94 Handel und Reisen 3.16 Fernhandel Am Fernhandel des Frühmittelalters waren unterschiedliche Gruppen beteiligt, die über die notwendigen Netzwerke für den Handel zwischen Ost und West, aber auch mit dem hohen Norden verfügten. Slaven und Awaren konnten durch die Erweiterung ihrer Gebiete ein Handelsnetzwerk zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer aufbauen. Im Mittelmeerraum waren zunächst vor allem arabische und jüdische Kaufleute die Verbindung zwischen Europa und Asien. Die wichtigsten Haupthandelsrouten dieser Zeit waren Meere und Flüsse. „Gamechanger“ Kreuzzüge Durch die Kreuzzüge und die neuen Stützpunkte der lateinischen Christen im Nahen Osten änderten sich die Bedingungen und auch die Akteure des Fernhandels. Durch die Kreuzzüge geöffnete Wege in den Osten brachten einen Aufschwung der italienischen Seemächte, vor allem Venedig und Genua, die nun nicht mehr von Byzanz abhängig waren und ihre eigenen Stützpunkte am Mittelmeer und auch am Schwarzen Meer aufbauen konnten. Die Hanse Der Handel im Norden Deutschlands wurde zunehmend von deutschen Kaufleuten übernommen. Führend dabei war vor allem die Stadt Lübeck. Wie dies in Italien zuvor schon geschehen war, gründeten Kaufleute im Verlauf des 12. Jhs. Handelsgesellschaften (Gilden). Der Zusammenschluss mehrerer Kaufleute zu einer Gilde sollte den Mitgliedern Unterstützung und Schutz bieten. Auch die Sicherheit beim Transport der Handelsgüter wurde durch die Vereinigung verbessert. Die bedeutendste dieser Gilden nördlich der Alpen war die Hanse (= „Schar“). Sie handelte ebenfalls zwischen West und Ost, allerdings im Nord- und Ostseeraum. Die Hanse lieferten Lebensmittel (Heringe, Getreide) und auch andere Naturprodukte (Pelze) in den Westen Europas; im Osten handelten sie hauptsächlich mit Textilien. Im 14. Jh. schlossen sich Städte der Hanse zusammen. Mönche und Abenteurer Von den neuen Handelswegen und neuentstandenen Netzwerken im Nahen Osten und Asien profitierte jedoch nicht nur der Handel, sondern auch die Kirche. Das ganze Mittelalter hindurch unternahmen Menschen neben Geschäfts- auch Pilgerreisen zu bedeutenden Orten des Christentums. Im Spätmittelalter entsandten die Päpste vor allem Angehörige der Bettelorden in den Osten mit dem Auftrag der Missionierung und dem Aufbau von Klöstern und Kirchen als Stützpunkte der römischen Kirche. Aus dieser Zeit stammen auch einige der ersten Reiseberichte über Indien oder auch China, in denen Kaufleute aber auch Gesandte ihre Erfahrungen und oft fantastische Geschehnisse festhielten. 5 10 Ob Handelstätigkeiten in nahen und fernen Ländern, zum Studium oder auch aus religiösen Gründen – die Menschen im Mittelalter reisten, und das oft unter gefährlichen und schwierigen Bedingungen. 30 35 40 45 15 20 25 50 55 60 65 M 1: Pilger in Spanien, Buchmalerei, 13. Jh. MUSTER
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