236 Österreichische Perspektive – aufgeklärter Absolutismus 5.23 Die Aufklärung brachte auch für die Bevölkerung der habsburgischen Länder viele Veränderungen. Maria Theresia und ihre Nachfolger setzten die Reformen um. Dabei nutzten sie die aufklärerischen Ideen für ihre Zwecke und machten ihren Staat effizienter. Das brachte auch Verbesserungen für die Bevölkerung, mitbestimmen durfte sie aber nicht. Maria Theresia, die zögerliche Reformerin Nachdem sie ihren Erbanspruch durchgesetzt hatte, begann Maria Theresia ihre Länder zu modernisieren. Selbst war sie keineswegs eine Aufklärerin, sondern streng katholisch und sehr intolerant gegenüber anderen Religionen. Allerdings erkannte sie Probleme ihres Staats und ließ sich von sehr fähigen Aufklärern beraten, die für wichtige Reformen verantwortlich waren: Friedrich Wilhelm von Haugwitz reformierte die Verwaltung und das Steuerwesen, Joseph von Sonnenfels war für die Justizreform zuständig, Johann Ignaz von Felbiger gestaltete ein öffentliches Schulwesen und Gerard van Swieten organisierte das Gesundheitswesen völlig neu. Ab 1753 war Staatskanzler Wenzel Anton von Kaunitz der wichtigste Berater, der die Zentralisierung des Staatsapparates durchsetzte. Als Verantwortlicher für die Außenpolitik schmiedete er auch ein Bündnis mit Frankreich, wodurch ein jahrhundertelanger Konflikt beendet wurde. Maria Theresia war aber auch eine Meisterin der Selbstdarstellung und es gelang ihr schon zu Lebzeiten, sich ein sehr positives Image zu geben. Ihren Kinderreichtum setzte sie ein, um dynastische Vorteile zu erreichen. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Verheiratung ihrer Tochter Marie-Antoinette mit Ludwig XVI., um das Bündnis mit Frankreich zu sichern. Nur ihrer Lieblingstocher Maria Christina war eine Liebesheirat mit Albert von Sachsen-Teschen erlaubt, dem späteren Gründer der Wiener Albertina. Joseph II.: „Alles für das Volk, nichts durch das Volk“ Ihr Sohn und Nachfolger Joseph II. (M 1) war ein energischerer Reformer, seine Entscheidungen waren noch weitreichender: Ganz im Sinne der Physiokraten (s. 5.1) wollte er die Landwirtschaft stärken und hob 1781 die Leibeigenschaft auf. 1789 erließ er ein revolutionäres Steuergesetz, das den Bauern 70 Prozent ihres Bruttoertrags zusicherte, den Rest mussten sie an den Grundherrn (17,6 Prozent) bzw. den Staat abgeben. Joseph war auch für die Aufhebung der Folter (1776) durch Maria Theresia hauptverantwortlich, auch die Todesstrafe wurde 1787 de facto abgeschafft. In zwei Toleranzpatenten 1781/82 erleichterte er die Ausübung von Protestantismus und Judentum in gewissen Bereichen. Angriff auf die Amtskirche Von der Schaffung eines zentralistischen Staats war auch die Kirche betroffen. Ihre Steuerfreiheit war schon von Maria Theresia aufgehoben worden, Joseph ließ nun alle Klöster schließen, die keinen Nutzen für die Gesellschaft hatten, und beschlagnahmte deren Vermögen. Die Priester wurden ab sofort vom Staat bezahlt und mussten in Priesterseminaren ausgebildet werden. Darüber hinaus entfaltete Joseph auch eine rege Bautätigkeit im Sinne der Aufklärung. In Wien ließ er das „Allgemeine Krankenhaus“ und weltweit die erste Pflegeeinrichtung für psychisch Kranke errichten. Die Schaffung von Polizeidirektionen in allen größeren Städten erhöhten zwar die öffentliche Sicherheit, dienten aber auch der Überwachung der Bevölkerung. M 1: Kaiser Joseph II. (1741–1790) mit seinem Bruder und Nachfolger Leopold II. (1747–1792). Beide gelten als wichtige Reformer der Habsburgermonarchie. Dargestellt wird Leopolds Belehnung mit dem Großherzogtum Toskana. Pompeo Batoni, Gemälde, 1769. Wien, Kunsthistorisches Museum. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 50 55 60 65 Amtskirche, die in einem Staat vorherrschende Kirche MUSTER
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