Die Russischen Revolutionen 6.11 Vor der Gründung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) 1922 liegen mehrere Ereignisse, die als „Revolution“ bezeichnet werden können. Resultierend aus sozialstrukturellen Veränderungen – also Veränderungen jener Elemente, die den Aufbau einer Gesellschaft betreffen – und einer Krise des autokratischen Zarenreichs kam es 1917 zu einer völligen politischen Neuordnung Russlands. Gesellschaftliche und politische Veränderungen Gegen Ende des 19. Jhs. veränderte die voranschreitende Industrialisierung den Staat nachhaltig. Neue soziale Schichten in den urbanen Zentren artikulierten ihre Anliegen und politische Parteien formierten sich. Die Niederlagen im RussischJapanischen Krieg 1904/05, wachsende Unzufriedenheit über die Sozialgesetzgebung sowie die brutale Niederschlagung einer Arbeiterkundgebung im Jänner 1905 trugen dazu bei, dass es zu einer Erhebung kam, die sich über alle sozialen Schichten erstreckte. Dieser neue, landesweite Widerstand gegen die autokratische Herrschaft zwang Zar Nikolaus II. (M 1) zu Zugeständnissen, etwa in Form der Einrichtung eines Parlaments (Duma). Die „Februarrevolution“ 1917 Die Staatskrise wurde erst 1907 überwunden und mündete in einer Phase der konstitutionellen Autokratie vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Innenpolitische Probleme blieben dabei weitgehend ungelöst, während der katastrophale Kriegsverlauf das Ende des Zarenreiches beschleunigte. Im Februar 1917 kam es in Petrograd (St. Petersburg) zu Streiks und Demonstrationen, im Zuge derer sich ein großer Teil der Armee mit den Protestierenden solidarisierte und an deren Ende die Abdankung des Zaren stand. Die neue Machtordnung bestand aus einer Doppelherrschaft der provisorischen Regierung unter den Ministerpräsidenten Georgi Lwow und Alexander Kerenski sowie dem hauptstädtischen Arbeiterrat, dem Petrograder „Sowjet“. Die „Oktoberrevolution“ 1917 Die fragile Zusammenarbeit kam zu einem Ende, als die Bolschewiki (benannt nach dem russischen Wort für „Mehrheit“) in den Sowjets und den Stadtparlamenten an Bedeutung gewannen. Unter der Führung von Wladimir Iljitsch Lenin (M 3), der erst im April 1917 aus seinem Schweizer Exil nach Petrograd zurückgekehrt war, und Leo Trotzki, dem neuen Vorsitzenden des Petrograder Sowjets, sowie mit Unterstützung von Teilen des Militärs stürzten sie im Oktober 1917 die Regierung Kerenski und übernahmen die Macht im Staat. Der „Rat der Volkskommissare“ unter dem Vorsitz Lenins konstituierte sich auf dem Zweiten Allrussischen Sowjetkongress, wodurch die neue Herrschaftsordnung gefestigt wurde. Auf dem Kongress wurden weiters das „Dekret über den Frieden“ über einen russischen Ausstieg aus dem Ersten Weltkrieg, sowie das „Dekret über den Boden“, welches die Enteignung von Landbesitz zugunsten der Bauernschaft regelte, angenommen. Der Russische Bürgerkrieg Die Machtübernahme der Bolschewiki wurde von unterschiedlichen Gegnern an vielen Fronten bekämpft, was zu einem erbitterten Bürgerkrieg und Hungersnöten mit Millionen Toten führte. Zusätzlich kam es in einigen Gebieten des vormaligen Zarenreichs zu kurzen Phasen der nationalen Selbstständigkeiten. Letztlich endete der Krieg aber mit dem Sieg der „Roten Armee“ sowie der Gründung der Sowjetunion 1922. M 1: Zar Nikolaus II. (1868–1918), Foto, um 1910. M 2: Orden der Oktoberrevolution; gestiftet 1967 vom Präsidium des Obersten Sowjets anlässlich des 50. Jahrestags der Oktoberrevolution für Verdienste um die Sowjetunion. Im Zentrum zu sehen ist der Panzerkreuzer Aurora, von dem aus im Oktober 1917 ein Schuss als Signal zum Sturm auf den Winterpalast abgefeuert wurde. Inschrift auf der Fahne: „Oktoberrevolution“. 5 10 15 20 25 30 35 65 70 40 45 50 55 60 272 MUSTER
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