechtschreiberin zu sehen. „Rechtschreibkompetenz – wie Kompetenz überhaupt – zeigt sich im Können, das zwar im Tun ausgebildet wird, aber keineswegs durch ein ‚learning by doing‘ allein entsteht. Entfaltung der Rechtschreibkompetenz setzt Motivation, Einsicht in Funktion und Aufbau der Schrift, rechtschriftliches Problembewusstsein und bewusste metakognitive Kontrolle durch metasprachliche Handlungen voraus.“ (Hinney; zitiert nach Müller 2010, S. 90). Für Karibu bedeutet das, sich auch in Klasse 3 handelnd mit Schrift auseinanderzusetzen, weitere Regelhaftigkeiten und Strukturen in der deutschen Sprache zu entdecken und miteinander über Rechtschreibung ins Gespräch zu kommen. Schrift als Lerngegenstand dient dabei nicht nur dem Orthographieerwerb, sondern auch der Kommunikation, dem forschenden Lernen sowie der eigenen, inneren Hypothesenbildung und -überprüfung. Basis bleibt dabei die Sichtweise auf das Rechtschreiblernen als Entwicklungsprozess, der von Kindern zwar individuell unterschiedlich, aber dennoch mit ähnlichen Schwerpunkten durchlaufen wird. Auch in Klasse 3 werden durch Rechtschreibgespräche, Zuordnungsübungen und den Umgang mit Wörtern oder Begriffen aus der kindlichen Lebenswelt strukturelle Regelmäßigkeiten der deutschen Sprache aufgedeckt und handelnd im Austausch miteinander trainiert. Diese aktive Auseinandersetzung mit grundlegenden Strukturen und Gesetzmäßigkeiten der deutschen Sprache wird in Karibu 2 – 4 beibehalten und durch strukturierte Lernangebote erweitert, welche zum Ordnen, Besprechen, Vergleichen und Verstehen einladen. 3.1 Exkurs: Entwicklungsmodell des Schriftspracherwerbs nach Reuter-Liehr 1. Vorstufen des Schreibens Kritzelschrift / willkürliche Buchstabenfolgen / Wörter werden an bestimmten Merkmalen erkannt. 2. lautorientiert-phonemische Strategie Orientierung an den Lauten und ihren wesentlichen Unterschieden Erkennen von strukturellen Regelmäßigkeiten Grundlage: Silbensegmentierung ‧‧ beginnende phonemische Strategie MS statt Maus ‧‧ entfaltete phonemische Strategie but statt bunt ‧‧ voll entfaltete phonemische Strategie lesn statt lesen ‧‧ erweiterte phonemische Strategie korrigiert durch strukturelle Regelmäßigkeiten a) Einbeziehen der pilotsprachlichen Sprechweise lesen/Schaufel/Mutter b) Phase der Übergeneralisierung der pilotsprachlichen Sofer statt Sofa Sprechweise bei Abweichungen von Regelhaftigkeiten 3. orthographisch-morphemische Strategie Erweitertes Erkennen und Anwenden von orthografischen Strukturen Grundlage: Morphemsegmentierung ‧‧ Anfangs- und Endmorpheme ab-, miss-, ver-, vor- / -ung, -ling, -ig ‧‧ Ableitung des doppelten Konsonanten ll, mm, ss etc. ‧‧ Auslautverhärtungen, Auslautverlängerung g / d / b – z – ß – h ‧‧ weitere Ableitungen im Hauptmorphem ie / ä / äu ‧‧ Dehnung des Vokals ah / eh / oh / uh – aa / ee / oo ‧‧ erweitertes Lernen von Speicherwörtern, v, i, chs etc. die Abweichungen vom Regelhaften enthalten Entwicklungsstufen des Schriftspracherwerbs nach Reuter-Liehr (2008, S. 45) Konzeptionelle Grundlagen
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