Denkmal 5/6 + E-Book

88 Klösterliches Leben 3.13 Frühes Mönchtum Das Wort „Mönch“ leitet sich vom griechischen Wort für „alleinlebend“ ab. Als „Vater der Mönche“ gilt Antonius der Einsiedler (gest. 356). Er wollte wie die biblischen Apostel in Armut und Einsamkeit leben, gab seinen Besitz auf und zog sich in die Wüste zurück. Seinem Beispiel folgten bald auch andere Menschen, die sich später zu Gruppen zusammenschlossen. Diese ersten Gemeinschaften im Osten begründeten die Tradition der mönchischen Lebensweise, die sich bald auch in West- und Nordeuropa verbreitete. Mönche und Nonnen dieser Gemeinschaften lebten nach bestimmten und strengen Vorschriften (regula). Heute sind ca. 30 von diesen frühen Regelwerken erhalten. Die bekannteste und im Frühmittelalter verbreitetste war jene des Benedikt von Nursia (M 1). Der Tagesablauf in Klöstern war bestimmt von Gebet, Arbeit und Lesungen aus der Bibel. Bete und arbeite und lese? „Ora et labora“ (Bete und arbeite!), das berühmte Motto des Benediktinerordens, fasst zwar die Lebensweise der Mönche gut zusammen, stammt aber nicht vom Ordensgründer selbst. Das Kopieren alter Handschriften, die Beschäftigung mit der Bibel und anderen Schriften waren zwar die Hauptaufgaben der Klöster, jedoch lebten die Mönche und Nonnen oft nicht in völliger Abgeschiedenheit. Als Grundherren waren sie nicht nur Seelsorger, sondern auch Arbeitgeber für die Menschen, die auf ihrem Landbesitz lebten. Durch Schenkungen des Adels und später auch reicher Bürger brachten es viele Klöster zu Reichtum und Macht. Neue Orden, neue Sitten Auch für das klösterliche Leben wurden immer wieder Reformen angestrebt, die den Verfall ihrer Ideale aufhalten sollten. Von der Benediktinerabtei Cluny ging im 11. Jh. eine großeKlosterreformaus. Ziel war es, ein klösterliches Leben wieder ganz im Sinne Benedikts zu führen. Aus der Reformbewegung entstand schließlich der neue Orden der Zisterzienser (s. 3.17). Zwei weitere bedeutende neue Orden wurden im Spätmittelalter gegründet. Die Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner waren die bedeutendsten neuen Orden des Spätmittelalters. Bettelorden waren hauptsächlich in den Städten angesiedelt und sollten streng nach dem Prinzip der Armut leben: Sie hatten keinen Besitz und mussten ihren Lebensunterhalt erbetteln. Gelehrte Nonnen Das Kloster war eine der wenigen Aufstiegsmöglichkeiten für (adelige) Frauen. Eine dieser gelehrten Frauen, deren Schriften überliefert sind, war Hrotsvit von Gandersheim. Sie lebte im 10. Jh. und verfasste u. a. eine Geschichte der Ottonen (s. 3.7). Die wohl bekannteste Gelehrte und einflussreichste Nonne des Mittelalters war Hildegard von Bingen (M 3). Sie schrieb Bücher über Visionen und Heilmittelsammlungen, die auch heute noch in Bücherregalen zu finden sind. Hildegard war politisch aktiv und nutzte ihre Verbindungen, um die Gründung eines eigenen Klosters gegen den Willen ihres Abtes durchzusetzen. 5 10 15 20 Klöster waren im Mittelalter Zentren von Gebet und Gelehrsamkeit. Die Ideale der frühen Mönche – ein Leben geprägt von Einsamkeit und Entbehrung – verloren sich im Laufe der Zeit und passten sich auch an die Bedürfnisse und Forderungen an. 25 30 35 60 65 70 M 1: Der Ordensgründer Benedikt von Nursia (um 480–547), Marmorstatue auf der Piazza San Benedetto, Norcia, Italien. 40 45 50 55 MUSTER

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjg5NDY1NA==