Denkmal 5/6 + E-Book

82 Kirche und Kaiser 3.10 Das ottonisch-salische Reichskirchensystem Seit den Karolingern (s. 3.3) hatte es eine enge Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung zur Wahrung der Ordnung zwischen Königen und Päpsten gegeben. Unter den ottonischen Herrschern (s. 3.7) vertiefte sich diese Beziehung auch durch die Einflussnahme der Kaiser bei der Papstwahl. Unter den Ottonen entwickelte sich dadurch auch das Reichskirchensystem. Bischöfe im deutschen Königreich, zu dem auch Teile des heutigen Italiens gehörten, wurden nicht gewählt, sondern vom König ernannt und in ihr Amt eingesetzt (= investiert). Dieses Vorgehen stieß bei den Päpsten immer mehr auf Ablehnung. Der Reformpapst Nikolaus II. erließ 1059 ein Verbot gegen die Einsetzung von Bischöfen (Investitur) durch einen weltlichen Herrscher und setzte sich auch gegen den Kauf von kirchlichen Ämtern ein. Auch wollten sich Geistliche in wichtigen kirchlichen Ämtern, so auch der Papst selbst, nicht mehr einem König unterordnen. Der Konflikt mündete schließlich in einen offenen Streit, den Investiturstreit, der zwischen 1075 und 1122 die ursprüngliche Ordnung erschütterte. Der Investiturstreit Nachdem König Heinrich IV. (s. 3.7) einen neuen Bischof in Mailand eingesetzt hatte, protestierte Papst Gregor VII. und exkommunizierte Heinrich schließlich 1076, woraufhin dieser im Gegenzug den Papst für abgesetzt erklärte. Viele Reichsfürsten verbündeten sich mit dem Papst gegen ihren Herrscher. Heinrich musste reagieren: Um seine Macht zu bewahren, zog er im Winter 1076/77 als Büßer über die Alpen nach Canossa (M 2) und bat den Papst dort um Vergebung, die dieser gewähren musste. Der vermittelte Friede hielt jedoch nicht lange und Heinrich wurde von Gregor erneut gebannt. 5 10 15 20 In der frühmittelalterlichen Vorstellung gab es das Ideal einer Einheit der weltlichen (regnum) und der geistlichen Macht (sacredotum). Kaiserliche und päpstliche Zusammenarbeit entwickelte sich immer mehr zu einer gegenseitigen Abhängigkeit, die im 11. Jh. zum offenen Konflikt der beiden Mächte führte. M 2: Heinrich IV. im Schloßhofe von Canossa 1077, Holzstich nach Zeichnung von Hubert von Heyden, 1878. 30 35 40 M 1: Darstellung Gregors VII., Vita Gregorii VII., Buchmalerei, 12. Jh., Heiligenkreuz, Stiftsbibliothek, Cod. 12, fol. 181v. 25 MUSTER

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