164 In Westeuropa hatten sich bereits im Mittelalter Flächenstaaten mit starken Monarchien entwickelt. Dort boten sich den Herrschenden gute Möglichkeiten, eine absolutistische Herrschaft zu errichten. Während das in England scheiterte, wurde Frankreich zum Vorreiterland des Absolutismus. Seinem Beispiel folgten bald auch andere europäische Monarchien. Richelieu führt Frankreich in den Absolutismus Als König Heinrich IV. im Jahr 1610 ermordet wurde, war Frankreich außenpolitisch vom habsburgischen Machtbereich umschlossen und innenpolitisch zerrüttet. Zwar waren die konfessionellen Auseinandersetzungen mit dem Edikt von Nantes 1598 vorerst beruhigt worden, die protestantische Opposition wurde aber weiterhin vom katholischen Königshaus bekämpft. Heinrichs Sohn, Ludwig XIII., ernannte 1624 Kardinal Richelieu (M 2) zum Ersten Minister. Dieser führte die Politik Heinrichs fort, bekämpfte die protestantischen Hugenotten, stellte sich gegen den Hochadel und stärkte so die Position des Königs. In den Provinzen ersetzte er die mittlerweile erblich gewordenen Gouverneure durch königstreue Intendanten. Die Hugenotten wurden 1628 militärisch endgültig besiegt und politisch entmachtet. Hunderttausende von ihnen verließen daraufhin das Land in Richtung Preußen, England, Niederlande, aber vor allem auch Amerika. Dieser „Braindrain“ hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die französische Kultur, die bis 1789 eine stark katholisch geprägte blieb. In den Dreißigjährigen Krieg griff Frankreich unter Richelieus Führung dennoch auf Seiten der Protestanten ein, um die Habsburger zu schwächen. Richelieus Nachfolger als Erster Minister, Kardinal Mazarin, führte dessen Politik fort und war maßgeblich verantwortlich für den Aufstieg Frankreichs unter Ludwig XIV. (M 3). Ludwig XIV.: „L’ état, c’est moi“ Mazarin führte nach dem Tod Ludwigs XIII. ab 1643 gemeinsam mit dessen Frau Anne d’Autriche die Regierungsgeschäfte für den noch minderjährigen Ludwig XIV., dessen Pate und Erzieher er auch war. Der König übernahm erst nach Mazarins Tod 1661 die alleinige Herrschaft. Ludwig XIV. ist der wichtigste Vertreter des höfischen Absolutismus, den er durch seine prunkvolle Hofhaltung im Barockschloss Versailles maßgeblich prägte. Er ließ sich als „Sonnenkönig“ bezeichnen, förderte Kunst und Architektur und war besonders außenpolitisch sehr erfolgreich. Unzählige Kriege, z. B. gegen die Habsburger in Spanien oder gegen die Niederlande, machten Frankreich zur europäischen Hegemonialmacht und beendeten seine Umklammerung durch die Habsburger. Innenpolitisch schaltete Ludwig den Hochadel endgültig aus. Der Merkantilismus Ludwigs aufwendiger Regierungsstil wurde durch die Wirtschaftspolitik seines Finanzministers Jean-Baptiste Colbert (M 1) finanziert. Das von ihm errichtete System, der Merkantilismus, zielte auf eine aktive Handelsbilanz ab. Die Gewinne aus Exporten sollten die Ausgaben für Importe übersteigen. Dadurch wurde der Vorrat an Bargeld im Land (Edelmetallvorrat) gesteigert. Um das zu erreichen, ließ Colbert aus dem Ausland oder den Kolonien nur billige Rohstoffe ins Land einführen und sie in Manufakturen zu höherwertigen Produkten weiterverarbeiten. Porzellan, Wandteppiche und Möbel wurden massenhaft exportiert, während deren Einfuhr teils verboten, teils mit hohen Schutzzöllen belegt wurde. Binnenzölle schaffte Colbert ab, außerdem wurde in die Infrastruktur investiert. Die Wirtschaft wurde außerdem durch staatliche Zuschüsse gestützt und auf diese Weise zentral gelenkt. M 1: Jean-Baptiste Colbert (1619–1683), franz. Staatsmann, Finanzminister Ludwigs XIV., Gemälde, 1665. Der französische Absolutismus 4.25 Intendant, der königlicher Beamter, der die Interessen des Königs in den Provinzen vertrat „L‘état, c‘est moi“ - „Der Staat bin ich“ Dieser Ausspruch wird Ludwig XIV. zugeschrieben. Er verdeutlicht das Herrschaftsverständnis des Königs, der das Königreich mit sich selbst gleichsetzt. 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 MUSTER
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